Beifang aus dem Internet – 33

Sonntag, 10. August 2014 um 9:39

Ausgerechnet jetzt ist seine USA-Reise wohl gerade rum, doch Sie sollten durch seine instagram-Bilder blättern: ix in Amerika. Hier geht’s los. (Und an der Web-Version von instagram ist immer noch eine Menge zu verbessern.)

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Chinas Werte
Kultur ist bloß ein Taschenspielertrick

Werte und Kultur in einem Land, das jahrzehntelang durch “Umerziehung” systematisch die Verbindung zu seiner Tradition kappte – hochinteressant. (Dass die im Westen so angesagte Traditionelle Chinesische Medizin, TCM, von Mao Zedong entwickelt wurde, wusste Sie aber?)

Alle offiziellen Verlautbarungen versäumen nicht, an die „fünftausend Jahre Kultur“ zu erinnern, an die China nach einer Phase der Demütigung wieder Anschluss gefunden habe. Diese behauptete Stärke wird gern in die Zukunft projiziert. Während die westlichen Länder immer noch an ihren alten Defekten herumlaborierten, bemerkte kürzlich Wang Genghua, ein Konfuzianismus-Experte der Pekinger Normal University, habe China aller Schwäche Lebewohl gesagt: „Es steht fest, dass China einen Weg für die Zivilisation der Menschheit herausfinden wird.“

Doch all diese Stellungnahmen betreffen nur eine „Kultur“ innerhalb eines abgeschirmten Sonderbereichs, in dem sich risikolos schwadronieren lässt. Sobald sich China zu einer Frage äußert, bei der die Kulturen und Ideen der Welt real und ernsthaft aufeinanderstoßen, ist es von einem tiefsitzenden Minderwertigkeitskomplex durchdrungen. In einem Grundsatzpapier des Zentralkomitees hatte es vergangenes Jahr geheißen: „Das Ziel bei der Verbreitung sogenannter universeller Werte ist, zu behaupten, dass das Wertesystem des Westens Zeit und Raum, Nation und Klasse überschreite und auf die gesamte Menschheit anwendbar sei“, um auf diese Weise „den essentiellen Unterschied zwischen dem westlichen Wertesystem und dem Wertesystem, das wir vertreten, zu verdunkeln“. Doch sowohl diese Verordnung als auch alle übrigen Verlautbarungen versäumen es, zu erklären, worin denn nun das chinesische Wertesystem in Abgrenzung zum westlichen besteht.

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Wie ergeht es eigentlich den UN-Soldaten, die die Weltgemeinschaft zum Schutz der Schwachen aussendet und die doch eigentlich das beste Image haben müssten, das Soldaten selbst in den Augen von Ostermarschieren haben können?

Wenn die Uniform sprechen könnte

Was empfindet ein UN-Soldat, der beim Morden zusehen muss? Wie in Ruanda, in Srebrenica oder der Zentral-afrikanischen Republik. Unsere Autorin ist mit einem Offizier verheiratet und gibt Seminare für die UN. Ihr haben sich viele der Soldaten anvertraut

Warnung: Sehr harter Tobak, nicht vor dem ersten Kaffee und dem Blick auf etwas Schönes lesen.

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Wer wie ich fast täglich an der Theresienwiese vorbei kommt, sieht das Grauen des Oktoberfest bereits seit Wochen dräuen. Doch selbst Freundinnen des Oktifestst haben Kummer, sie müssen mit der stetigen Verwandlung der Veranstaltung ins größte Kostümfest neben dem Karneval in Rio fertig werden.

Isabella Donnerhall ist eine solche Freundin und hat sich nochmal aufgerafft zu sammeln
“That’s not how you Oktoberfest”.
Wird kontinuierlich erweitert, freut sich über Zusendungen.

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Antje Schrupp ist zum Schluss gekommen, dass es viele Parallelen gibt zwischen
“Sexismus und Regen”.

Den konkreten Streit, auf den sie sich bezieht, habe ich nur vom Ignorieren mitbekommen, doch Antjes Gedanken treffen ohnehin übergreifend zu.

Sexismus ist wie Regen. Er ist einfach da, manchmal schwächer, manchmal stärker. Manchmal können wir uns irgendwo unterstellen, manchmal hört er vielleicht sogar für ne Weile auf. Manchmal kommt er aus heiterem Himmel und mit einer Gewalt, mit der wir nicht rechnen konnten. Aber, und das ist mein Punkt: Wenn es regnet, können wir nichts dagegen unternehmen. Jedenfalls nicht hier und jetzt, nicht in dieser Situation. Es ist schlichtweg nicht möglich. Wenn es regnet, dann regnet es.

Sexismus strukturiert die symbolische Ordnung, die uns umgibt, er lässt sich durch Argumentationen nicht wegkriegen. Sexismus ist eine Tatsache, keine Meinung. Feminismus bedeutet die Arbeit an dieser symbolischen Ordnung, und das funktioniert in der Tat hauptsächlich durch Sprache. Aber auf sehr vielen verschiedenen Ebenen, und es ist kompliziert. Es ist keine Frage der Logik, sondern eine der Kultur, tief verwurzelt, unsichtbar, normal. Es funktioniert nicht so, dass wir die sexistische Struktur unserer symbolischen Ordnung nur erst einmal lückenlos beweisen müssten, und dann geht sie weg. Für öffentliche Debatten über den Feminismus ist es wichtig, sich das ganz klar zu machen und sich jederzeit darüber bewusst zu sein. Und nicht, auch nicht ganz insgeheim in einem hinteren Winkel des Herzens, mit der Erwartung hineinzugehen, doch vielleicht überzeugende Argumente zu finden. Denn das führt unausweichlich zu der ohnmächtigen Erkenntnis, dass es hier halt nicht um Argumente geht, sondern um Macht.

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Kunst wurde schon immer von Politik und Religion instrumentalisiert – aber auf die CIA wäre man vielleicht nicht sofort gekommen (selbst wenn man eben gerade Sweet Tooth von Ian McEwan gelesen hat, in dem es um die verdeckte Förderung von Schriftstellern durch den britischen Geheimdienst geht).
“Modern art was CIA ‘weapon'”.

“Regarding Abstract Expressionism, I’d love to be able to say that the CIA invented it just to see what happens in New York and downtown SoHo tomorrow!” he joked. “But I think that what we did really was to recognise the difference. It was recognised that Abstract Expressionism was the kind of art that made Socialist Realism look even more stylised and more rigid and confined than it was. And that relationship was exploited in some of the exhibitions.

Nachdrückliche Leseempfehlung: Fast jedes Detail ist überraschend und liest sich wie für einen mittelschlechten James-Bond-Film ausgedacht.

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Eine Professorin, die seit vielen Jahren in den USA lehrt, erläutert, wie sie während eines Forschungsprojekts in Deutschland die heutigen Geschlechterverhältnisse in der Wissenschaft erlebt hat.
“Warum willst du nicht hier bleiben? – Darum!”

Ich erinnerte mich an meinen US-amerikanischen Geschichtsprofessor in Gastprofessur an der Uni Augsburg, der den Semesteranfangsempfang des Uni-Präsidenten kommentierte: “It looked like a gay party: The only women were serving drinks.” Dann rechnete ich nach: Das ist jetzt 24 Jahre her. Schon damals fand ich den Umstand so empörend wie der Gastprofessor, heute bin ich geradezu mutlos, weil sich immer noch nichts geändert zu haben scheint.

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In eigener Sache: Letzthin stellten gewisse Twitterinnen fest, dass ihnen ein Schwimmblog fehlt. Nur wenige Themenideen weiter war auch schon ein neues Gemeinschaftsblog dazu geschaffen. Begrüßen Sie also
Die Freistilstaffel.

Tatsächlich hatten wir auf Twitter nur ein wenig rumgealbert, irgendwann alberte ich:

Und so schnell schauten wir gar nicht, bis der zuvorkommende @dentaku sich erbot

Und es auch schon getan hatte und Zugänge verschickte. Danke, Thomas!

Schaun Sie sich die Freistilstaffel doch ein Weilchen an, und wenn sie Ihnen gefällt: Empfehlen Sie uns weiter!

die Kaltmamsell

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