Nochmal Steuern

Mittwoch, 20. Februar 2008 um 8:34

Ausführlicher, in wohler gesetzen Worten und mit anderern europäischen Ländern verglichen: Volkswirtschaftler Peter Bofinger denkt sich zum deutschen Steuerzahlverhältnis Ähnliches wie ich und schreibt darüber in der heutigen Süddeutschen Zeitung.

Unter anderem fordert Bofinger dazu auf

objektiv über Abgabenbelastung und den Umfang der Staatstätigkeit zu berichten. Dann würde deutlich, dass die Steuerquote in Deutschland, also die Steuereinnahmen in Relation zum Bruttoinlandsprodukt, extrem niedrig ist. In der EU nimmt der Staat nur in der Slowakei, in Polen und in Griechenland weniger Steuern als bei uns. Relativ hoch ist aber die Belastung mit Sozialabgaben. Die Abgabenquote, die neben den Steuereinnahmen auch die Sozialabgaben berücksichtigt, liegt aber deutlich unter dem Durchschnitt der 15 alten EU-Länder.
(…)
Für ein gesundes Verhältnis der Bürger zu ihrem Staat wäre es hilfreich, ihnen zu verdeutlichen, dass die Qualität der von ihnen bezogenen öffentlichen Leistungen (Bildung, Sicherheit, Kultur, Umweltschutz, Straßen) davon bestimmt wird, wie viel Geld sie ihm dafür zur Verfügung stellen.

Vielleicht hilft ja der derzeitige Steuerhinterziehungsskandal dem Steuerzahlen an sich zu einem besseren Ruf.

die Kaltmamsell

10 Kommentare zu „Nochmal Steuern“

  1. Tim meint:

    Diese Allgemeinbetrachtet ändert nichts an der realen Belastung, die sehr unterschiedlich ist. Für Spitzenverdiener vergleichsweise relativ hoch (kann man drüber streiten), mittlere Einkommen tragen den Hauptteil der Steuerlast, Geringverdiener werden kaum zur Kasse gebeten.

  2. walküre meint:

    “Für ein gesundes Verhältnis der Bürger zu ihrem Staat wäre es hilfreich, ihnen zu verdeutlichen, dass die Qualität der von ihnen bezogenen öffentlichen Leistungen (Bildung, Sicherheit, Kultur, Umweltschutz, Straßen) davon bestimmt wird, wie viel Geld sie ihm dafür zur Verfügung stellen.”

    Völlig richtig erkannt. Das setzt allerdings auch voraus, dass ebendiese Bürger erfahren, welche Gelder wofür aufgewendet werden. Wir werden allerdings allesamt diese Offenheit wahrscheinlich nicht mehr erleben, weil zu viele korrupte Politiker, die per Erhalten einer relevanten Position augenblicklich ihre eigentliche Aufgabe, nämlich ihre Wähler zu vertreten, vergessen, kein Interesse an einer Transparenz in Budgetfragen hegen.

  3. cdv! meint:

    Hatte ich neulich schon so kommentiert, muss allerdings walküre auch Recht geben. Da liegt noch einiges im Argen.

  4. sarak meint:

    Die Regierungsbudgets werden jährlich veröffentlicht ( und so ein Budgetplan ist ganz schön detailliert), im Parlament diskutiert und von jedem Bürger einsehbar. Sie können die Haushaltspläne sogar in toto oder nach Sachgebieten als Normalbürger beim wissenschaftlichen Dienst des Landesparlamentes oder im Bundestag bestellen.

    Auch die Rechnungshofberichte können Sie sich kostenlos ins Haus bestellen, als Staatsbürger.

    Um die Haushalte zu lesen braucht es einigen Sachverstand, aber den brauchts für eine UNternehmensbilanz auch, dei Rechnungshofberichte lesen sich hingegen Feierabendlektüremäßig.

    Beschäftigt man sich mit dem einen oder anderen Thema mal genauer, fällt das undifferenzierte Staatsbashing meistens aus.

    Ich finde die Steuerprogression übrigens außerordentlich gerecht. Ich hebe durch meine kostenlose und sehr gute Ausbildung (und noch vieles mehr) im ersten Drittel meines Lebens sehr profitiert und diesen Standortvorteil gebe ich jetzt an andere weiter.

    Bofinger hat recht. Mit der staatlichen Unterfinanzierung machen wir uns unseren usp kaputt, weil wir eine Markenware verramschen lassen.

  5. die Kaltmamsell meint:

    Offentliche Gelder werden in Deutschland sehr transparent vergeben, über jeden Euro muss Rechenschaft abgelegt werden; man muss allerdings nachschauen oder zuhören. Wenn ich an die öffentlichen Bauausschuss-Sitzungen denke, die ich als Lokaljournalistin besucht habe – ich kann mich nicht erinnern, dass die ein Publikumsmagnet gewesen wären.
    Wer bescheißen will, wird das natürlich tun; es gibt ja immer wieder Bestechungsskandale. Aber hier soll es ja um legales Verhalten gehen.

  6. die Kaltmamsell meint:

    Danke, sarak, unsere Kommentare haben sich überschnitten.

  7. Hande meint:

    Ja, man soll im Rahmen der Gesetze bleiben, auch bei den Steuern. Das soll nicht dran hindern, sie als ungerecht zu empfinden und sie ändern zu wollen (mit meiner Stimme). Und auch alle Begünstigungen auszunutzen, den dieser Staat mir anbietet. Aber wenn der Staat von uns kein “Biegen” und absoluter Legalität verlangt, darf er das selber tun? Ist es nicht vergleichbar mit “staatlicher Folter (durch Polizei oder Militär) um Terroristen zu verhindern”?

  8. walküre meint:

    Ich lebe aber in Österreich, nicht in Deutschland. Und seien wir ehrlich: Sooo kompliziert sind auch buchhalterische Sachverhalte nicht zu lesen – es sei denn, man zielt darauf ab, sie durch entsprechende Ausdrücke unleserlich zu gestalten, was für mein Dafürhalten häufig geschieht. Die Zahlen sprechen eine Sprache, die Begriffe eine andere, und mit dieser Diskrepanz wird viel Unfug getrieben.

  9. principe meint:

    dass die steuerlast in deutschland zu hoch ist, ist seit langer zeit ein märchen, zumal wenn man schaut was für gegenleistungen man für seine zahlungen bekommt… wem nützt denn ein unterfinanzierter staat? ich kann diese propaganda echt nicht mehr hören.

    bei der sozialversicherung schaut es anders aus. die beiträge sind sehr hoch und werden nur von einem teil der bevölkerung aufgebracht und man bekommt keine gegenleistung; die eingezahlten beträge werden gerade von omi auf mallorca verfrühstückt

  10. sarak meint:

    Ich erlaube mir ein Zitat von Michael Hartmann (Elite und Macht in Europa, Campus Verlag) aus dem Interview im Tagesspiegel vom 23.02:

    Zehn Prozent der Deutschen zahlen 50 Prozent der Steuern, aber sie verdienen auch rund 40 Prozent der Einkommen. Entscheidend ist der Unterschied zwischen den versteuerten Vermögenserträgen und den tatsächlichen Vermögenserträgen. Da wird einem ganz schwindlig. Die reichsten zehn Prozent haben Einnahmen von rund 100 Milliarden Euro, versteuern aber nur Erträge von 20 Milliarden. Die Steuerprüfung operiert da nur auf bescheidenem Niveau. Ihr ist ja nicht mal aufgefallen, dass Klaus Zumwinkel mit seinen Angaben zeitweise unter dem Sparerfreibetrag lag.

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