It’s always fair weather
Sonntag, 24. September 2006 um 19:50Hach, die alten MGM-Musicals. Zwar war ich schon immer eher von Fred Astaire fasziniert (und lernte von frühester Jugend, dass ein Mann keinem einzigen Schönheitsideal entsprechen muss, um mir den Atem zu rauben). Aber Gene Kellys Werk kommt ganz dicht danach.
Einer meiner Favoriten ist It’s always fair weather (1955), deutsch Vorwiegend heiter. Auch wenn die Handlung bei MGM-Musicals reichlich egal ist, mag ich diese: 1945 versprechen sich in einer New Yorker Bar drei heimkehrende GIs und dickste Freunde, dass sie sich in zehn Jahren auf den Tag genau hier wieder treffen. Sie tun das tatsächlich und stellen fest, dass sie einander nicht mehr ausstehen können: Der eine (Dan Dailey) ist dann doch nicht Maler geworden, sondern jetzt gestresster Chef der Werbeabteilung eines Großkonzerns, der zweite (Michael Kidd) wurde nicht Meisterkoch, sondern hat sein Mädel geheiratet, eine Burger-Braterei aufgemacht und viele Kinder bekommen, der dritte (Gene Kelly) hat das mit dem Jurastudium und der Politikerkarriere sein lassen und ist statt dessen in der Halbwelt New Yorks versumpft. Aber zum Schluss kriegen sie sich natürlich.
https://youtu.be/h6SqoqS9Xrs
Vor allem aber kommt in dem Film der Rock meiner Träume vor; wenn ich groß bin, lasse ich mir den nachschneidern. Cyd Charisse trägt ihn, meine Lieblingstänzerin der MGM-Musical-Zeit (Ann Miller hat zwar die noch schöneren Beine, kann aber nicht für ein Fünferl schauspielern, Leslie Caron ist zwar hübscher und entzückender, kann aber weder steppen noch jazztanzen). Es ist dieser grüne Rock, den sie in der Boxclub-Tanzszene trägt und auch sonst die meiste Zeit im Film: Überknie lang, von vorne Bleistiftform, von hinten in der Mitte der Taille zu schwer fallenden Falten gebündelt, die ihn hinten auch ein Stück länger machen als vorne. Wenn Cyd sich damit dreht, schwingt der Stoff hinten waagrecht wie eine Fahne auf. Möglicherweise aus einer Scheibe Stoff genäht, mit der Trägerin off-center.
https://youtu.be/Jqu5WFm8fEo
Aber auch abseits dieses unvergleichlichen Rocks gibt es umwerfende Tanzszenen in dem Film: Am Anfang steppen die drei Hauptherren mit Mülltonnendeckeln (ob Stomp sich wohl hier inspirieren hat lassen?), dann ist da die besagte fetzige Tanzszene im Boxclub „Baby, you knock me out“ und selbstverständlich gar nicht zu vergessen Gene Kelly, der mich ultimativ fertig macht, weil er mit Rollschuhen an den Füßen (die Sorte meiner Kindheit, die man sich unter die Straßenschuhe band) steppt, dazwischen wie ein prämierter Kunstläufer damit Figuren dreht, um ohne sichtbare Anstrengung abzubremsen und weiterzusteppen (so gut wie schnittfrei und ganz offensichtlich mit voll funktionsfähigen Rädern). Auch der Song zu dieser Nummer ist merkenswert, weil der halbseidene Ted feststellt, dass er vielleicht doch etwas draufhat, wenn jemand Wundervoller wie Jackie ihn mag: „I like myself.“
https://youtu.be/8hs6iXpInTA
Dolores Gray spielt in ihrer ersten Filmrolle eine überkandidelte TV-Moderatorin (kaum gibt es in USA Fernsehen, wird es schon satirisch auseinander genommen) mit einer unglaublichen Bluesstimme. Wunderschöne Nummer völlig ohne Funktion für die Handlung: „Thanks but no thanks“.
War nie besonders bekannt, der Film, vermutlich weil die eher düstere Atmosphäre mit all den enttäuschten Erwartungen nicht spritzig-fröhlich genug war. Seit diesem Jahr gibt es ihn in einer schönen DVD-Version, im originalen Breitformat, mit rausgeschnittenen Tanzszenen und zwei TV-Sendungen „MGM Parade“, in denen es um den Film geht.
Sehr schöne Besprechung des Films hier.
Eine aufschlussreiche Einordnung in die Zeit hier.
Und hier mehr über die konkrete DVD.
7 Kommentare zu „It’s always fair weather“
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24. September 2006 um 20:34
“rausgeschnittene Tanzszenen”? Das heißt hoffentlich nochmal extra zum extra anschaun, ja?
Das genau das war meine Hoffnung, als die DVD aufgekommen ist, daß ich mir endlich die Highlights der MGM Musicals holen kann und auf Englisch anschauen, ohne irgendwo in Amiland ein NTSC Video bestellen zu müssen, daß dann eiert und sich zieht, wenn man Astaire und Kelly dreizehnmal hintereinander tanzen lässt und sich einfach nicht satt sehen kann.
Gut. Jetzt muß ich auf einen Stapel DVDs sparen.
Danke für’s mit der Nase wieder draufstoßen.
24. September 2006 um 21:51
Hm, ich weiß nicht genau, was Sie meinen: Die DVD jedenfalls enthält auch Tanzszenen, die es nicht in die Endfassung des Films geschafft haben. Darunter eine sensationelle Solonummer von Michael Kidd, allerdings mit lediglich ein paar Takten Musik vom Korrepetitor, sonst tonlos.
24. September 2006 um 21:55
Stimmt der Film lief wenn in der ARD nur nachmittags. Dabei ist die Mülltonnendeckelszene grandios.
P.S. Ich habe mal eine meiner Katzen nach „Gigi“ benannt … ;-)
24. September 2006 um 21:58
Ach creezy, “Sank hävens for liitl görls…”
25. September 2006 um 8:39
yippieh! an den film habe ich immer mal wieder gedacht, weil ich die idee so faszinierend fand, sich in 10 jahren an ner bestimmen stelle zu verabreden. mir fiel aber nie der titel ein. danke für den tipp!
28. September 2006 um 21:04
Kaltmamsell, fühle Dich mit Rosen beworfen! Ich war jahrelang die einzige Irre, die gern Busby-Berkeley-Musicals sah, alle, die ich kannte, fanden diese Dinger unglaublich doof. Mein erster Gang, als ich nach Berlin zog, war in einen großen Plattenladen (so hieß das damals), mir eine Platte mit Musical-Songs kaufen. Al Jolson, Irene Dunne und so. Ich kann sie heute noch alle singen. Und ich LIEBE Astaire. Und Rita Hayworth ist seine-meine Lieblingspartnerin. Aber noch mehr mag ich Busby Berkeley-Musicals, die ganz alten. So, und jetzt höre ich sofort “Your´re getting to be a habit with me”!
Oder dies hier: http://en.wikipedia.org/wiki/42nd_Street_%28film%29…
28. September 2006 um 23:15
Oh Lila, ich konnte nie schick werden, weil ich mit 12/13 mit meiner damals engsten Freundin im Schwimmunterricht immer versucht habe, Ester-Williams-Szenen nachzuspielen – als unsere Altersgenossinnen bereits für die “Teens” kreischten.