Journal Mittwoch, 30. Mai 2018 – Dublin ohne Programm
Donnerstag, 31. Mai 2018 um 9:47Endlich mal so lange geschlafen, wie es sich für einen Urlaub gehört. (Halb! Neun!)
Herr Kaltmamsell hatte sich einen Irlandtag zum Arbeiten ausbedungen (Lehrerdinge). Also gingen wir nach allseitigem Bloggen zwar noch zusammen Kaffeetrinken (ich hatte an der Dame Street den hole in the wall-Italiener “Il Fornaio” ausgemacht, von dem ich mir guten Cappuccino erhoffte – auch hier eine saure Enttäuschung; dabei hatte ich mich bislang nicht für übermäßig anspruchsvoll gehalten, zum Beispiel fand ich in Tel Aviv jeden Cappuccino gut), dann aber kehrte Herr Kaltmamsell zum Arbeiten in die Ferienwohnung zurück, ich ging Strawanzen – weiter im Sonnenschein, gestern zumindest mit ein paar Wolken am Himmel.
Zum Beispiel hatte ich in den vergangenen Tagen beim mehrmaligen Vorbeilaufen in einem Schaufenster einen irischen Wollpulli gesehen, der mir sehr gefiel. Zu dem ging ich als Erstes.
– Ja, es war ein dreigeschoßiger Touristenladen mit zum Teil höchst fragwürdigen Irland-Memorabilia.
– Ja, ich kaufte zu dem Pulli auch noch zwei Paar Socken aus irischer Wolle.
Aber
a) spielte gerade Christie Moore “I wish I was back home in Derry” und ich musste mitsingen (nur leise, keine Angst).
b) waren Pulli und Socken mit Brief und Siegel echt ehrlich wirklich in Irland hergestellt.
c) kostete der Pulli nur 69 Euro.
An der Kasse wurde ich darauf hingewiesen, dass ich mit nur einem Euro mehr auf die 100 Euro käme1, die mir eine kostenlose CD mit irischer Musik eingebracht hätte. Ich widerstand. (Und jetzt alle: Ooooohohoooo, I wish I was back home in Derry…)2
Für ein Frühstück spazierte ich nochmal zu Brother Hubbard. Diesmal war es zu spät für Porridge, ich bestellte statt dessen ausgezeichnete Salate.
Eigenlich naheliegend, dass auch rohes Blaukraut ganz wunderbar mit Orangen harmoniert, und meinen nächsten Bulgursalat werde auch ich mit Sumak würzen.
Anschließend brachte ich meine Beute in die Ferienwohnung und las ein wenig Internet, bis mich Herr Kaltmamsell (“wolltest du nicht was tun?”) rauswarf.
Ich spazierte erst um die Kathedrale, dann in Gassen, in denen das Fräulein mir am Tag zuvor interessante lokale Läden gezeigt hatte. Zum Beispiel verbrachte ich einige Zeit im wunderschönen Powerscourt Center: Aus dem Georgianischen Prachtbau des Richard Wingfield 3rd Viscount Powerscourt ist ein edles Einkaufszentrum geworden, in dem vor allem Produkte aus heimischer Herstellung angeboten werden. Zudem sind zahlreiche Juweliere und Geschäfte für Brautbedarf hier angesiedelt.
In einem Rumsteherle-Laden (aka Innenausstattung, interior design) fand ich mein nächstes Notizbuch fürs Büro.
Erst später entdeckte ich, dass das schwere Papier darin sogar gestrichen ist.
Weiter spaziert zum Trinity College, in dem ich mich wieder im Grünen niederließ, um in der Sonne zu lesen und mitgebrachtes Wasser zu trinken. Die Temperatur erinnerte mich an meinen wundervollen Studiensommer in Wales, in dem das Wetter sehr sonnig, aber nicht heiß war, so dass ich die Sonne immer als angenehm empfand. Ich erlebte großes Amselgezeter, bis eine Elster aufflog, und beobachtete ein graues Eichhörnchen, dass in aller Ruhe auf dem Rasen umherschlenderte.
Mittlerweile war mit eingefallen, dass ich gerne Seeluft schnuppern würde. Ich ging also an die Liffey und Richtung Hafen. Tatsächlich roch ich das Meer nach einer Weile Marsch durch das Feierabendgewusel und sah auch die schöne Samuel-Beckett-Brücke von Nahem.
Auf dem Rückweg auf der Nordseite der Liffey sprangen an mehreren Stellen junge Burschen vom Quay in den Fluss, manche davon in kurzen Neoprenanzügen, manche in normalen Badehosen, immer wieder. Sie hatten offensichtlich eine Gaudi.
Grusel-Eichhörnchen bei der Tara Station.
Samuel Beckett Bridge, Architekt: Santiago de Calatrava.
Zum Abendessen kaufte ich Salatzutaten und Brot mit Seetang. In der Ferienwohnung machten wir uns dazu und zu heimischem Käse die vorgestern erworbene Flasche Erdbeerwein auf, Móinéir Wicklow Way Strawberry Wine.
Roch nach Erdbeerkompott (ich fürchte, das kennen nur die älteren unter uns), schmeckte erstaunlich wenig süß und erdbeerig (natürlich hatte ich den süßen Beerenwein meiner Kinder- und Jugendzeit erwartet), sondern nach einem fruchtigen Rosé (Garnacha?) mit leichter Sherrynote. Passte hervorragend zum milden Tipperary Blue Cheese, kann ich mir auch zu sehr kräftigem Rohmilchkäse vorstellen.
- Die Kinder der geneigten Leserschaft berechnen bitte aus dieser Textaufgabe den Preis der Socken. [↩]
- Vielleicht hilft die Information, dass mir Herr Kaltmamsell in der Phase seines Umwerbens und in unserer ersten Zeit als Paar einige Kassetten mit seinen damaligen Lieblingen an irischer Musik zusammengestellt hat, und dass sein Favorit Christie Moore war – er nahm mich auch mal zu einem Konzert in Augsburg mit. An zweiter Stelle seiner Rangliste kam Luka Bloom, zum Beispiel: “You couldn’t have come at a better time”. [↩]
2 Kommentare zu „Journal Mittwoch, 30. Mai 2018 – Dublin ohne Programm“
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31. Mai 2018 um 11:10
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Gerne gelesen
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31. Mai 2018 um 22:45
„Rumsteherle-Laden“ :) wird sofort in den heimischen Wortschatz übernommen!