Issue Management bei Medien
Freitag, 20. März 2009 um 11:07Ich frage mich ja schon, ob deutsche Medien zum Thema „Krise“ nicht derzeit ihr Pulver verschießen. Jetzt macht das SZ-Magazin ein Sonderheft, in dem Menschen nach den Auswirkungen der „Krise“1 auf ihr Leben befragt werden. Ein Boutiquenbesitzer hat festgestellt, dass im Herbst die Russen nicht gekommen sind, eine alleinerziehende, arbeitlose Mutter sagt aus, dass sie eh nichts hat und sie deswegen keine Angst hat, dass ihr etwas genommen werden könnte, ein Textilreiniger mutmaßt, dass irgendwann die Leute ihre Hemden vielleicht lieber selber bügeln, eine Werberin konnte sogar Kunden gewinnen – kurz: Bislang hatte die Krise keine Auswirkungen. Kein Wunder, denn selbst die meisten Kurzarbeiter sahen erstmals finanzielle Konsequenzen, als sie ihr Februargehalt überwiesen bekamen.
Aber es gibt bereits ein SZ-Magazin dazu, in allen Zeitungen laufen Serien zu den Folgen der Krise für die Verbraucher, jeden Abend zeigt mir irgendeine Nachrichtensendung im Fernsehen Stellungnahmen von Einkäufern auf offensichtlich suggestive Fragen.
Was bleibt dann noch, sollten sich tatsächlich Schlangen vor Suppenküchen bilden? Wenn Familien auf der Straße stehen, weil sie die Raten fürs Häuschen nicht mehr zahlen können? Besteht nicht die Gefahr, dass dann die Aufmerksamkeit der Leser und Zuseher bereits abgestumpft ist, weil sie die Berichterstattung unter „tägliche Krisenmühle“ abspeichern und nicht mitbekommen, wenn es wirklich schlimm wird?
- Tut mir leid, das Wort ist derart zum thematischen Selbstläufer geworden, anscheinend als Synonym für alles, was wirtschafltich negativ ist, dass ich es nur als Zitat verwenden mag. [↩]
8 Kommentare zu „Issue Management bei Medien“
Sie möchten gerne einen Kommentar hinterlassen, scheuen aber die Mühe einer Formulierung? Dann nutzen Sie doch den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein, Sternchen darüber und darunter kennzeichnen den Text als KOMMENTAROMAT-generiert. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken.
20. März 2009 um 11:20
Mein SZ-Magazin-Aufreger-des-Tages, war ja ein anderer Punkt. Schauen Sie sich mal die Werbeanzeigen an…
20. März 2009 um 11:35
– Verlag
– Fernsehsender
– Radiosender
– Modehersteller
– Schuhersteller
– Computerspiel
– Stereoanlagenhersteller
– Möbelhaus
– Monitorhersteller
– Süddeutsche-Eigenanzeige
– Möbelhersteller
– Kosmetikfirma
– Küchenkaufhaus
– Elektronikmarkt
– Möbelhaus
Haben Sie sich aufgeregt, Helga, weil keine einzige Bank dabei ist? Oder weil die Anzeigen so spärlich sind?
20. März 2009 um 11:45
Es geht um das Computerspiel.
20. März 2009 um 11:54
Ah – dann fehlt mir die entscheidende Hintergrundinformation.
20. März 2009 um 12:12
Allmählich gehe ich davon aus, dass diese allmähliche Abstumpfung politisch durchaus erwünscht ist.
20. März 2009 um 15:25
Au ja, stimmt, es war Grand Theft Auto, eins der fiesen Leute-Umfahr- und Ballerspiele. Da habe ich heute früh auf dem Klo auch ein bisschen darüber nachgegrübelt.
Aber man sollte es den Zeitungen nachsehen, denn sie haben endlich mal was neues zu berichten. Anstatt die Conspicuous Consumption zu füttern, wie in den Vorjahren dürfen die Lifestyle-Redaktionen sich jetzt schlaue Ideen zum Sparen und frugalen Leben ausdenken. In den englischen Zeitungen kommen die Gartenredakteure jetzt ganz groß raus mit ihren Selberanbau-Tips (obwohl man ehrlich sagen muss, dass der Gemüseanbau als Trend jetzt schon seit zwei, drei Jahren boomt); in Amerika greift jetzt sogar Frau Obama zur Schaufel und gräbt den langweiligen Rasen um.
20. März 2009 um 15:38
@Karan
Ich bin mir da mittlerweile sogar sehr sicher!
20. März 2009 um 16:09
Na, da könnte man doch mal bei langjährig trainierten ALGII Leistungsbezieherinnen mit zwei Kindern Schreibaufträge vergeben. Die wissen wenigstens wovon sie dann schreiben.