Journal Freitag, 10. Oktober 2014 – Landhausgeburtstag

Samstag, 11. Oktober 2014 um 18:07

Als ich Bahnverbindungen zu Mutters Geburtstagfeier recherchierte, stieß ich bereits auf Hindernisse: Baustelle auf der Strecke, Schienenersatzverkehr. Ich meldete mich also schon anderthalb Stunden vor vertragsgemäßem Arbeitsende ab, um lediglich eine halbe Stunde zu spät zum Fest in der Antonuisschwaige zu kommen.

Da die Busse von Petershausen nach Ingolstadt völlig überlastet waren, dauerte die Reise von München an den Rand von Ingolstadt (S-Bahn, Bus, Taxi) dann aber fast drei Stunden: Als ich mit dem Mitbewohner eintraf, saß die Festgemeinde bereits über der Hauptspeise. Ich wollte niemanden beim Essen stören und mich unauffällig setzen, doch mein Vater mahnte mich zu einer Begrüßung der alten Freunde des Hauses (wie sieht da wohl das offizielle gute Benehmen aus?). Also machte ich eine Runde und knutschte und umarmte mich durch einen großen Teil der Gesellschaft.

Zu Essen gab es ein Spanferkel vom Grill mit traditionellen Beilagen, das köstlich war.

Wie bei solchen Feiern im Freundeskreis meiner Eltern üblich, gab es Einlagen: Die Bruderfamilie samt dreier Kinder musizierte aufs Niedlichste einzeln (Geige, Gitarre, Klavier und Gesang) und zusammen (“Mama mia” umgedichtet), die Clique (falls Sie sich gefragt hatten, wo dieses Wort geblieben ist: hier) führte eine bedichtete Hutmodenschau auf. Zwei Freundinnn aus dem Kreis der spanisch Eingeheirateten schilderten mit einem Gedichtl aufgehängt an der Rotkäppchengeschichte, wie wenig das Großmutterbild des Märchens auf die Großmutter von heute passt, schon gar nicht auf meine Mutter.

Ich unterhielt mich mal hier mal dort und war wieder ehrlich begeistert, dass nicht nur eine und nicht nur einer aus dieser Alterklasse mit über 70 besser als jemals in ihrem Leben aussieht. Dass alle ohne materielle Sorgen leben und fast keiner mit ernsten Gesundheitsproblemen kämpft, hilft natürlich.

Dank der Tipps von Twitterinnen war selbst ich dem Motto “Landhaus” angemessen gekleidet (eine Freundin des Hauses, Marianne, erzählte mir, dass sie sich das Dirndl ihrer Tochter ausgeliehen hatte – es ist also keineswegs so, dass Landhauserei bei den anderen zur Standardausstattung gehörte).

In der Nacht erwischte mich leider die Migräne, erst um 10 Uhr stand ich aufrecht genug, um den herbstlichen Ausblick aus dem Elternhaus zu genießen.

§

Daniela Strigl, die beste und beliebteste Jurorin des Bachmannpreises, ist von ihrem Posten zurückgetreten, aus nachvollziehbaren Gründen.

Auf der Frankfurter Buchmesse (ob ich in diesem Leben nochmal auf eine Buchmesse komme?) wurde dagegen protestiert.
Unter anderem mit Sonetten.
“Gerechtigkeit für Daniela Strigl!”

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Gedanken zu wissenschaftlichen Konferenzen von einer, die eine Menge davon gesehen hat (na kommSe, Sie hatten Mary Beard doch auch schon hier vermisst).
“Laugh-in”.

die Kaltmamsell

7 Kommentare zu „Journal Freitag, 10. Oktober 2014 – Landhausgeburtstag“

  1. Trulla meint:

    Nicht schlecht, dieser Aufzug. Sozusagen aufgebrezelt. Und sehr schön die Farbwahl Rot/Schwarz – die Farben der Anarchie – war ein kleiner Hintergedanke dabei?
    Ich denke, nicht nur Ihre Mutter war erfreut.

  2. Maphisti meint:

    Fesch schaun’s her, kann man so soag’n!

  3. Trippmadam meint:

    Warum sollten Sie nicht noch einmal auf eine Buchmesse kommen? Um mit der Frau Rat Goethe zu sprechen: Der Weg dahin hängt ja aneinander und ist kein Abgrund dazwischen.

    Sie müssten natürlich den Main überwinden, aber dabei müssten Sie nicht einmal durchs Wasser wie seinerzeit die Franken, denn inzwischen haben wir Brücken.

  4. Trolleira meint:

    Oh, coole Idee, der Rock und die Schürze, das werd ich mal in mein Landhausrepertoire aufnehmen! Ich vermisse solche Familienfeiern, da bin ich leider viel zu weit weg, um regelmässig teilnehmen zu können.

  5. Philine meint:

    Wenn Sie im nächsten Jahr auf die Buchmesse fahren, melden Sie sich doch bei mir, dann bekommen Sie eine Eintrittskarte spendiert.

  6. engl meint:

    tolle brezel, quasi aufgebrezelt. (sagt man so bei euch da unten?)

  7. ilse meint:

    Als ich das halberte Dirndl sah entfuhr mir ein mentales “Nein – oder?”.
    Was machen wir nicht alles für unsere Mütter.
    Aber die Breze steht dir gut.

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