Wunderwelt der Wörter

Freitag, 4. Januar 2008 um 9:43

Beim weihnachtlichem Schwiegerbesuch gelernt:
Posamentennäherin: Schwiegermutter erzählte von einer früheren Nachbarin, die diesen Beruf ausübte, also für einen örtlichen Raumausstatter Textilverzierungen herstellte, darunter Fransen, Kordeln, Quasten und → Schabracken.
Schabracke: Zur Erklärung zeigte die Schwiegermutter an den Fenstersturz, denn so wurde die schmückende Blende über der Vorhangleiste genannt, als sie noch zu einer angemessen bürgerlichen Wohnungsausstattung gehörte. (Hier Weiterführendes.) Wo der Bezug zur heutigen Verwendung als Bezeichnung für eine abstoßende alte Frau kommt, habe ich nicht herausgefunden.

In meiner – trotz aller Ausrutscher – Lieblingszeitung:
Christbaumkugelschrift einer 14-Jährigen: Ich wusste sofort, was Andreas Bernard meinte. Und endlich eröffnet sich ein Bereich der Graphologie, der mich tatsächlich interessiert: Wie kommt es, dass diese Schrift ein überzeitliches Phänomen ist? Erscheinungen wie die Wiedererkennbarkeit nationaler Handschriften erkläre ich mir mit lehrplaninhärenten und national einheitlichen Methoden des Schreibunterrichts; doch obwohl meiner Beobachtung nach die Schreibfertigkeit in den vergangenen 50 Jahren in Deutschland mit sehr unterschiedlichen Methoden vermittelt wurde, bleibt die Christbaumkugelschrift. Wer könnte sich um eine Erklärung kümmern? Ein Psychosoziologe? Eine Ethnologin?

Dann noch aus der der Abteilung „Risikometaphern“:
“Da machen die 100 den Kohl nun auch nicht fett“ ist ein eher ekliger Kommentar zum gestiegenen Rohölpreis.

die Kaltmamsell

7 Kommentare zu „Wunderwelt der Wörter“

  1. Mittelbayer meint:

    Auch interessant: Schabrackentapir. Mehr im Lexikon oder bei Wikipedia.

  2. Milla meint:

    Liebe Frau Kaltmamsell,

    wie schön, dass Sie gut ins neue Jahr gekommen sind und uns direkt mit mancherlei interessanten Dingen erfreuen. Posamenten sind ein völlig zu Unrecht unterschätztes Einrichtungsaccesoire, ich empfehle bei Gelegenheit einmal einen Besuch der sächsischen Posamentenfabrik in Annaberg-Buchholz. Dies betrifft nicht nur die Erzeugnisse der Produktion, sondern auch eine Besichtigung des Maschinenparks (sehr frühes Manchester) lohnen.
    Als in der Wolle gefärbter Nordrhein-Westfale reklamiere ich die Verwendung des Wortes “Schabracke” als ursprünglich dem Ruhrgebietsch zugehörig und verweise auf diesen Link (ich hoffe, ich darf) http://www.ruhrgebietssprache.de/glossar.html.
    Mit den besten Grüßen
    Milla

  3. sofastar meint:

    naja, der bezug zwischen der schabracke, der man auf der straße begegnet, und derjenigen, die man zu hause an der decke hängen hat (und ich hoffe inständigst, dass sich das bei den werten leserchens unterscheidet!) ergibt sich wahrscheinlich eben daraus, dass die “alte schabracke”, wie man ja so sagt, eben alt und abgetakelt, verstaubt, farblos, was weiß ich was, einfach nicht mehr schön anzusehen, ist… vielleicht…

  4. isabo meint:

    [Wild guess] Ich nehme an, dass die Schabracke den Umweg über das Pferd genommen hat; eine Schabracke ist nämlich auch eine Satteldecke, und bezeichnet vermutlich auf diesem Weg auch ein altes Pferd. Und dann vom alten Pferd die alte Frau. Oder so. [/Wild guess]

  5. isabo meint:

    Alte Regel: nachgucken, nicht raten. Der Herkunftsduden meint:
    … Die ugs. Bedeutungen “alte, abgenutzte Sache” und “alte [hässliche] Frau” gehen wohl auf die übertragene Bedeutung von “Schabracke” im Sinne von “Kleidung, Rock” zurück.

  6. nevesita meint:

    Zum Thema Christbaumkugelschrift möchte ich anmerken, dass Kinder nicht nur von Erwachsenen lernen sondern auch von anderen Kindern. So gibt es zum Beispiel Spiele, die unter Kindern tradiert werden, wie diese Sing-Sang-Klatschspiele. Ich würde nun vermuten, dass jene Christbaumkugelschrift unter heranwachsenden Mädchen weitergereicht wird und deshalb ein zeitübergreifendes Phänomen ist.

  7. beh meint:

    Lustig: wenn man ein Exemplar der Besagten mal sehen moechte, schlaegt Fa. G*gle exakt vier Stellen vor (plus Ausgeklammertes). Hier und dort, und zwei andere. Mit Bildern ist natuerlich komplett essig. “Bauchig” heisst es dort, naja, gut, denk’ ich mir was bauchig Geschriebenes…

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