Journal Freitag, 26. September 2014 – Vorläufiger Küchenvollzug

Samstag, 27. September 2014 um 9:30

Gestern nahmen wir unsere Küche in Betrieb (Fotos gibt’s erst wieder, wenn sie komplett ist, beräumt und beleuchtet).

Morgens kam mein Vater zur Aufsicht über den Tag, kurz darauf der Elektriker, der auch die Wasseranschlüsse erledigte. Laut meinem Vater testeten sie alles einmal durch, er war zufrieden. Zur Komplettierung fehlten noch Maler und Schreiner, aber als bis Mittag niemand aufgetaucht war, fuhr mein Vater heim. Wann genau diese Restarbeiten erledigt werden, konnte mir auch die Küchenplanerin nicht sagen.

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Ich weiß, was Sie als Erstes fragen werden: Hat der Backofen denn auch eine Webcam?
Antwort: Nein, hat er nicht.

Das war selbstverständlich das Erste gewesen, was ich die Küchenplanerin zu recherchieren gebeten hatte. Es ist mittlerweile 6 Jahre her, dass Don Dahlmann mir diesen Floh ins Ohr setzte (Originalblogpost nicht mehr zu finden), der ja nicht mal ein Floh ist, sondern ein wirklich sinnvolles Feature: Im Wohnzimmer am Rechner sitzen und jederzeit nachgucken können, was das Brot oder der Kuchen im Ofen gerade so macht.
Seit Jahren wird vom “Internet der Dinge” geredet, und auf jeder Messe präsentieren Anbieter aller möglichen Fachrichtung triumphal ihre neuesten Sensationen: Ein Kühlschrank! Der von selbst! Merkt! Dass die Milch alle ist! Und neue bestellt!
Ähm… Ernsthaft?
Erstens steckt die Lieferlogistik für Lebensmittel noch in selbst gehäkelten Babyschühchen, vor allem wenn jemand auch nur den Hauch von Umweltbewusstsein hat und nicht in Verpackungsmaterial ertrinken möchte.
Zweitens ist Lebensmittelkauf der so ziemlich einzige Einkauf, der mir Freude bereitet – ich werde den Teufel tun, mir diese durch Belieferung nehmen zu lassen.
Drittens halte ich zwar wirklich viel von Maschinenfertigkeiten, aber dass die Milch ausgeht, traue ich mir immer noch schneller zu merken zu.
All die Energie, die in die Entwicklung solch eines Blödsinns fließt, wäre wirklich bei der Webcam im Backofen besser aufgehoben.
Wäre, denn die Küchenplanerin fand schnell heraus: Nein, gibt’s nicht.

Aus der anderen Richtung wurden zwar Mini-Backöfen entwickelt, die sich an den Rechner anschließen lassen. Aber denen fehlt’s natürlich hinten und vorne an Backleistung.

Hier also der Appell an Hersteller von Küchengeräten:
Bietet uns eine Webcam im Backofen an! Nicht nur können wir damit aus etwas Entfernung Backfortschritte beobachten, wir Food- und vor allem Brotbloggerinnen könnten das aufnehmen und im Zeitraffer zur besseren Anschauung zu unseren Rezepten stellen.

Vielleicht hat man Ihnen schon beigebracht, dass die Kommunikation in Social Media eine bidirektionale Sache ist. Also nicht nur Bloggerinnen irgendwas zum Testen anbieten, sondern vielleicht auch Träume von Bloggerinnen umsetzen? Wie wäre es zum Beispiel mit Entwicklungspatenschaften? Eine Bloggerin begleitet den Entwicklungsprozess eines Features, zum Beispiel den einer Webcam für den Backofen, und bloggt zu angemessenem Zeitpunkt darüber?

Besonders passend stelle ich mir das bei BSH nach der Komplettübernahme durch Bosch vor. Die Firma könte sich mit einer Backofen-Webcam profilieren. (Und nun hoffe ich, dass BSH Bosch und Siemens Hausgeräte ein sauberes Social-Media-Monitoring hat und diesen Appell findet.)

Nachtrag: Über Twitter wurde ich auf diesen IFA-Blogpost hingewiesen – AEG scheint schon ziemlich nah an meinem Traum zu sein. (Vielleicht sollte ich PR-Texte in Foodblogs nicht ganz so konsequent wegklicken.)

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Und so kamen wir zur neuen Küche:
Durch den Gang zu einer Küchenplanerin.

Unsere alte Küche hatten wir vor 15 1/2 Jahren von den Vormietern übernommen. Sie war in sehr Vielem gar nicht, wie ich sie gerne gehabt hätte, aber sie war nun mal da und funktionsfähig; ich wollte sie auf keinen Fall zu Müll erklären. Wir beschlossen, sie dann zu erneuern, wenn sie kaputt ging.
Es war dann gar nicht so einfach den Moment zu erkennen, in dem all die kleinen Macken und Funktionsstörungen in der Gesamtheit ein “kaputt” ergaben, schießlich traten sie vereinzelt über einen langen Zeitraum auf, und wir fanden für alles einen Work-around. Erst als die Waschmaschine vom Fachmann für irreparabel erklärt wurde und eine Neuanschaffung anstand, ging uns auf, dass es so weit war. Zu diesem Zeitpunkt erinnerte mich unsere Küche bereits an die ersten Autos, die meine Altersgenossen mit 18, 19 hatten und meist bereitwillig ausliehen: Es handelte sich damals durchwegs um sehr Gebrauchtwagen, und eine Übergabe war mit langen Erläuterungen verbunden, wie man mit den Macken und Funktionsstörungen zurecht kam – vom Aufschließen des Wagens bis zu hochkomplexen Kombinationen von Gasgeben, Kuppeln und Schalten.

Weder der Mitbewohner noch ich interessieren uns für Küchenmöbel, zudem nur oberflächlich für Küchengeräte. Wir neigen beide dazu, uns mit Vorhandenem zu arrangieren. Doch auch dazu muss erst mal etwas vorhanden sein.
Anstatt uns also durch wochenendlange Besuche von Möbelhäusern, durch Wälzen von Katalogen und Vergleichen von Prüfberichten eine Expertise anzurecherchieren, die wir genau einmal im Leben brauchen würden, und die wir nach Vollzug nicht mal nachbessern können würden – wandten wir uns an jemanden, der nichts anderes macht als Küchen zu planen. Ich suchte online nach einem solchen Büro in der Innenstadt und nahm Kontakt auf.

Wir ließen der jungen Frau ziemlich freie Hand und legten vor allem ein Budget fest. Ich berichtete unsere Küchen- und Kochgewohnheiten und wies darauf hin, dass ich typische Küchenmöbel durchwegs scheußlich finde, egal in welchem Stil (mit “Landhaus-” allerdings am untersten Scheußlichkeitsende, Volledelstahl nur knapp geschlagen). Wichtig war mir auch ein Brotback-tauglicher Ofen, den ich selbst als Einziges bereits vorrecherchiert hatte. Induktionsherd hätten wir beide aus eher technischem Interesse durchaus ausprobiert, doch dafür fehlte der notwendige Drehstrom.

Die Küchenplanerin nahm zunächst meine Aufforderung, gerne auch originell zu denken, etwas zu ernst und schlug einen Gasherd mit externer Gasflasche vor (unsere Wohnung hat keinen Gasanschluss). Ich lehnte vorsichtig, aber deutlich ab. Von da an waren alle Vorschläge brauchbar und erfreulich, zum Beispiel der, Waschmaschine und Geschirrspüler nach oben zu verlegen. Bereits den ersten Entwurf der Kücheneinrichtung nahmen wir an, modifizierten lediglich Details wie mehr kleine, flache Schubladen statt großem Schuber, Erhöhung zweier Schränke, Zurücksetzen des Schranks, der den nie verwendten Heizkörper überdeckt.

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Meine Einrichtungs-interessierte Mutter fragte irgendwann, von welchem Hersteller unsere Küchenmöbel nun seien. Die lange Bestellliste ließ das nicht erkennen, so fragte ich die Küchenplanerin. Doch es sind wohl mehr als fünf Hersteller (keiner der Namen sagte mir irgendwas, was nichts heißt, da ich mich ja überhaupt nicht auskenne), aus deren Sortiment sie Korpusse, Zwischenwände, Fronten, Griffe, Innenleben zusammengestellt hat. Den Backofen hat Miele produziert, Waschmaschine, Geschirrspüler und Kühlschrank Siemens.

Letzterer sorgte gestern für amüsante Abendlektüre, denn die Gebrauchsanleitung erklärt gute Geräusche und schlechte Geräusche:

Ja, wir mussten ein bisschen nachdenken. Aber dann ist die Erklärung eindeutig und genial.

Die Kosten für die Küche liegen mit Allem etwa bei denen für einen neuen Kleinwagen. Allerdings ist der Spritverbrauch deutlich niedriger.

die Kaltmamsell

7 Kommentare zu „Journal Freitag, 26. September 2014 – Vorläufiger Küchenvollzug“

  1. creezy meint:

    Ach, ich wünsche Euch lange Zeit viel Freude, Koch- und Backerfolge mit Eurem neuen Schätzchen!

    Zum Thema Gaskanne in der Küche nur für den Herd: Du glaubst nicht wie viele Menschen das wirklich machen heutzutage. Der Kombi-Herd ist ja «le dernier cri».

  2. Susann meint:

    Dieses schlechte-Geräusche-Rätsel ist ja echt süß, ich musste echt ein bisschen überlegen.
    Man stelle sich das als Text in der Gebrauchsanleitung vor!

    Herzlichen Glückwunsch zur neuen Küche jedenfalls, möge sie lange unter uns weilen und stets einen so niedrigen Spritverbrauch haben wie bisher!

  3. Sabine meint:

    Das mit den Bloggerpatenschaften für Geräteentwicklung fände ich toll, würde ich sofort lesen. Technik und Wirtschaft gut erzählt finde ich geradezu unwiderstehlich.

    Keine Geräteentwicklung, aber eine Blick-hinter-die-Kulissen-Story, die mir zur Zeit sehr viel Freude macht: StartUp – Radiomann steigt aus und will Podcastfirma gründen, macht darüber einen Podcast. Wer bei der dritten Folge nicht vor Spannung das Nägelkauen anfängt, für den ist Radio wohl nix.

  4. Ulrike meint:

    Viel Freude und Kochvergnügen mit der neuen Küche, möge sie Koch und Köchin, Brotbäcker, Kuchenbäcker, Essenzauberer lange begleiten!

  5. Tanja meint:

    Was darf man sich denn unter “Waschmaschine und Geschirrspüler nach oben verlegen” vorstellen? Danke schon mal fürs erklären!

  6. die Kaltmamsell meint:

    Die beiden Geräte, Tanja, stehen nicht auf dem Boden, sondern in einem Schrank 50 cm vom Boden entfernt. Darunter hat noch ein großes Schubfach Platz. Auf diesem Foto sieht man das rechts ganz gut: https://www.vorspeisenplatte.de/speisen/archiv/140924_Kueche_1.jpg

  7. Alessa meint:

    Nachdem ich sämtliches Kochgeschirr per Magnet auf Induktionstauglichkeit getestet hatte, habe ich mich bei der Kücheneinrichtung vor 5 Jahren für Induktion entschieden. Ist durchaus eine nette Sache (reagiert schnell, Kochfläche relativ schnell wieder kalt, Wasserbad&Co. sind überflüssig, weil man eigentlich fast alles auf niedriger Stufe ohne Ansetzen/-brennen auch im Topf hinbekommt…), aber wenn ich hin und wieder bei meinen Eltern auf den guten “alten” Kochplatten in Edelstahlmulde koche, ist das auch okay.

    Bei mir sind Kochfeld, Herd, Kühlschrank, Dunstabzug von Siemens und Spülmaschine von Miele – bisher funktioniert alles einwandfrei.
    Aber falls Ihre Kochfläche auch nur noch per “touch” gesteuert wird, lesen Sie in der Anleitung rechtzeitig nach, wie man die Kindersicherung wieder entsperrt ;-) berührt man nämlich zuviele Bedienflächen gleichzeitig, wird die gerne mal aktiviert. Viel Freude mit der neuen Küche.

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