Journal Dienstag, 3. September 2013 – Fleische

Mittwoch, 4. September 2013 um 6:25

Was ich dringend noch zum Vorabend ergänzen muss: Der Mitbewohner recherchierte live nach den Galloway-Rindern (aka Schabrackentapirrindern), die wir am Samstag gesehen hatten – und tat Abgründe auf. Er stieß auf historischen Zwist internationaler Art unter Züchtern, ob es sich bei den Belted Galloways (oder “Belties”, kein Scherz) überhaupt um echte Galloways handelt. Ich bekam einige Abschnitte aus dem Hin (USA) und Her (Schottland) vorgelesen und kann Ihnen sagen: Austerlitz Dreck dagegen. Wenn Sie sich engagieren wollen: Hier wäre eine Möglichkeit.

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Im Büro aus beruflichen Gründen in die neue Rundschau für den Lebensmittelhandel geschaut. Erfahren, dass der Fleischverzehr pro Kopf in Deutschland abnimmt – (Ende der 80er pro Bundesbürger 70,3 Kilo, heute 59,5 Kilo). Das ist sachlich gesehen gut, der Handel aber sorgt sich. Interessant fand ich die Empfehlung des Artikels, Nischen wie Halal zu nutzen, schließlich seien 5 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung Muslime. Wenn ich mir auf Reisen im Ausland Supermarktsortimente ansehe, um etwas über Land und Leute zu lernen, sollte man das im eigenen Land vielleicht auch tun – um auszumachen, was tatsächlich zur deutschen Gegenwart gehört. (Dass auch Convenience-Snacks aus Fleisch als Zukunftsmarkt empfohlen werden, ist dann wieder traurig, aber ebenfalls vielsagend.)

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Morgens im Sportstudio ließ ich den riskanten Kraftsport bleiben (Kreuzschmerzen sind weg, aber ich bleibe noch ein paar Tage vorsichtig), nutzte nur Crosstrainer und Rudermaschine. Ich war schlecht in Form, das Training fühlte sich mühsam an – das könnte aber auch am gemeinen Kopfweh gelegen haben, das ich erst nach dem zweiten Aspirin am späten Nachmittag losbekam.

Das Draußen war wundervoll, ich radelte mittags durch die warme Sonne zu einem Termin und wollte nie ankommen.

Abends überraschte mich der Mitbewohner mit einer Art türkischer Pizza Fladen (ich möchte keine diplomatischen Verwerfungen auslösen), die er sich selbst ausgedacht hatte – köstlich.

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Beifang aus dem Netz:

Ein antifeminstisches Blog, das für bösen Aufruhr gesorgt hat, entpuppt sich als Projekt einer PR-Agentur. Dieser Zynismus lässt sich eigentlich nur durch die Beobachtung toppen, dass Etat-trächtige Unternehmen Feminismus leider nicht auf dem Schirm haben – sonst könnte sich diese Agentur jetzt vor Aufträgen für Online-Kampagnen nicht mehr retten.

Einerseits muss man sich in Deutschland vor Online-Bespitzelung fürchten. Andererseits kann man bei echter Online-Kriminalität die Polizei als Hilfe vergessen, wie Dirk Olbertz herausgefunden hat: “Die Polizei, dein ahnungsloser Helfer“.

Und dann noch ein wunderschöner, liebevoller Text: “What people really look like“, geschrieben vom langjährigen Masseur Dale Favier.

die Kaltmamsell

8 Kommentare zu „Journal Dienstag, 3. September 2013 – Fleische“

  1. Frau Klugscheisser meint:

    Der Masseurtext ist wirklich schön. Danke.

  2. die Kaltmamsell meint:

    Ja, Frau Klugscheisser, ich lese ihn wieder und wieder. Und erinnere mich daran, wie einmal meine vertraute Masseurin in ihrem Urlaub von einem jungen Mann vertreten wurde und ich die 20 Minuten lang nur dachte, wie sehr er sich vor meinem welken Körper ekeln muss. Ich Idiotin.

  3. Kitty Koma meint:

    Die “es war eine PR-Agentur”-Sache ist komplexer, als sie aussieht. Ich habe vor einer Woche schon mal recherchiert, wo das Mädchen herkommt, da gab es diese Seite definitiv noch nicht.
    Sie ist zusammengeschustert, unprofessionell und komplett unauthentisch, die “Mitarbeiterinnen” scheinen alle Freundinnen zu sein. Ich halte das für einen weitere Fake. Warum? Keine Ahnung.
    Wir sind immer schnell dabei nach einfachen Erklärungen zu suchen, die in unser jeweiliges Weltbild passen. Hier die “da stellt sich ein Vater vor seine Tochter”, dort “da seht ihr, wir waren Opfer von abgefeimten Manipulateuren”.
    Was dahinter steckt, will ich mittlerweile auch einfach nicht mehr wissen. Es widert mich an.

  4. die Kaltmamsell meint:

    Das finde ich ja auch an den Kommentaren bei Malte lustig (confession time: Ich habe die Kommentare gelesen.): Wie immer neue Verschwörungstheorien gebastelt werden, wer eigentlich was gefaket hat.

  5. Kitty Koma meint:

    Oh ja! Vor diesem Kommentaren sitze ich seit gestern Abend mit Popcorn auf dem Schoß.

  6. walküre meint:

    Im türkischen Sprachraum ist die Pizza eine “Pide”, so weit ich das von meinen bevorzugten türkischen Lokalen kenne.

  7. die Kaltmamsell meint:

    Der Mitbewohner hat Pide (Faltform) und Lahmacun (Belag) gekreuzt, walküre, deswegen die Begriffschwammigkeit.

  8. not quite like beethoven meint:

    Ganz toll, der Masseurstext! Danke!

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