Fremdlesen
Samstag, 14. Mai 2011 um 9:41Zur gemütlichen Samstagsmorgenlektüre seien Ihnen empfohlen:
Salon macht seinen Tabletalk dicht, eine der ersten von einem etablierten Medium gegründeten online communities. Eine sehr informative und recht traurige Geschichte darüber, auf wie vielfältige Weise etablierte Medien und user generated content immer noch nicht kompatibel sind. So traurig hat mich vergangenen Donnerstag auch der Media Coffee von News aktuell gemacht: Für die Dame und Herren auf dem Podium existierte user generated content gar nicht, und die PR-Fachfrau sprach immer noch von „die Bloggerszene“ („Die Bloggerszene muss sich entscheiden…“ – Frau Sammer, ein weiteres Mal zum Mitschreiben: Es gibt keine Bloggerszene. Es handelt sich fast ausnahmslos um sehr individuelle Einzelpublizisten und -publizistinnen mit höchst diversen Zielen und Motiven, die sich meist nicht mal mit ihrer Blogroll als Gruppe identifizieren. Und als Individuen müssten sie angesprochen werden. Nur weil die bisher nützlichen PR-Instrumente und -Erfolgsmessungen nicht darauf ausgerichtet sind, werden Sie diesen Umstand nicht verbiegen können.)
Salon’s TableTalk shutdown: What we can learn from the story of a pioneering online community
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Jede, die regelmäßig Schwimmen geht, beginnt früher oder später, die Beckengenossinnen und -genossen zu klassifizieren, meist mit Metaphern. (Hier zum Beispiel meine von vor vielen Jahren.)
Dass auch echte Schwimmer das tun, überraschte mich – und dann auch noch richtig gut!
Bruno Baumgartner: Von Seerosen und Sportschwimmern
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Eines von fünf Themen des gestrigen G8- Deutschabiturs an bayerischen Gymnasien war:
„Freundschaft im Zeitalter digitaler Kommunikation“
Setzen Sie sich mit diesem Thema auseinander, indem Sie eine der beiden Varianten bearbeiten!
Variante 1 war eine Abwägung von Risiken und Chancen, Variante 2 ein Kommentar für die Jugendseite einer überregionalen Tageszeitung. Dazu gab es Material in Form von einer Werbeanzeige sowie drei Zeitungsartikeln und einer Statistik.
Blogpostings gehörten nicht zum Material. Ich hätte da eine Empfehlung. Wie das ist mit dem Web als Verlängerung persönlicher Kontakte schildert nämlich Herrn Paulsen: Freundschaft.
die Kaltmamsell6 Kommentare zu „Fremdlesen“
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14. Mai 2011 um 12:02
betr. seerosen u.d.g.
werte fr. kaltmamsell,
wieviel anregungen und zugang zu neuen sichtweisen ich durch ihren blog schon erhalten habe, das – das geht ja um es bayrisch zu sagen auf “koa kuahaud”!
14. Mai 2011 um 13:02
Waren Sie je auf Table Talk? Für mich war das von ca. 1996-2002 die digitale Heimat, ich habe noch immer einige mehr oder weniger unsichtbare Freunde aus diesen Zeiten, und habe durch die Beteiligung dort unglaublich viel über das Leben innerhalb und außerhalb des Netzes gelernt. Es ist natürlich nicht so, dass das Forum jetzt einfach verschwindet – erstens gab es immer wieder große Abwanderungswellen zu anderen, zum Teil technisch viel besseren Foren (theperfectworld.us hätte das Zeug zu ganz großer Größe, wenn da nicht die größenwahnsinnige Besitzerin wäre), zweitens hängen viele Forumsbürger so aneinander, dass sie sicher einen Platz finden werden, wo sie weiter ihren Gesprächen nachgehen können.
Facebook kann bei weitem nicht bieten, was ein gutes Forum bietet, weil es keine geschwinde und tiefgehende Konversation zulässt und die Gruppe der Mitlesenden im allgemeinen zu amorph ist. Aus Forumsbürgersicht ist es eine gute Lösung, um Links weiterzureichen, aber Gespräche, gar vertraulicherer Art, kann man da nicht führen.
Müssen die etablierten Medien mit user-generated content was anfangen können? Sie sind leidlich schlecht darin, aber vielleicht liegt das auch in der Natur der Dinge. Zeitungen beispielsweise ziehen in den Kommentarseiten fast zwangsläufig wütende Eiferer an, wer mag sich schon die Mühe machen, das so zu moderieren, dass die Diskussion auch für andere attraktiv ist? Die SZ zum Beispiel offensichtlich nicht. Für mich jedenfalls ist eine frohe Koexistenz in verschiedenen Browser-Tabs eine gute Verbindung von etablierten Medien und ugc.
Jedenfalls nett, hier über TT zu lesen.
14. Mai 2011 um 13:39
Vielen Dank für die interessanten Hinweise!
Bei Herrn Paulsens Geschichte frage ich mich gerade, ob die nicht gut den Unterschied zwischen dem Sozialmodell fb und twitter zeigt. Ich weiß schon, dass beide Dienste sind, was man draus macht und jeder Kontaktekreis ein bißchen anders ist — aber irgendwie ist das für mich eine typische facebook-Geschichte, die ich mir per twitter nicht so recht vorstellen kann. Das kann aber auch nur ein eingefahrenes Bild sein…
14. Mai 2011 um 14:04
Danke für die Infos zum Abitur und den Link zum wunderschönen Text. Eine der Baden-Württembergischen Abituraufgaben war ähnlich schüler-/lebensnah: Erörtern von ‘Flatrate-Mentalität’ anhand dieses Artikels http://www.faz.net/-00ma1u
14. Mai 2011 um 15:06
Nein, Sabine, ich habe mich nie bei Tabletalk herumgetrieben – finde es aber hochinteressant, dass das Ihr Internet-Zuhause war.
Die etablierten Medien täten gut daran zu berücksichtigen, dass immer mehr Leser über die Verarbeitung ihrer Artikel und Themen zu ihnen kommen. Und sie täten gut daran, die Fachkenntnis oder Themennähe der little people zu nutzen – in Form von Kommentaren zunächst. Wie das geht, zeigt meiner Meinung nach die Zeit: Dort sind die Leserkommentare so sorgfältig moderiert, dass sich immer wieder nützliche Ergänzungen zum eigentlichen Artikel darin finden. Ist aufwändig für die Redaktion, lohnt aber.
15. Mai 2011 um 11:19
Aber selbst bei der Zeit sind sind die Kommentare unglaublich mühsam zu lesen, schon allein aufgrund der Textgröße. Das beste Management hat meiner Meinung nach die NY Times, von der sich die Zeit das Leser-Empfehlungs-System abgeschaut hat – dort kann man wählen, ob man die Beiträge chronologisch liest oder nach ihrer “Nützlichkeit”. Diese Leute haben sich von Foren wie tpw auch die “Highlights” ab abgeschaut, die eine eigene kleine Kunstform darstellen (und in meinem derzeitigen Forum schmerzhaft fehlen)
Über die Süddeutsche Online kann man sich in dieser Beziehung nur aufregen. Die langsamen Kommentare, die von unten nach oben sortiert sind, die massenhafte Ansammlung von trollenden Kommentatoren, denen außer durch Löschung kein Einhalt geboten wird, die weitgehend anonyme Moderation… All das wirft ein schlechtes Licht auf eine von mir eigentlich schon geschätzte Zeitung. Auch, dass praktisch das ganze Feuilleton nicht in der Online-Version vorkommt, ist sehr dämlich, weil dort nämlich oft die interessantesten Artikel sind. Die billigen Bildstrecken tun ihr übriges…
Was in einem guten Forum der große Vorteil ist, ist die Möglichkeit, echte Diskussionen zu führen statt nur einer Aneinanderreihung von Meinungen. Vorausgesetzt, es hat sich ein sprachlicher Standard durchgesetzt, der das entsprechende Niveau ermöglicht – und das war eben der große Vorteil von Table Talk.