Schwimmen
Sonntag, 22. Februar 2004 um 16:14Nach über zweijähriger Abstinenz war ich heute Schwimmen.
Ergebnisse:
– Brustschwimmen gehört immer noch zu den Bewegungsformen, die mich nicht zu ermüden scheinen. Ich bin gut 1.600 Meter zu Brust spazieren geschwommen, und habe – wie schon früher – nur deshalb aufgehört, weil mir langweilig wurde.
– Der 50er-Jahre Badeanzug (siehe Foto), original und doch fabrikneu bei Ebay ersteigert, taugt halbwegs zum Schwimmen. Ich hatte ihn eigentlich vergangenen August für den Strand von Brighton gekauft, mir meinen original südenglischen Sonnenbrand dann aber doch lieber auf einem Deckchair und beim Wandern geholt. Angesichts des Low-Tech-Materials hatte ich befürchtet, dass mir das Ding nach Kontakt mit Wasser zentnerschwer um die Knie baumeln würde.
– Schwimmbrillen sind auf meinen Augenhöhlen entweder nicht wasserdicht, oder ich muss sie so eng schnüren, dass ich davon Kopfweh bekomme. Ich entschied mich heute für Kopfweh und rote Augenringe.
– Die Zusammensetzung der Menschen, die sich im Schwimmbecken eines Familienbades aufhalten, besteht weiterhin zu 30 Prozent aus Nichtschwimmern. Ein Drittel davon WILL nicht schwimmen und beweist durch Vorwärtskommen scheinbar ohne jede Bewegung, dass es auch in Schwimmbecken Strömung gibt. Das letzte Drittel KANN nicht schwimmen – weiß das aber nicht. Der Anblick unter Wasser (wofür trage ich schließlich eine Schwimmbrille) ist herzerweichend: Ohne Koordination schlagen und baumeln Beine im Wasser, wühlen Arme vor sich hin; ich bewundere den Mut dieser Leute, sich überhaupt vom Rand eines Beckens zu entfernen, in dem sie nicht stehen könnten. Richtig gefährlich wiederum sind die Nichtschwimmer, die Kraul als Bewegungsform wählen.
Nicht angetroffen habe ich zwei weitere Erscheinungen, die ich in Schwimmbädern zu hassen gelernt habe:
1. Formationsschwimmer: Setzen sich aus mindestens drei bewegungsarmen Schwimmern im Rentneralter zusammen, die nicht nur nicht schwimmen, sondern dabei auch in Gespräche vertieft sind. Das Umschwimmen dieser Formationen kann eine Bahn um mehr als 20 Prozent verlängern.
2. Knutschbojen: Ineinander verschlungene Pärchen, die selbstvergessen am Beckenrand hängen und mir damit Platz für schwungvolles Wenden wegnehmen.
– Ich hatte bereits vergessen, wie gut es sich an einem Sonntag anfühlt, bereits vor Mittag etwas erlebt zu haben.
Schwimmen konnte ich schon früh; ich habe es immer geliebt, mich im Wasser so leicht zu fühlen. Sonntagvormittags ist mein Vater oft mit meinem Bruder und mir ins Hallenbad gegangen, meine Mutter war nur manchmal dabei. (Beim Haarefönen im Keller des Hallenbades gab es immer Kakao aus dem Automaten – hmm!) Ich vergnügte mich lediglich im Wasser, während mein Vater es lieber gesehen hätte, wenn ich wie er Bahnen gezogen hätte. Am Schwimmen als Sport fand ich aber erst mit etwa 16 Jahren Gefallen, ausschließlich Brust. Später als Studentin war ich viele Jahre lang mindestens zweimal die Woche beim Schwimmen; immer Donnerstag am späten Nachmittag und Sonntagmorgens, da das Schwimmbad meiner Wahl einen „Hubboden“ hatte, der nur an diesen beiden Terminen gesenkt war.
Während meines Studienjahres in Wales ging ich mindestens jeden zweiten Tag. Selbst als ich nach meiner Rückkehr das Schwimmen durch immer exzessiveres Aerobic ersetzte, genoss ich von Zeit zu Zeit das fast schwerelose Gleiten durchs Wasser, das langsame, kräftige und rhythmische Atmen, mit dem ich oft meine Gedanken sortieren konnte.
Mal sehen, ob ich wieder am Schwimmen Freude finde. Uncool genug wäre es schon mal.
die Kaltmamsell15 Kommentare zu „Schwimmen“
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22. Februar 2004 um 17:19
der anzug ist sehr fesch!!
22. Februar 2004 um 17:20
Esther Williams or what!
22. Februar 2004 um 23:22
das schlimmste an münchens schwimmbädern sind die unmengen völlig übergewichtiger kinder. aber der anzug ist wirklich cool.
23. Februar 2004 um 12:39
oh! ich brauche auch einen solchen badeanzug! oh! aber unbedingt! (und falls ich keinen finde werde ich dich leider verfluchen müssen)
23. Februar 2004 um 3:28
Hmm, leerer Badeanzug, sehr spannend. Können wir den auch mal voll sehen? Bitte, bitte!
23. Februar 2004 um 7:59
Gerhard: Glaub mir, das willst Du nicht sehen.
Brigitte, obwohl ich weiß, dass in die Schweiz das Porto immer so schrecklich hoch ist: Schau bei Ebay rein, bei den Klamotten in der Kategorie "Mode nach Jahrzehnten". Und erwarte nicht, dass so ein Monster wirklich bequem ist (Gummibündchen an den Beinen…).
Und Bjoern, mit den dicken Kindern habe ich gestern auch gehadert – mich dann aber beim Schimpfen zurückgehalten, weil die sich bei dieser Gelegenheit wenigstens mal mit Freude bewegen.
23. Februar 2004 um 9:06
Es gibt keine dichten Schwimmbrillen…
23. Februar 2004 um 9:53
Schwimmen war ich nicht mehr, seit ich meine stylishen Fila-Latschen bei einem Freund liegen gelassen (und etwa zeitgleich das monotone Walken auf dem Laufband entdeckt) habe. Dann dachte ich mir neulich, als es beim Plus welche für 2,99 gab: Ach, Zweitlatschen schaden nicht, kann man auch mal dem Besuch anbieten. Leider sind das welche von der Sorte, auf denen »Sport« steht und die in der Sauna giftige Dämpfe abgeben. Bin noch am Überlegen, ob ich damit losziehen kann. Geht wahrscheinlich nicht mehr als ironisch durch. Am Wochenende hole ich mir die Filas wieder, dann lege ich erst mal Run DMC auf.
Badeanzug: astschocke.
23. Februar 2004 um 12:53
Ohja, ich ging auch immer mit meinem Vater schwimmen und danach gabs Pommes-frites im Hallenbad-Restaurant.
23. Februar 2004 um 21:08
Wir mussten jedes Mal in ein anderes Hallenbad (was in der Großstadt ja nicht so schlimm ist), weil mein Vater und ein Freund mit uns dann fünf Kindern immer eine Familienkarte verlangt haben. In mehr als 80% der Fälle war die Kassiererin (komisch, damals gab es zwar nur Bademeister, aber an den Kassen saßen immer Frauen) dermaßen perplex, dass sie anstandslos die eine Familienkarte für alle rausgerückt hat. Nur beim Rausgehen sah man, dass sie kurz Atem holte, als wollte sie was sagen.
Von dem Geld, das wir gespart hatten, gab es Süßigkeiten. Das war immer das einzige Mal überhaupt, dass es bei uns Süßigkeiten gab.
24. Februar 2004 um 7:25
S’war schon hart, nach dem Krieg (Süüüüüßigkeiten! Davon konnte ich bei meiner diätbesessenen Mutter nur träumen!!!).
Aber an der Kasse sitzen seltsamerweise auch heute Frauen. Der Bademeister war am Sonntag natürlich ein Mann, so weit war die Welt in Ordnung. Allerdings trug er nicht das einem Bademeister angemessene Weiß, sondern Trainigsklamotten in Türkis und Blau – die Logo-Farben der Münchener Stadtwerke. Das geht ja wohl ü-ber-haupt nicht.
24. Februar 2004 um 10:10
Ich würde viel lieber schwimmen gehen, wenn´s endlich eine Frauenquote für HallenBaywatcher geben würde und die Kleiderordnung sich mehr am Original orientieren würde.
Direkt nach dem Krieg gab´s bei uns als Schwimmbadfrühstück Brot mit Ei, hmmm, war das lecker.
Kaltmamsell: Welchen Krieg meinst DU eigentlich?
24. Februar 2004 um 10:37
Ich versuche ja schon, den Badeanzug auf den Avatar zu montieren :-)
13. Mai 2010 um 23:58
Hey, ich scheuch dich durchs Wasser und nach 10 x 100m Brust Sprint haste auch Muskelkater hehe
14. Mai 2011 um 11:00
Erfischend sind auch die Rentner-Nicht-Schwimmer, die meinen, es sei ihr verbrieftes Recht, eine bestimmte Bahn mit ihrem Rückenschwimm-lookalike-Geruder (das eher einem sezierten Frosch im Todeskampf ähnelt) zu belegen, weil das ja schon immer so war, oder etwa nicht?
Oder die Besten Freundinnen, die komplett angemalt mit frisiertem Haar und Köpfchen aus dem Wasser nebeneinander herschleichen und sich lautstark über Jan´s Neue unterhalten. Schön ist, wenn ihnen dann die Bugwelle eines Schwimmers entgegenschlägt und sie mal eben kurz zum Rand schwimmen müssen, um sich zu versichern, das auch nichts verlaufen ist.