Fußball*
Freitag, 9. Januar 2004 um 10:51Fußball geht heute komplett an mir vorbei, hat aber einen Platz in meiner persönlichen Geschichte. Dieser Platz fängt in Kleinstkindertagen an, mit einem aus Spanien eingewanderten Vater, der regelmäßig abends, also wenn er Frühschicht hatte, am Radio stand. Abends brachte nämlich der Bayerische Rundfunk Sendungen für Gastarbeiter, auch für spanische. Zu diesen Sendungen gehörte die Veröffentlichungen der Fußballergebnisse.
Das Radio, ein großes breites Einbauexemplar der Firma Grundig, stand auf Brusthöhe im Wohnzimmer-Regal. Mein Vater stützte einen Ellbogen auf das Regal darüber, die Hand zwirbelte das damals noch dichte Stirnhaar, den Kopf war aufmerksam lauschend zum Radioapparat gebeugt. Er war Anhänger von Real Madrid. Sein älterer Bruder, der Sozialist, der sogar noch kurz vor Francos Tod nach Spanien zurückkehrte, jubelte natürlich für den Arbeiterverein Atlético.
Als nächstes bleibt die Erinnerung an elend langweiligen Sportschauen hängen. Ich durfte so gut wie nicht fernsehen, also nutzte ich natürlich jede Erlaubnis. Hauptsache der Fernseher war an. Fast kann ich mich genauer an meinen Vater auf dem Sofa vor dem Fernseher erinnern, an sein Mitfiebern mit den Spielberichten, als an die Berichte selbst. Geblieben ist mir aus dieser Zeit ein gewisses Grundwissen über die Spielregeln, das ich osmotisch aufgenommen haben muss (allerdings muss ich gestehen, dass das so erworbene Wissen über Eiskunstlauf in erheblich größerem Detail die Zeit überdauert hat).
In der Frühpubertät fand ich es plötzlich cool, mich für Fußball zu interessieren. Das mag daran gelegen haben, dass ich zu dieser Zeit eine große Aversion gegen alles Mädchenhafte entwickelte. Und daran, dass die einzige Gleichaltrige im Wohnblock, Iris, sich tatsächlich und leidenschaftlich für Fußball interessierte. Es war die Zeit von Ewald Lienen, Felix Magath, Klaus Allofs, Karl-Heinz Rummenigge. Ich hatte sogar eine Klassenkameradin, Ulrike genannt „Ugga“, mit der ich mich darüber unterhalten konnte. Auch ihr Interesse war, im Gegensatz zu meinem, von echter Begeisterung motiviert. Sie schaffte es sogar, als einziges Mädchen in ihren Vorort-Fußballverein aufgenommen zu werden.
Wann hat das wohl aufgehört…? Möglicherweise mit meinem Eintritt in den Chor.
*inspiriert von Marcus Hammerschmitt
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