Oscarnacht 2006
Montag, 6. März 2006 um 2:10Hmmgnnn, Moinmoin.
Nach vielen Jahren Pause bin ich mal wieder aufgestanden, um die Verleihung der Academy Awards anzuschauen. Die vergangenen sechs, sieben Jahre habe ich mich davon abhalten lassen, weil ich am Montag drauf arbeiten musste. Das muss ich diesmal zwar auch, aber: What the hell.
Irgend jemand da, da draußen?
Ein Judenwitz, ein Zusammenschnitt schwuler Western der Filmgeschichte – Herr Stewart macht das gut. Von der Bühnendeko bekomme ich im Lauf des Show sicher noch Kopfweh.
George Clooney bekommt den ersten (anäh, Syriana interessiert mich einfach nicht, aber er ist so oder so ein ausgezeichneter Schauspieler), beginnt seine Dankesrede mit Witzen – und stellt Hollywoodfilme als den aufrechteren Journalismus dar. Bidde?
Visual Effects für King Kong. Auch nicht gesehen, nee danke. Aber Ben Stiller als Presenter in einem hellgrünen Ganzkörperkondom, der so tut, als stünde vor einer Green Screen, war sehr klasse.
Animated Film an Wallace & Gromit (gesehen! gemocht!), die Gewinner haben für ihre Oscarstatuetten kleine Fliegen mitgebracht, die zu ihren eigenen überdimensionalen passen. Süß!
Dolly Parton, gaaaah! Meine Güte, sieht die Frau gruslig aus! Zwei Melonen und eine hellblonde Perücke auf ein Knochengerüst geschraubt. Singen kann’se wirklich, also guck ich einfach nicht hin.
Short Film: Six Shooter, ah. Süüüüße Zahnlücke, und er traut sich, einen politischen Witz zu machen, wacker.
Animated Short wird präsentiert von zwei Cartoon-Figuren aus Chicken Little, sowas liebe ich ja. Allerdings habe ich den Gewinner nicht mitbekommen. Jetza: The Moon and the Sun.
Jennifer Aniston, hat vermutlich in allen Verträgen stehen, dass sie nie wieder eine andere Frisur tragen darf als die, die sie in Friends berühmt gemacht hat. Vorher war Volumen wichtig, seither plätten Frauen ihre Haare und klatschen sie sich an die Kopfhaut.
Costumes geht an Memoirs of a Geisha. Doch ja, die Kostüme waren wirklich schön in dem Film.
Zusammenschnitt von Biopics der Filmgeschichte. Ist sowas von überhaupt nicht mein Genre.
Achievement in Make up, die Presenter führen vor, wie danebenes Make up aussieht. Oscar für Chronicles of Narnia etc etc.
Scientific and Technical Achievement wird wie immer nachträglich eingespielt. Würde mich eigentlich detaillierter interessieren.
Best Supporting Actress (hey, ich habe ZWEI von den Filmen gesehen!). Rachel Weisz allerdings nicht, und die kriegt ihn. Kenne ich die wirklich nur aus About a Boy?
Mumienauftritt, aber die Bacall läuft noch selbst. Mit dem Text hapert’s ein bissl.
Rückblick auf Film noir, ich steh total auf Rita Hayworth.
Ein etwas kryptischer Überblick über die Nominierten für Best Actress. Aber ein bisschen lustig.
Documentary Short für A Note of Triumph. Ach, diese kleinen Leute freuen sich wenigstens so richtig unprätentiös.
Documentary präsentiert von Charlize Theron (sie ist SO schön!), geht an March of the Penguins. Gäbe es normalerweise jeden Winter live im Münchner Tierpark, aber dieses Jahr nicht, weil sie zu frischen Nachwuchs haben. Die Filmmacher kommen mit lebensgroßen Plüschpinguinen auf die Bühne.
Hat man Sandra Bullocks Friseur erschossen? Bevor er aus ihrem Schnell-hochgesteckt-zum-Zähneputzen-Haar etwas Festliches machen konnte?
Art Direction und Set Decoration für Memoirs of a Geisha. Ich sach ja: SCHÖN war er.
Ein Zusammenschnitt amerikanischer politische Filme. Für meine europäische Seele immer mit ein paar Pfund zu viel Pathos.
Der Chef von dat janze (CVDJ) spricht. Chrrrrzzzzz…..
Mickey Rooney lebt immer noch! Und er kann noch selbst nicken!
Salma Hayek, sabber. Dazu dieser Akzent, diese Stimme…
Original Score, die Nominierten werden von einem Sologeiger vorgespielt, sehr schön.
Den Soundtrack von Pride and Prejudice habe ich mir umgehend gekauft, den Oscar kriegt aber Brokeback Mountain.
Bis jetzt kein Abräumer, alles gut verteilt.
Monumentalfilme im Zusammenschnitt, hmja. Stewart witzelt über “Oscars salute to montages”, danke.
Sound Mix kriegt King Kong, die vier Empfänger danken ihren Müttern. Brav, da gibt’s frische Kekse.
Meryl Streep und Lily Tomlin führen in ihrer Präsentation vor, was Robert Altman mit seinen Filmen macht – scheiße, können die schauspielen, sogar live und in Echt.
Er kriegt die erste stehende Ovation, recht so. Andererseits gehört diese Steherei definitorisch zum Livetime Achievement.
Der einzige Oscar, bei dem es kein Zeitlimit für die Dankesrede gibt.
Nächster nomierter Song: “It’s hard out here for a pimp.” Ich halte es für eine Alterserscheinung, wenn man zornige junge Leute, die sich auf einer Bühne abmühen unkonventionell zu sein, in erster Linie als rührend empfindet.
Genau der wird Best Original Song, das ist ja fast noch rührender. Da hätte ich aber mindestens eine live-gerappte Rede erwartet.
Sound Editing (je-des-mal werden Witze über die schwer erfassbare Bedeutung dieses Jobs gemacht) für King Kong. Na gut, den Film kann ich mir nur mit herausragendem Ton vorstellen, sonst wird’s lächerlich.
Unglaublich lahme Dankesreden, durch die Bank.
Clooney kündigt eines meiner Lieblingsfeatures an: Rückblick auf Verstorbene.
Foreign Language Film: Tsotsi, Südafrika. Hatte ich getippt, einfach wegen Proporz. Der Ausgezeichnete verweist für die Dankesliste auf die Film-Homepage, sehr clever, aber sehr merkwürdig.
Film Editing geht an Crash, das freut mich sehr. Auch wenn ich gestehen muss, dass mir der Schnitt bei diesem Film nicht aufgefallen ist (manchmal tut es das, dochdoch).
Männliche Hauptrolle für Philip Seymore Hoffman, jawoll! Die anderen waren auch großartig, jajaja, aber ich habe Capote erst gestern gesehen – und der Mann wird einfach immer besser. Dankesrede wenigstens aufrichtig gestammelt und den Tränen nahe.
Cinematography für Memoirs of a Geisha. Der liegt tatsächlich mit drei Oscars vorne. Das ist nun gar nicht gerechtfertigt. Der präsentierende John Travolta bereitet mir unangenehme Gänsehaut, aber dafür kann er vielleicht nichts.
Weibliche Hauptrolle: Reese Witherspoon. Das hatte ich mir ziemlich sicher gedacht, weniger wegen ihrer Leistung, sondern wegen Walk the Line. Für mich wird sie immer Rachels kleine, meschuggene Schwester in Friends sein – und da war sie wirklich, wirklich gut.
Adapted Screenplay für Brokeback Mountain. Der Film war in den vergangenen Wochen so präsent, dass ich fast das Gefühl habe, ich brauche ihn gar nicht mehr anschaun. Werde ich natürlich trotzdem, so bald wie möglich.
Uma Thurman trägt Hautfarben, eine überraschend dominante Kleiderfarbe heute Abend. Früher hat man damit nur Unterwäsche für nicht mehr junge Frauen gemacht.
Original Screenplay für Crash – sehr, sehr verdient.
Der Regie-Oscar (Tom Hanks schaut komplett chirurgisch überarbeitet aus, inklusive Haare) geht an Ang Lee für Brokeback Mountain. Er kann inzwischen Englisch! Als er Pride and Prejudice Sense and Sensibility gemacht hat, konnte er es angeblich noch nicht.
Das Publikum freut sich über Jack Nicholson.
Es geht an den besten Film: Crash! Das ist aber mal ‘ne Überraschung, hätte ich nie gedacht. Wie lang ist es her, dass ein richtig guter Film des Oscar bekommen hat und nicht der eine Blockbuster, bei dem eine Auszeichnung nicht peinlich ist?
Insgesamt: Schnarchige Show, die dann doch noch mit einem Knaller endete. Bis nächstes Jahr.
die Kaltmamsell11 Kommentare zu „Oscarnacht 2006“
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6. März 2006 um 3:54
Party! Ich bin auch dabei :-)
6. März 2006 um 3:59
Juhu!
6. März 2006 um 4:20
Altman hat mich zu Tränen gerührt gerade. Der erste heute Nacht.
6. März 2006 um 4:57
Capote, ja. Wo Du es sagst – da werde ich Frau Zeichner wohl auch ins Kino schleppen, um den zu sehen.
6. März 2006 um 5:07
Tu mir die Liebe und schau ihn NICHT synchronisiert an. Die wenigen deutschen Schnippsel, die ich eben im Fernsehen gesehen habe, sind grauenvoll.
6. März 2006 um 5:33
Danke für den Tipp. Und: meine Hochachtung, dass Du ebenfalls diese langweiligste OSCARS-Nacht seit Jahrzehnten unbeschadet überstanden hast. Oder?
6. März 2006 um 13:25
Rachel Weisz ist unermüdlich – und fast immer sehr, sehr eindrucksvoll. Anspieltips: "The Shape of Things" (Das Maß der Dinge) von Neil LaBute und "I Want You" von Michael Winterbottom. Freut mich für sie.
6. März 2006 um 15:22
Ich will wirklich nicht als kleinlich sein, aber Ang Lee hat nie "Pride and Prejudice" gedreht sondern "Sense and Sensebility"
6. März 2006 um 15:29
Ella, um Gottes Willen, bitte sein Sie kleinlich! Sie haben selbstverständlich sowas von Recht! Ein beschämender Fehler…
7. März 2006 um 22:18
Ich fand Jon Stewart schlichtweg super. Wie ihm so spontan immer wieder ein ironisch-witziger Kommentar zu allem möglichen einfiel, ohne jemanden damit zu verletzen…
Ja und Dolly. Als hätte sie ein knallenges Korsett an, dass außer einer strichdünnen Taille auch noch die oberen Kugeln hochstößt! Was ist das immer mit dem viel Brust zeigen? Das war ja teilweise echt oberpeinlich. Ist das auch so eine Art Versuch das puritanische US-Tabu zu brechen? Im Sinne von Clooneys Auffassung: "Hollywood ist das aufgeklärte Amerika"???
30. Januar 2007 um 19:57
hat rachel weisz auch was gegessen nach ihrem babybauch? ;)