Journal Montag, 23. Dezember 2024 – Genug Urlaubsruhe für Tüchtigkeit
Dienstag, 24. Dezember 2024 um 7:39Der gute Schlaf reichte diesmal nur bis halb sechs, bis zum 7-Uhr-Läuten schlief ich nicht mehr so richtig tief ein.
Wetter: Ein wenig Schnee-Bestäubung, gemischter Himmel. Gestern musste ich nix, heute und morgen muss ich wieder nix – wunderbare Ferien.
Gemütlicher Morgen. Herr Kaltmamsell war so überaus freundlich, die restlichen Lebensmitteleinkäufe für die Woche zu übernehmen, so hatte ich frei und konnte Schwimmen gehen. Das Wetter wurde immer heller, ich hatte trotzdem keine Lust auf Radeln und nahm die U-Bahn in den Olympiapark.
Es war nicht so wenig los, wie ich erwartet hatte, aber wir kamen gut miteinander aus. Die meiste Zeit schien die Sonne herein und verglitzerte den Metallboden des Schwimmbeckens. Auf den dritten 1.000 Metern fröstelte ich nach Langem mal wieder, ach egal. Beim Abtrocknen, Eincremen, Anziehen im Umkleidekabinen-Bereich der Olympiahalle: Eine Kinderstimme, die konsequent so sprach, wie Randolf Kronberg Eddy Murphy synchronisierte – ziemlich schräg.
Beim Heimkommen startete ich die letzte Maschine dunkle Wäsche vor Berlin-Urlaub. Frühstück um zwei: Granatapfelkerne mit Joghurt, Körnerbrot mit Butter und Zwetschgenmus.
Mit Herrn Kaltmamsell schaute ich eine Doku von 2017 auf arte über Cary Grant:
“Cary Grant – Der smarte Gentleman aus Hollywood”.
Wir waren eher enttäuscht: Cary Grant war wohl ein nicht besonders interessanter, nicht sehr glücklicher Mensch mit Bindungsproblemen – umso mehr hätte mich die berufliche Seite seines Lebens interessiert, fachliche Einordnungen von dritter Seite wären spannend gewesen. Doch außer seiner fünften und letzten Ehefrau kamen keinerlei Zeitzeugen oder gar Fachleute zu Wort (was machte ihn zu einem guten Schauspieler? wen beeinflusste oder gar förderte er? von wem hat er gelernt?). Selbst zu Cary Grants legendär unfehlbarem Kleidungsgeschmack tauchte nichts auf als dessen Feststellung (plus Vermutung, dass die Arbeit seines Vaters bei einem Schneider ein Einfluss gewesen sein mochte): Was sagt eine Kleidungshistorikerin oder ein Stylist dazu? Warum sah jedes Kleidungsstück an ihm perfekt aus? Wie stark nahm er selbst Einfluss auf seine Ausstattung in Filmen?
Was mir ebenfalls fehlte: Wie war das Bild von ihm in den zeitgenössischen Medien? Was hielten seine Kolleg*innen von ihm? Kennt jemand eine Doku über Cary Grant, die meine Fragen beantwortet und sich mehr Mühe gibt, als Filmausschnitte mit Cary Grant aneinander zu schneiden und Statements zu seiner LSD-Therapie zu zitieren? (Erste kurze Suche führte mich nur zu dieser Doku von 1998.)
Mit Herrn Kaltmamsell holte ich endlich den Balkonteppich ins Wohnzimmer und stellte die Balkonmöbel in eine wetter-geschützte Position – peinlich spät dieses Jahr.
Auch hatte ich endlich die Ruhe, mich um meine Grünen-Mitgliedschaft zu kümmern. Alle bisherigen Willkommen-Mails und Newsletter lagen noch ungelesen in der In-Box (Bundes-, Kommunal-, Bezirks- und Feministinnen-Ebene), jetzt las ich sie und arbeitete diverse Online-Anmelde-Prozesse ab, trug mir Termine ein, verschaffte mir einen Überblick über Bildungsangebote – und war ein wenig überwältigt.
Im gleichen Urlaubs-Schwung erledigte ich noch ein bisschen Behördliches.
Eine 50-Minuten-Runde Yoga-Gymnastik, Empfehlung der Nichte: Lange Haltungen machten sie durchaus anstrengend.
Für das Nachtmahl hatte sich wieder Herr Kaltmamsell in die Küche gestellt: Es gab Kürbislasagne – allerdings mit gekauftem Kürbis, nach Abschluss der Ernteanteil-Kürbisse war dieser Posten noch nicht abgearbeitet. Davor als Aperitiv italienischen Wein-Tonic aus der Flasche, nett. Die Lasagne hingegen war der Knaller, so gut war sie noch nie geraten. Nachtisch Mohnstollen, Schokolade.
Früh ins Bett zum Lesen.
§
Apropos Synchronisation: In einem Interview bei Übermedien erklärt Synchronregisseur Clemens Frohmann das Handwerk dahinter.
“Wieso klingen Synchronstimmen oft so unnatürlich?”
3 Kommentare zu „Journal Montag, 23. Dezember 2024 – Genug Urlaubsruhe für Tüchtigkeit“
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24. Dezember 2024 um 8:02
Zur Frage, von wem Cary Grant gelernt haben könnte:
“Do you believe acting can be taught?
‘Only in installments. You can tell a child on the street to say cheese and get a delightful photograph. That’s acting—on the installment plan. Many directors get entire performances from shock or other responses. That is not acting. That’s an odd sort of performance. No. Acting as an art form cannot be taught. You either have the talent or you don’t. It can be deepened and developed, but not taught. An actor should study himself, not texts or so-called gurus. Only you know or should know how to approach a part or build a character. What worked for another actor is his private affair. Do your own work.’ —Alec Guinness/Interview with James Grissom/1991
24. Dezember 2024 um 8:07
Es hätte mich sehr überrascht, Christ Kurbjuhn, wenn solch ein kluges, reflektiertes Statement von Cary Grant gekommen wäre: Er wirkte in der erwähnten Doku eher nicht überdurchschnittlich helle (muss ein Schauspieler auch nicht sein! sind die allermeisten Hollywood-Schauspieler*innen auch nicht).
24. Dezember 2024 um 23:03
Schauspielern in Interviews zuzuhören, kann schon beschämend sein. Ihre eigenen Worte wirken oft so banal neben denen, die man ihnen vom Autor gegeben hat.
Bei meinen Kollegen, die die TheaterAG haben oder Darstellendes Spiel unterrichten, ist bei uns ein Fach in der Oberstufe, sehe ich, wie mühsam das ist. Es kommen Kinder und Jugendliche, die schauspielern wollen. Ganz wenige haben eine Bühnenpräsenz und eine Leichtigkeit von Anfang an. Ich denke, es ist eine Gabe.
Man merkt es tatsächlich, wenn jemand Schneider oder Schneiderin in der Verwandtschaft hat. Ich sehe es an der Linienführung, an der Bevorzugung bestimmter Stoffe, an den Abnähern, dem Faltenwurf.
Darauf kommt es nämlich an, wenn ein Kleidungsstück besonders aussehen soll. Es ist Handwerk.