Journal Dienstag, 23. Januar 2018 – Unpolnischer Abschied

Mittwoch, 24. Januar 2018 um 6:49

Den Blick auf Tram und Bahnhof vom zweiten Stock aus beim Strampeln auf dem Crosstrainer werde ich vermissen.

Eigentlich habe ich meine Abgänge am liebsten polnisch.1 Und gestern war die allerletzte Langhantelstunde an diesem Ort und mit dieser Vorturnerin. Doch im Kopf hatte ich seit Wochen meine Abschiedsworte an die Vorturnerin formuliert, mit denen ich meinen Dank und meinen Respekt ausdrücken wollte: Sie ist wirklich in Aufmerksamkeit, Fachkunde und Körper-akzeptierender Haltung ein Vorbild ihrer Art. Also keinen Polnischen, sondern echten Abschied. Kurz vor der Stunde zögerte ich plötzlich, ob ich mich damit nicht am Ende nur wichtig machen und in den Vordergrund schieben wollte. Ich rang mich dann zu dem gegenteiligen Argument durch: Nimm dich selbst nicht so wichtig, gib ihr positives Feedback und Lob – das freut Menschen.
Ich glaube, sie freute sich sehr.

Dann nochmal Hot Iron 2 gehoben und hingelegt, mitten im abschließenden Dehnen aufgeräumt (um rechtzeitig zu meinem 9-Uhr-Termin zu kommen) und mit einem Hat Tip Richtung Vorturnerin gegangen.

Beim Betreten des Sportstudios hatte ich bereits meinen Datenschlüssel für die Kraftgeräte abgegeben, vor dem Gehen umarmte ich in der Umkleide ein paar Mitturnerinnen: “Man sieht sich immer zweimal.”

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Nächsten Dienstag ist zwar noch Januar, und es findet erst dann die letzte Langhantelstunde am Morgen statt, bevor das Studio zum 1. Februar schließt, aber da bin ich noch in Berlin. Weil dort am Abend des Montags, 29. Januar, die Goldenen Blogger verliehen werden: Kommen Sie? Sie müssten sich nur hier rechts anmelden. Es geht um 19 Uhr los und ist vor Ort sicher interessanter als im Live-Stream.

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“Von wegen Mobilitätswende: SUV-Boom ungebrochen”.

via @Buddenbohm

Ich freute mich, dass anfangs Autozeitschriften dagegenhielten. Sie belegten in unzähligen Vergleichstests, dass dicke Geländewagen gegenüber klassischen Kombis fast nur Nachteile haben: weniger Platz, schlechtere Fahreigenschaften, teurer in Anschaffung und Unterhalt. Hinzu kommt natürlich der überproportionale Spritverbrauch.

(…)

wenn alle hoch sitzen, sieht niemand besser

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https://youtu.be/z8qo-uiAq58

Allerdings wird meine Angst vor eigenen Wahrnehmungsfiltern immer größer: Klar sehe ich Belege für meine Werte und Einstellungen schneller und deutlicher als Aussagen, die ihnen widersprechen. Sollte es also da draußen ein Nest von Expertisen und Kommentaren geben, die den Nutzen von SUVs belegen (oder wenn wir schon mal dabei sind: die des privaten Individualverkehrs per Auto), bitte ich um Hinweise.

  1. Tatsächlich träume ich davon, mich in eine Wolke unauffälligen hellgrauen Rauchs aufzulösen, aber dafür habe ich noch keine Technik gefunden. []
die Kaltmamsell

16 Kommentare zu „Journal Dienstag, 23. Januar 2018 – Unpolnischer Abschied“

  1. Biki meint:

    SUV’s finde ich auch unnötig. Die können einfach zu wenig für die Aufwendungen, die sie verschlingen.

    Allerdings: “oder wenn wir schon mal dabei sind: die des privaten Individualverkehrs per Auto”
    Sie wohnen nicht wirklich ländlich, richtig?
    Und haben auch keinen Beruf, für den Sie an mehrere Standorte, großzügig verteilt auf dem Land, kommen müssen?
    Und Sie sind halbwegs gut zu Fuß, sodass ein Weg zu einer Öffi-Haltestelle laufbar ist?

    Über eine tatsächlich taugliche Lösung würde ich mich wirklich freuen. Bis dahin nutze ich meinen sparsamen kleinen Diesel (huch, ich habe das böse Wort gesagt)

  2. donauKWelle meint:

    Das ist ja interessant, diese Art des sich (nicht) Verabschiedens wird hier im Südwesten als “französischer Abgang” bezeichnet.
    Wikipedia sagt, dass es auch noch eine holländische Variante gibt, je nach geographischer Lage. https://de.m.wikipedia.org/wiki/Sich_auf_französisch_empfehlen

  3. die Kaltmamsell meint:

    Genau, Biki, all das trifft weder auf mich noch auf Millionen anderer Verkehrsteilnehmerinnen zu: Warum sollten die alle ein eigenes Auto haben? In dem 16-Parteien-Haus, in dem ich mitten in München wohne, sind wir die einzigen ohne Auto.

  4. Madame Graphisme meint:

    Der Datenschlüssel hat mich gerade tief beeindruckt!
    So etwas Tolles gibt’s bei uns im Gym nicht und ich bin voll des Neides.

    @Biki: Genau. Zweimal täglich ein Bus ist keine Mobilität. Auf dem Land aber leider Realität. Eine chronisch kranke Freundin ohne Auto musste einmal auf der Straße übernachten, weil sie sonst den Arzttermin in der nächsten Kleinstadt nicht geschafft hätte. Der Bus fuhr morgens zu spät.

  5. die Kaltmamsell meint:

    Ich sehe einen deutlichen Unterschied, Madame Graphisme, zwischen “Manche brauchen ein eigenes Auto” und “Alle sollten ein eigenes Auto haben”.

  6. Tine meint:

    zum polnischen Abgang: auf Französisch heißt er “filer à l’anglaise”, also auf englisch gehen. Und auf Englisch: to take a french leave

  7. Tim meint:

    Reden wir nun von Autos generell? Über den Sinn oder Unsinn von Autos ist genug gesagt worden. Mir ist nicht ganz klar was was radikale Änderungen in Deutschland bewirken sollen, außer Mehrkosten für Infrastrukturänderungen, wenn man dagegen z.B. die USA sieht, die ich 6-7 mal im Jahr dienstlich bereisen muss. Mit deutschen Augen der helle Wahnsinn, in großen Städten praktisch 24h rush-hour, fast ohne Nahverkehr und 90% der Fahrer alleine in zu großen Autos, die minimal 130 PS haben, aber nur max. 110 km/h fahren dürfen. Da verpufft bei mir der gute Wille in wenigen Zehntelsekunden und ich rolle ohne Gewissensbisse vorzugsweise in einem Cadillac XT5 SUV (2t Gewicht, 3,6l V6, 300 PS, 15l/100 km) zu den Kunden über die Interstate.

    Was SUV im Speziellen betrifft. Aus dem Blickwinkel des “Form follows Funktion” kann man auch anderen Autos den Nutzen absprechen. Sportwagen mit zuviel PS und zuwenig Platz, zu 99,5% der Fahrzeit geschlossene Cabrios, Geländewagen für den Stadtcowboy, Oberklasselimusinen, denen der Chauffeur fehlt, usw.

    “SUV” als Symbol für den Mobilitätswahnsinn zu nehmen, hilft am Ende nur den Autokonzernen und lenkt von der Notwendigkeit neue Formen and Konzepte zu entwickeln und unseren Politikern die Politik zu Gunsten der Autolobby auszutreiben ab. Dennn “SUV” sind beliebt und steht mittlerweile selbst für Kleinwagen, wenn sie nur ein wenig höher gelegt sind und ein “Cross-Over-Design haben. Mit Straßenpanzern hat SUV das nichts mehr zu tun.

  8. Texas-Jim meint:

    Huch, der Artikel ist ja überaus einfach gestrickt.
    Er nennt durchaus ein paar Argumente der Käufer. Und im nächsten Satz nennt er sie pauschal Scheinargumente. Er nennt darüber hinaus ein Argument der Hersteller, die höhere Marge. Daraus wird dann ein Scheinargument “egoistischer Natur” – das für ein Unternehmen als verwerflich anzusehen, halte ich schon für ein starkes Stück. Böse Zungen könnten sagen, das fiele nur jemandem ein, der von erzwungenen Gebühren leben – und bis vor kurzem übrigens noch gratis <a href="http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/auftanken-bei-oeffentlich-rechtlichen-sendeanstalten-an-der-zapfsaeule-15175772.html"tanken – kann.
    Tja, und der Rest des Artikels sind abwertende Ausdrücke für die angesprochenen Autos: Pest, Schrank, und so weiter. Schade drum, die Argumente aller Seiten sind nämlich durchaus hörenswert.

    Ich finde die Motivation eines Unternehmens, das zu verkaufen, was der Kunde möchte, nicht verwerflich. Ich finde auch die Motivation des Kunden nicht verwerflich, aber durchaus fraglich, denn sie entspricht nicht meinem Gedanken an komfortables Fahren in der Stadt. Nun kann ich wie der Autor die Leute alle als doof darstellen oder mich fragen, was genau ich an der Realität der großen Autos in der Stadt noch nicht verstanden habe. Ein Kommentar darf ja gern eine eigene Meinung vertreten. Leider fehlt mir da die Lust am Verstehen.

  9. Madame Graphisme meint:

    @Texas-Jim: Die Argumente der Käufer sind aber nunmal auch objektiv betrachtet rein egoistisch. Es geht um die eigene, gefühlte Sicherheit. Und dass sich Menschen im Stadtverkehr plötzlich nur noch sicher fühlen, wenn sie drei Tonnen Hochbock-Blech pilotieren, wird einfach als Tatsache hingenommen. Dabei ist der Straßenverkehr in den letzten zehn Jahren (die ich mal völlig aus der Luft gegriffen als “rise of the SUV” ansetze) nicht unsicherer geworden, es besteht mithin keine Notwendigkeit für mehr individuelle Panzerung.
    @Kaltmamsell: Sicher, das Auto als ultimatives Recht kann man sehen, muss man nicht. Ich könnte meinen Beruf ohne Auto nicht ausüben, da der ÖPNV leider so unflexibel ist wie die Arbeitgeber, die kein Homeoffice ermöglichen. Ich würde das Pferd nicht vom Schwanz aufzäumen – statt dessen in Infrastruktur investieren und den deutschen Arbeitgebern mal zeigen, dass ihre Angestellten auch zu Hause nicht faul herumhängen sondern arbeiten können.

  10. Texas-Jim meint:

    Madame Graphisme, bei den egoistischen Motiven bin ich durchaus einig mit Ihnen. Ich gehe aus egoistischen Motiven laufen, und aus ebensolchen kaufe ich eigentlich vom Lebensmittel bis zur Reise alles, was irgendwie käuflich ist. Ich sehe egoistische Motive, etwas zu erwerben, also nicht direkt als schlecht an.
    Das Motiv des Sicherheitsgefühls halte ich wie Sie für eine Tatsache. Über die Notwendigkeit kann man sicher streiten, das würde ich aber nach einer Sammlung der Motive hintanstellen, wenn es nach mir ginge.

  11. Carom meint:

    Das ist alles Kleinkram, mir sind die popligen SUV schon längst zu klein – ich kaufe mir demnächst einen 7,5-Tonner mit Alukoffer (so heißt der Kasten hinten drauf) und bin alle Sorgen los:
    Sitzhöhe: Königlich.
    Sicherheit: Unschlagbar.
    Platzangebot: Großzügig.
    Laderaum: Riesig.

    Der Clou: In den Koffer kommt ein Fahrrad, dann kann ich den Wagen auch etwas entfernter parken und entspannt die paar Meter nach Hause radeln. Sogar ein Motorroller hätte Platz, dafür müsste ich den Aufpreis für die Hebebühne zahlen. Hmm…

    Und die Beschleunigung? Mir egal, man kommt ja eh nie wirklich schnell voran.

    Ich freue mich schon drauf, dann gucken die ganzen SUV-Proleten schön doof auf mein Blechhinterteil :)

  12. Joe meint:

    @Carom
    Ich bin gerade dabei mir einen RAM Truck aus den USA zu besorgen. In Berlin.

  13. Susanne meint:

    Wie Tim schon sagt, als “SUV” werden heutzutage auch Kleinwagen bezeichnet, in denen man höher sitzt. Niemand hat jemals etwas gegen den Golf Plus – der aufgrund der hohen Sitzposition und der besseren Übersicht besonders bei Senioren beliebt ist – gesagt. Zu keiner Zeit wurde Familien vorgeworfen, dass sie einen Van kaufen kaum dass das erste Kind zur Welt gekommen ist.

    Die SUVs, die aktuell diesen großen Anteil an Neuzulassungen ausmachen, sind keine Riesenpanzer mit großen Reifen und viel PS. Nein, das sind einfache Kompaktwagen mit höherer Sitzposition und ein paar optischen Merkmalen, um den Anschein von Geländegängigkeit zu erwecken. Wofür also diese Aufregung?

    Und zum Thema “eigenes Auto” möchte ich bemerken: Wir – Zweipersonenhaushalt – besitzen zwei Autos. Jedoch fahren wir beide täglich mit dem Rad zur Arbeit oder gehen bei starkem Regen oder Schneefall zu Fuß dorthin. Das zweite Auto ist unumstritten Luxus, war es aber nicht immer. Heutzutage stehen die beiden Autos die meiste Zeit in der Garage, weil wir die Möglichkeit haben, das meiste per Fahrrad zu erledigen. Ich denke nicht, dass es verwerflich ist, ein Auto zu besitzen. Das selbstverständliche Benutzen eines Autos ohne über Alternativen nachzudenken, ist das was sich ändern muss!

  14. Hauptschulblues meint:

    Ach Göttin. Die SUV-Verliebten.

  15. Antje meint:

    Es geht auch im ländlichen Raum, zumindest jede Std ein Bus und ein vertakteter ÖV, der Steuerzahler, d.h. wir, muss bereit sein das zu bezahlen wie hier in der CH.

  16. Ulrike meint:

    … nur einmal pro Stunde geht ein Bus? Huch – da frage ich mich grad, warum ich mich abends aufrege, wenn mein Bus nur noch 2x statt 4x stündlich fährt – und merke, wie gut ich es in der Stadt doch habe. Da gibt es einen halbwegs annehmbaren ÖPNV, der halt leider etwas teuer ist, da wo ich wohne. Dennoch wäre mit dem Auto zur Arbeit zu fahren, keine vernünftige Option. Denn das Parken wäre pro Monat für mich noch teurer als das Job-Ticket.

    Für mich gab es als Stadtmensch nur drei Vorteile eines SUV (gehört der Honda CRV eigentlich auch dazu?): Das bequeme Einsteigen wegen der höher gelegenen Sitze, die Kombination aus PS-Zahl und Anhängerkupplung zum Ziehen unseres Wohnwagens und der Allradantrieb, wenn Bodengrund und Steigung des Geländes mal wieder so waren, dass ein herkömmlicher Wagen dort kläglich versagen würde.

    Jetzt fahre ich einen Kleinwagen und habe keinen Wohnwagen mehr.

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