Journal Samstag, 14. Dezember 2024 – Ein wenig Sonnenschein ausgerechnet in Ingolstadt

Sonntag, 15. Dezember 2024 um 8:13

Mittelguter Schlaf und der bloß bis Werktags-Weckerklingelzeit. Der Wiedereinschlafversuch schubste mich lediglich ins Angstkarussell, ich stand lieber auf.

Bett abgezogen, Waschmaschine gefüllt. Dank zu frühem Aufwachem drappierte ich Laken und Bettüberzug schon vor neun über die Türen. Der Tag wurde nur wenig heller als Freitag, der Hochnebel ließ dem Licht wenig Chance.

Ich brach zeitiger als sonst zu meiner Schwimmrunde auf, denn für Nachmittag hatte ich Pläne. U-Bahn zum Olympiapark, dort im Grünen gegenüber der Olympiahalle eine niedliche Entdeckung: Ein Kaninchen hoppelte und saß unter den Büschen, hier hatte ich noch nie eines gesehen.

Das Schwimmen lief gut auf der mittel frequentierten Bahn, ich fühlte mich schnell und elegant. Gemein war allerdings, dass mein Hirn sich die neue Berufs-Aufgabe von Freitagabend als Beschäftigung aussuchte, Alternativen abwog, Ideen entwickelte. Ohne dass damit der Umstand verschwand, dass ich das alles eigentlich nicht unterkriege. Bekomme ich wieder nicht bezahlt. Dabei hätte ich die kreative Energie sehr gut für ein paar letzte Weihnachtsgeschenk-Ideen brauchen können. Doch in den gut 80 Minuten, die ich für meine 3.000 Meter brauchte, stiegen auch schöne Erinnerungen an den Tel-Aviv-Urlaub über Weihnachten und Neujahr vor elf Jahren auf, die genoss ich sehr.

Zurück daheim flinke Häuslichkeiten, zum Frühstück kurz nach eins machte ich mir eine Crowdfarming-Avocado mit Grapefruit.

Ausicht auf eine weiße Schüssel mit Stücken rosa Grapefruit und angematschten Avocado-Stücken, die sich auch über die Grapefruit und die Schüsselwand verteilt haben

Das kann man sicher appetitlicher anrichten. Ich nicht.

Plan für den Nachtmittag: Fahrt zu meiner Mutter nach Ingolstadt zwengs Weihnachtsgebäck-Austausch. Der Zug nach Nürnberg war ziemlich voll, ich hörte vielerlei Sprachen – wahrscheinlich waren die meisten Passagiere auf dem Weg zum dortigen Christkindlmarkt.

Zu meiner Überraschung riss kurz vor der Holledau einmal der Himmel auf. Zu meiner größeren Überraschung schien in Ingolstadt, DEM Nebelloch im Donautal, so richtig die Sonne. Mir ging auf dem Weg vom Nordbahnhof zu meiner Mutter das Herz durch und durch auf – ich hatte seit zwei Wochen keine Sonne mehr gesehen.

Aus München brachte ich Stollen (zum Teilen mit Bruderfamilie) und Schneeflocken, außerdem ein Hutzelbrot von der lieben Frau Schwieger, meine Mutter hatte für uns Dosen mit Plätzchen aus ihrer eigenen Produktion gefüllt. Wir saßen eine Weile über Tee zusammen und erzählten einander, das war schön.

Rückfahrt in einer wieder sehr vollen Regionalbahn; diese Herrschaften sahen aber nicht nach Christkindlmarkbesucher*innen aus. Zu Hause machte ich uns saisonale Drinks: Tee mit Rumtopf (dem schrecklichen Trockenfrüchte-Rumtopf, der einfach nicht alle gehen will).

Herr Kaltmamsell verwandelte den Großteil der Ernteanteil-Süßkartoffeln (ja: die dunklen Röhren waren ebenfalls Süßkartoffeln, und zwar lila-fleischige; die Exemplare in erwarteter Form erwiesen sich dafür als weiß-fleischig – ?) in Mac’n’Cheese mit starker Süßkartoffel-Betonung.

Auf Holzplatte im Vordergrund ein großer Glasteller mit Nudeln in dicker weißer Creme, darauf frische Kesse, im Hintergrund eine gläserne Auflaufform mit dem restlichen Auflauf, die Oberflche gebräunt, eine Hand nimmt gerade mit einem Servierlöffel daraus

Schmeckte ausgezeichnet (Kresse aus Ernteanteil). Nachtisch Schokolade.

Im Bett las ich weiter in Annette Hess, Deutsches Haus: Verdutzung und leise Empörung über eine lange Passage mit falschen Verbformen in indirekter Rede.

Die Geschichte von ihm und seinem großen Bruder. Sie wären zusammen aus Berlin ins Lager deportiert worden. Sein Bruder wäre im Widerstand gewesen und in die politische Abteilung gekommen. Dort wäre er bei einem Verhör so gefoltert worden, dass er daran gestorben wäre. Und man hätte ihn gerufen, den kleinen Bruder, der ihn wegschaffen musste. Er hätte ihn nicht wiedererkannt.

Und so weiter. Das ist Konjunktiv II für Irrealis statt Konjunktiv I, ich bin mit einem Studiendirektor verheiratet, ich muss sowas anprangern.

§

Hauck & Bauer haben den Deutschen Karikaturenpreis bekommen.

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https://youtu.be/FPxTl7m48uc?si=MD7MWuuS57PsQUdT

Lustig. (Allein das “Büro”!)

die Kaltmamsell

8 Kommentare zu „Journal Samstag, 14. Dezember 2024 – Ein wenig Sonnenschein ausgerechnet in Ingolstadt“

  1. Trulla meint:

    Oh, wie mich das freut für Hauck & Bauer (gerade eben wieder in der FAS). Ich kann mich bei ihnen schier wegschmeißen vor Amüsement.

  2. Trulla meint:

    Oh, wie mich das freut für Hauck & Bauer (gerade eben wieder in der FAS). Ich kann mich bei ihnen schier wegschmeißen vor Amüsement.

  3. Anke meint:

    Ich habe eine Rückfrage zu den Mac’n’cheese:
    Süßkartoffeln statt Nudeln? Oder zusätzlich zu den Nudeln?
    Ich finde beide Gedanken interessant und bin neugierig, welche stimmt.

  4. die Kaltmamsell meint:

    Hier die grobe Rezept-Grundlage, Anke:
    https://www.nigella.com/recipes/sweet-potato-macaroni-cheese

  5. Annette Hess meint:

    Schön, dass du Deutsches Haus liest. Der falsche Konjunktiv hat einen inhaltlichen Grund und ist bewusst eingesetzt. Wird sich bei der weiteren Lektüre erschließen. Herzliche Grüße! Annette

  6. die Kaltmamsell meint:

    Na, da bin ich ja gespannt, Annette Hess: Ich wollte gerade nachtragen, dass es keine erkennbare Erzählinstanz gibt, der man den Fehler in die Schuhe schieben könnte. Aber vielleicht kommt die ja noch.

  7. Croco meint:

    Die beiden Karikaturisten sind sehr niedlich, danke.

  8. Poupou meint:

    @Annette Hess, you made my day!

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