Journal Sonntag, 22. Dezember 2024 – Laufwetterglück, Eine Zierde für den Verein im Marstall

Montag, 23. Dezember 2024 um 8:48

Aaaaah, endlich das tiefe, lange, gute Ausschlafen, das ich so sehr gebraucht hatte: Es war nach halb acht, als ich richtig aufwachte, selbst das 7-Uhr-Läuten vom Kirchturm hatte ich nur kurz und entfernt wahrgenommen.

Draußen goss es in Strömen, ich konnte nur hoffen, dass sich das bis zu meiner geplanten Laufrunde zumindest zu leichtem Regen beruhigen würde.

Allergemütlichstes Bloggen. Nachlesen nächtlicher Timelines. Erster eindeutiger Spam auf Mastodon, und das nach *checkt Profil* über zweieinhalb Jahren – das ist zum einen dem sehr sorgfältigen Admin zu verdanken, zum anderen aber auch der dezentralen und Non-profit-Kultur des Fediverse.

Der Regen regnete weiter unbeeindruckt, milderte aber zu sanftem Landregen ab. Na gut, dann war das halt die Testgelegenheit für meine neue Laufregenjacke.

Spiegelselfie einer Frau in schwarzen Laufhosen und grellgelber Regenjacke mit übergezogener Kapuze

Ich nahm eine U-Bahn zum Odeonsplatz. Als ich an die verregnete Oberfläche trat, beschloss ich: Es wird ja wohl auch mal ohne Fotos auf der Laufstrecke gehen. 15 Sekunden später: Oh, interessante Pfützen!

Regnerisches Draußen, kahle Bäume auf Schotterfläche mit Pfützen, im Hintergrund eine kahle Hecke, ein barocker Pavillon

Bereits vor dem Monopteros hörte der Regen auf, die Jacke musste sich nicht bewähren. Das freute auch mein Gehör: Kapuze bedeutet halt immer Rascheln an den Ohren, das ich als extrem laut empfinde.

Marmorne Ruhmessäule in einem offenen Pavillon aus Marmorsäulen, im Hintergrund sieht man Parkbäume, Stadtsilhouette

Monopteros ganz für mich – fast, hinter der Säule standen zwei Personen.

Matschiger Fußweg zwischen Wiese und Bäumen, der auf einen Fluss zuläuft, darüber dunkelgrauer Himmel

Aufs Föhringer Wehr zu sah ich sogar ein blaues Wolkenloch. Dann die große Überraschung: An der Brücke St. Emmeram war der Isarweg nicht nur nicht gesperrt, alle Sperrschranken waren sogar weggeräumt: Die neue Brücke Föhringer Ring war bereits fertig, man kann wieder die Isar entlang durchlaufen und -radeln – wie ich auf dem Rückweg feststellte, sogar auf beiden Uferseiten. Es gibt also auch Baustellen, die nicht ewig währen.

Neue, funktionale Betonbrücke von der Seite

Fertig!

Blick in eine überdachte Holzbrücke über einen Fluss

Emmeramsbrücke mal ganz leer.

Im Vordergrund ein Brückengeländer, dahinter Blick auf einen Hügel mit kahlen Bäumen, oben ein weißer Kirchturm mit rotem Spitzdach

St. Lorenz.

Die unerwartet aufgehobene Sperrung und das Regenende verführten mich zu einem längeren Lauf als geplant, doch erst die letzten 10 Minuten meiner 1 Stunde 50 fühlten sich anstrengend an. Ich nahm vom Tivoli einen Bus zur Giselastraße, von dort die U-Bahn nach Hause.

Blick hinunter auf Unterschenkel in schwarzen Laufhosen und hellblaue Laufschuhe, ziemlich Matsch-beschmutzt

Matschig war der Lauf aber dann doch gewesen – eine ganz organische Dämpfung der schreienden Laufschuhfarbe.

Semmel- und Brotkauf beim Rischart im U-Bahnhof.

Frühstück um halb drei zu Gewittergrollen, gleich drauf Hagel, Regen, Schnee. Ich war sehr dankbar für die trockene Laufrunde! Es gab eine Orange, außerdem Körndlbrot mit Butter, Pflaumenmus, Nocilla. Um halb vier schaltete ich bereits wieder die Lichter gegen das Nachtdunkel ein.

Abends war ich zum Theaterbesuch verabredet: Marieluise Fleißers einziger Roman Eine Zierde für den Verein auf die Bühne des Marstall-Theaters gebracht.

Im Marstall war ich noch nie gewesen, kannte nur die imposante Fassade und konnte mir nicht recht vorstellen, wo es da reingehen sollte: Doch, genau durch das riesige Tor in der Mitte. Das Gebäude ist innen völlig hohl, der Theaterraum an einer Stelle eingesetzt, auch Kasse und Garderobe sind lediglich Hütten – allein das fand ich schon spannend.

Die Inszenierung gefiel mir ausgezeichnet. Den Roman kannte ich ja, und die Schauspieler*innen trugen für die Handlung die Ausschnitte vor, die zu ihnen gehörten (also in der dritten Person über sich selbst).

Regisseurin Elsa-Sophie Jach verließ sich zum Glück ganz auf Marieluise Fleißers einzigartige Sprache, auch das klare Bühnenbild und die Kostüme (fast ausschließlich in den Farben Schwimmbadblau und Rot) ließen ihr genug Raum.

Für mich ist das Grundthema des Romans, wie sich Gewalt in einer Gesellschaft ausbreitet, ganz stark in der Sprache angelegt. Einer Sprache, die zwar poetisch und schön ist, aber etwas sehr Wuchtiges hat.

(…)

Ich halte (…) ihre Sprache letzten Endes für eine Kunstsprache, die natürlich stark vom Bayerischen geprägt ist, sich aber schwerlich nurdialektal behandeln lässt. In den Proben hat es uns deshalb geholfen, einen eigenen Gestus zu (er-)finden: als würden die Worte quer im Mund stehen.

Dazwischen aus dem Off vorgelesen an wenigen Stellen: Tagebucheinträge von Marieluise Fleißer zu diesem Stück. Ich bin ja sonst etwas heikel was Eigeninterpretationen von Schriftsteller*innen betrifft, doch diese Ausschnitte lieferten lediglich autobiografischen Hintergrund für eine weitere Wahrnehmungsebene.

Die Themen des Stücks von vor 100 Jahren waren völlig aktuell: Männliche Macht in Liebesbeziehungen, faschistische Mechanismen, keine Spur von Optimismus.

Anschließend kehrte ich mit meiner Begleitung in die Pfälzer Weinstube ein, wie es wohl nach Besuchen in den umliegenden (vielen) Theatern unter Münchner*innen so üblich ist. Ganz direkt durch die Residenz konnten wir nicht gehen: Ein Security-Herr lotste uns um, weil gerade der Christkindlmarkt bereits abgebaut wurde.

In der Pfälzer Weinstube saßen wir im Obergeschoß, wo es sehr laut war, aber zu zweit nebeneinander ging’s. Mein Abendessen war ein (wie immer dort reichlich eingeschenktes) Viertel Grauburgunder sowie Bauernsülze mit Bratkartoffeln – ganz wunderbar.

Austausch von Eindrücken zur Inszenierung, zu Weihnachtsplänen, was bisher geschah. Als ich die Begleitung zur U-Bahn Odeonsplatz begleitete, stürzte vor unseren Augen eine Radlerin in der Kurve. Wir versicherten uns, dass sie sich nichts getan hatte, und ich war froh um die resultierende Erkenntnis, dass Straßen und Wegen eisglatt waren: Statt nach Hause zu spazieren, nahm auch ich die U-Bahn. Beim Aussteigen am Sendlinger Tor erfreute mich noch ein Mäuschen, das unter eine Säule huschte.

die Kaltmamsell

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