Journal Dienstag, 25. März 2025 – Rettungsessen
Mittwoch, 26. März 2025 um 6:24Wecker 30 Minuten früher wegen Arbeitstermin, aber die letzten Stunden Schlaf waren ohnehin unerfreulich und Angst-getränkt verlaufen.
Aufbruch im Düsteren 45 Minuten früher, zumindest benötigte ich den noch schnell eingesteckten Schirm nicht.
Hochdruck-Wuseln bis Veranstaltungsanfang, die unbeabsichtigte Routine in diesen Dingen zahlte sich aus.
Laune hatte sich leider seit Vortag nicht erholt, ich musste auf meine Gesichtszüge und meine Interaktionen aufpassen.
Das Verantwortungs-Adrenalin half gegen die Müdigkeit wegen Schlafmangels – außer bei Anspannungsnachlassen z.B. in Online-Besprechungen mit passiver Beteiligung, dann ging sie bis Müdigkeitskopfweh.
Catering-Besorgung statt Mittagscappuccino, in meiner Überdrehtheit hätte Koffein vermutlich eh unangenehm gewirkt.
Was Herr Kaltmamsell als Nachtmahl plante (Ernteanteil war bereits weggegessen) (und er beteuert weiterhin, dass er gerne für die Abendessen des Hauses zuständig ist, wenn ich mich wie so oft als Ausbeuterin fühle!), erahnte ich beim Blick auf unsere gemeinsame Einkaufslisten-App – ich freute mich sofort darauf.
Zu Mittag gab es guten Apfel sowie Pumpernickel mit Butter (wie hatte ich das vergessen können?).
Nachmittags eher mühsames Arbeiten, bis mich nach Veranstaltungsende das Aufräumen wieder in Schwung brachte. Das allerdings so spät war, dass mir wieder ein Reißen der gesetzlichen 10-Stunden-Tagesarbeitszeit-Höchstgrenze drohte (was böse Post nach sich zieht).
Es wurde ein so langer Tag, dass sich an an seinem Ende die Arbeit vom Morgen wie ein Tag zuvor anfühlte. Übel gelaunter Heimweg, wenigstens ohne Regen, der tagsüber immer wieder geprasselt hatte, einmal sogar mit Gewitter. Unterwegs beim Lidl schlimmen Süßkram gekauft.
Daheim eine Runde Yoga, auf die ich mich gefreut hatte und die gut tat.
Körperbelustigung: Wie in jüngster Zeit immer mal wieder, machte der linke Sägezahnmuskel Krampfanstalten (noch nicht ganz durchgezogen). Dass ich ihn überhaupt inklusive Namen kenne, verdanke ich einer früheren Freundin, Altphilologin, die begeistert darauf hinwies, dass man ihn an antiken griechischen Männerskulpturen sehen kann, SO weit vorn seien die gewesen. (In unserer Zeit an Leistungsturmspringern besonders deutlich. Vielleicht sieht man ihn an ihnen aber auch nur deshalb, weil sie ihren Sport mit bloßem Oberkörper treiben.)
Wieder wurde der Tag gerettet durch gutes Essen:
Herr Kaltmamsell servierte Conchiglie mit Erbsen in einer Joghurt-Knoblauch-Sauce und mit in Pul-Biber-Öl gerösteten Pinienkernen – himmlisch. Ich bin wirklich erleichtert, dass gutes Essen weiterhin so gut bei mir funktioniert (soll schon bei Baby-Kaltmamsell so gewesen sein).
Früh ins Bett zum Lesen und mit Betty Smith ins Brooklyn/Williamsburg Anfang des 20. Jahrhunderts – und damit in bittere Armut. Mir wurde klar, dass ich die erste (Vaterseite) bzw. zweite (Mutterseite) Generation bin, die als Kind nicht hungern musste (außer wegen Brigitte-Diät, aber das ist eher Comedy-Material).
7 Kommentare zu „Journal Dienstag, 25. März 2025 – Rettungsessen“
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26. März 2025 um 6:30
Hier auch – schon lange keine mehr-als-10-Stunden-Tage gemacht, aber wenn dann gäbe es eine Diskussion.
Reagieren Sie dann auf die “böse Post”? Es ist ja fast schon unverschämt, dass eine so lange Anwesenheit verlangt, aber dann auch gleich moniert wird.
26. März 2025 um 7:38
Was die Hungergenerationen angeht, ist mir eine Situation in bleibender Erinnerung geblieben, wir waren mit der Schwester meines Stiefvaters und deren Enkel (damals ca. 10-12) auswärts essen, mein Stiefvater (Jahrgang 1940) reagierte immer etwas unleidlich wenn Essen übrigblieb. Seine Schwester sagte dann erklärend zu ihrem Enkel: „Weißt du, der P. musste als Kind oft hungern.“ und der Enkel, guckte und fragte ganz verständnislos, „Hungern, was ist das denn?!“.
26. März 2025 um 8:03
Das hab ich auch gedacht. Irgendwie unverschämt.
26. März 2025 um 8:19
Das sind verschiedene Stellen, Beate, Nadine: Die eine verursacht Umstände, die den langen Tag nötig machen. Die andere (Personalabteilung) verlangt das Ausfüllen eines Formulars “Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz” mit Begründung sowie Hoch-und-heilig-Schwören, dass das nie wieder vorkommen wird.
26. März 2025 um 12:49
Zum Thema Armut empfehle ich sehr den Beitrag von Josh Johnson (Comedian und Autor für The Daily Show): https://www.youtube.com/watch?v=EovJTGEokxc
26. März 2025 um 16:12
Danke fuer den Muskelnamen. Jetzt brauche ich nur noch eine geeignete Dehnuebung, meiner tut naemlich weh und alles, was ich versucht habe, bringt mich zum Jaulen.
27. März 2025 um 7:42
Zum Thema Hungern: mein Vater, Jahrgang 1930, armer Leute Kind, hat wirklich Zeit seines langen Lebens (er wurde über 90) nicht ertragen, wenn Lebensmittel verschwendet wurden. Ich höre bei jeder Kartoffel, die ich schäle, seine Stimme: im Krieg hätte man da noch dünner geschält, ebenso bei Käse, da musste immer der allerletzte Rest von der Rinde gekratzt werden. DAS war nachhaltig, da könnten wir uns heute noch ein bisschen was anschauen, angesichts der Unmengen an Lebensmitteln, die immer noch entsorgt werden.