Mithelfen beim Atlas zur deutschen Alltagssprache
Dienstag, 11. Januar 2011 um 11:26Selbst habe ich an der Uni Augsburg zwar nicht Germanistik studiert, doch über befreundete Germanistikstudentinnen und -studenten bekam ich einiges aus dem Fach mit (wir schrieben die erste Häfte der Neunzigerjahre). Dazu gehörten nicht nur Gruselgeschichten aus der Literaturwissenschaft: Mann-Experte Koopmann war berüchtigt dafür, in mündlichen Prüfungen alles außer abgesprochene Themen abzufragen („dass Sie das wissen, kann ich mir ja vorstellen“) und sich nach der Einbandfarbe bestimmter Gesamtausgaben zu erkundigen („wenn Sie die in der Hand gehabt hätten, wüssten Sie das“). Als Hiwi an einem anderen Lehrstuhl hatte ich ihn hin und wieder am Telefon; das trompetete „KOOP!mann“, mit dem er sich meldete, klang mir immer in den Ohren, wenn ich den Herrn Professor mal wieder als Gast des Literarischen Quartetts im Fernsehen sah.
Häufiger und detailierter erzählte mir eine Studienfreundin aber aus der Deutschen Sprachwissenschaft und dem Hauptprojekt des damaligen Lehrstuhlinhabers Werner König: dem Sprachatlas von Bayerisch-Schwaben. In seinen Seminaren schickte er die Studenten und Studentinnen hinaus auf die Dörfer: Dort interviewten sie alte Leute mit Aufnahmegerät, um möglicherweise aussterbende Dialektausdrücke festzuhalten. Alle Beteiligten schienen einen Heidenspaß zu haben.
Mittlerweile sind alle 14 (!) Bände erschienen.
Ein aktuelles Projekt des Lehrstuhls für Deutsche Sprachwissenschaft an der Uni Augsburg ist der Atlas zur deutschen Alltagssprache, der die Vielfalt des heutigen Deutschen erfassen soll. Erhoben wird diesmal aber nicht mit Aufnahmegerät, sondern per Internetumfrage. (Ist das Ergebnis dann nicht ein Atlas der Alltagssprache deutscher Internetnutzer? Egal.)
Da ich den begründeten Verdacht habe, dass sich ziemlich viele Sprachnerds unter den Lesern und Leserinnen der Vorspeisenplatte befinden, interessiert vielleicht eine Teilnahme an dieser Erhebung? Vielleicht mag sich auch jemand mit Papa und Mama, Oma und Opa vor den Rechner setzen? Hier geht es zur aktuellen achten Runde.
Ergebnis ist dann zum Beispiel diese Darstellung, wie man wo zu einem gebratenen Fleischkloß sagt.
via croco
die Kaltmamsell19 Kommentare zu „Mithelfen beim Atlas zur deutschen Alltagssprache“
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11. Januar 2011 um 13:43
Vielen herzlichen Dank, das ist so eine Seite, auf der sich Sprachnerds wie ich stundenlang aufhalten können.
11. Januar 2011 um 14:13
Tja, tja: “Für welchen Ort gelten Ihre Angaben?”
Was ist denn nun “mein Ort”? Da, wo ich wohne, sind viele Worte, die ich kenne und benutze, ja vielleicht gar nicht üblich. Was macht man denn als Zugereister?
11. Januar 2011 um 14:19
Deswegen, Kristof, wird man ja auch am Ende gefragt, ob man da wohnt, wo so gesprochen wird, wie man angekreuzelt hat, und wie lange.
11. Januar 2011 um 14:29
Ja, das habe ich dann auch gesehen. Und ich denke, ich werde doch lieber für meinen “Heimatort” antworten, wo ich aufgewachsen bin. (Danke für den Hinweis, das sollte evtl. oben auf dem Fragebogen stehen ….)
11. Januar 2011 um 16:09
ach frau kaltmamsell, da ist er wieder, der sprachatlas. auf so etwas bin ich schon in meinem studium gestoßen und seitdem habe ich mich im abfragen der various words für “brotende” geübt …. was für eine tolle seite, stun-den-lang kann ich mich da amüsieren. danke danke! der wortklauber.
11. Januar 2011 um 16:54
Sprachatlas, das ist was schönes. Und die Fleischklösse http://threefivesix.blogspot.com/2010/01/simple-meal.html“>hatten wir doch schon mal, oder?
11. Januar 2011 um 20:34
Faschiertes Laibchen!
Bin entzückt. Schade, dass das keiner verstehen wird, aber große Lust hätte ich schon, einmal so ein faschiertes Laibchen zu bestellen. Oder dann mal nach Dresden fahren. Klingt irgendwie sehr vornehm. Elegant umständlich. Ich hätte eher auf eine österreichische Region getippt.
11. Januar 2011 um 21:43
Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut !
12. Januar 2011 um 8:03
@Gaga Nielsen: Ich vermute, dass es diesen Begriff »faschiertes Laibchen« nicht im Osten Deutschlands, sondern im Osten Österreichs gibt. Dort steht ja: In Österreich gilt Fleischlaibe(r)l, im Osten daneben faschiertes Laibchen … Hier in Dresden habe ich den Ausdruck noch nie gehört. Natürlich sollte Sie das nicht davon abhalten, mal nach Dresden zu fahren ;-)
Allerdings liest man auf Speisekarten natürlich auch von Speisen, die mit einem Namen aus einer fremden Region benannt und nach einem Rezept von dort hergestellt sind. Bei einer Familienfeier bot das Restaurant neulich auf dem Büfett z.B. Fleischpflanzerl aus Kalbfleisch an.
Der Sachse sagt doch meist »Beefsteak«, versteht aber auch »Bulette« und »Frikadelle«.
12. Januar 2011 um 12:28
@gaga, @stefan Ja, Faschiertes ist Hackfleisch in Österreich (wie in „10 deka Faschiert’s, gnäfrau”), wobei „Laibchen” und überhaupt alles mit -chen dort eigentlich immer ein -erl ist. In Wien sagt man’s Laiberl eh noch ohne i, also „Fleischlaberl”. Es wundert mich übrigens nicht, dass die Sprachnerds hier auch Fressnerds sind.
12. Januar 2011 um 12:29
Natürlich mit Begeisterung ausgefüllt. Ich habe mich sofort festgelesen (Pflichtvergessenheit!). Mit Entsetzen sehe ich jedoch, daß niemand mehr “Berliner Ballen” sagt wie in meiner Kindheit, daß unter den Bezeichnungen für Karneval “Fastelovend” unbekannt ist und die Behaputung einer Berliner Bäckersfrau, daß Stutenkerle “Martinsmännlein” heißen, es ebenfalls nicht in den Atlas geschafft hat. Schlimm schlimm!
Aber ach, was für ein schönes Projekt.
12. Januar 2011 um 15:38
sehr geehrte Fr. Kaltmamsell,
seit einigen beiträgen höre ich immer ein hintergrundtrommeln wenn ich in ihrem blog lese. eigenartiger weise nicht, wenn ich vom beitrag zu den kommentaren wechsle.
liegt dies an meinem pc oder gibt es eine andere erklärung?
m.f.g. richard
12. Januar 2011 um 16:02
@Sebastian
Das “Laberl” ist nur bedingt richtig und eher dem Slang zuzuordnen, wohingegen der Ausdruck “Fleischlaiberl” der Wiener Hochsprache bzw. dem Schönbrunnerdeutsch angehört.
12. Januar 2011 um 18:52
Ah! Danke Stefan, Sebastian & Walküre! Da war ich gestern wohl farbenblind. Doch Österreich. Ich hab schlampig auf die Landkarte geschaut. Faschiertes Laiberl. Sehr schön! Aber nach Dresden will ich auch irgendwann einmal. Noch in dieser Inkarnation!
12. Januar 2011 um 19:42
Dank der wunderbaren Fleischkloßnamenskarte kann ich noch einmal gut nachvollziehen, weshalb während meiner Kindheit am “Frikadellen”-Niederrhein (ich hätte damals nicht gewusst, was das ist) zuhause nur von “Klopsen” gesprochen wurde (Vater aus Ostpreußen, Mutter aus Thüringen).
13. Januar 2011 um 9:25
für alle sprachentusiasten gibts auch den world atlas of language structures https.//wals.info . da kann man z.b. nachschauen welche sprachen unterschiedliche worte für hand und arm kennen (und welche nicht).
13. Januar 2011 um 9:25
huch falscher link. ich meinte http://wals.info (und hoffe ich lande nicht im spamfilter)
13. Januar 2011 um 14:16
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Gerne gelesen
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13. Januar 2011 um 19:31
Mitgemacht.
(Ich will auch Dialekt können.)