Unkraut im Wörtergarten

Donnerstag, 19. April 2007 um 9:55

Wenn es um politische Aussagen geht, muss die herkömmliche Sprachliebhaberin ohnehin einige Wahrnehmungsfilter einbauen: Da wird geschwurbelt und gebläht, als gäbe es Zeilengeld. Die Ursache ist einfach gefunden: Die meisten Politiker mischen Bürokratendeutsch („bei der Ermittlung des Handlungsbedarfs zur Durchführung der baulichen Maßnahmen an der Umgehungsstraße besteht noch Klärungsbedarf“ – Bauausschüsse züchten ganze Ranken von Sprachblüten) mit PR-Absichten. Eigentlich hielt ich mich für abgestumpft.

Doch beim morgendlichen Radiohören durchlöcherte ein Interview meine Filter: „Dann muss man in einen neue Standortsuche hineingehen.“ Mein Gott, warum nicht einfach „dann muss man einen neuen Standort suchen“!?

Und jetzt habe ich da eine Idee:
Warum steckt Herr Schäuble seine irrationalen Mutterinstinkte zum Staatsschutz nicht in dieses Feld? Wir setzen die Unschuldsvermutung außer Kraft, dass jeder Deutschsprecher sich an die Regeln hält und dass der Staat ihm das Gegenteil erst mal beweisen muss. Statt dessen sehen wir jeden Sprachnutzer als potenziellen Regelverletzer, wenn nicht sogar Regelzerstörer an, scannen (aus Kapazitätsgründen natürlich nur stichpunktartig) seinen Sprachausstoß auf verdächtige Muster, nehmen ihn bei einer Verdichtung von Verdachtsmomenten fest und lassen ihn dann anhand von schriftlichen Aufsätzen (Erlebnisaufsatz / Bericht / Sachbeschreibung) sowie mündlichen Vorträgen seine Regeltreue beweisen. Der bereits eingerichtete Lauschangriff hätte endlich nachvollziehbaren Nutzen, und ich bin sicher, dass die Erfolgsquote erheblich höher wäre als beim bisherigen Einsatz.

(Nein, wir Sprachfiesler sind wirklich keine sympathischen Menschen.)

die Kaltmamsell

3 Kommentare zu „Unkraut im Wörtergarten“

  1. Hande meint:

    Hah, da sind wir nach-eingebürgerte ja eigentlich im Vorteil. Wir wurden auf alles Mögliche untersucht und für gut befunden. Alle hineingeborene, sie müssen jetzt mal beweisen, dass sie auch regelkonform sind.

  2. Michael meint:

    Ich hab’ ihm (Schäuble) Texas vorgeschlagen, aber das hier ist auch eine kreative Beschäftigung für einen Rentner. Ich glaube, das gefällt ihm ;-)

  3. creezy meint:

    Danke Michael, was machen wir mit denen, die nachwachsen?

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