Sportreport
Freitag, 15. Mai 2009 um 9:30Es hilft nicht, einfach zu beschließen, keine schlechte Laune zu haben, nicht gereizt zu sein, nicht die Welt in jedem Detail gegen sich zu sehen. Zumindest nicht mir. Und so scheint sich derzeit selbst sportliche Tätigkeit gegen mich gewendet zu haben. (Es folgt banales Ventilieren von Genervtheit, Sie können gerne erst morgen oder übermorgen wieder reinlesen.)
Dabei hatte ich mich gestern am Ende des Arbeitstages sogar noch gefreut, dass ich tatsächlich Lust hatte, Schwimmen zu gehen und das Sportzeug nicht mit einem „Ach nee“ ungenutzt zurück nach Hause trug. Doch dann brauchte ich im strömenden Regen schon mal eine knappe Stunde von Büro zu Schwimmbad, was ohne Busverspätung eine Strecke von 20 bis 30 Minuten ist. Jegliche Restgelassenheit wurde von der gereizten Stimmung unter den dicht gepferchten, feuchten Mitreisenden verjagt („Jetza tuan’S hoit Ihr Tasch’n da weg!“ „Könnten’Se vielleicht mal rücken?“ „Mit dem Bierkasten da geht die Tür nie zu!“ „I war z’erst da!“). Auf einer Teilstrecke summierte sich die Zahl der Kinderwagen auf sechs, deren Insassen ähnliche Laune wie die großen Passagiere hatten. Ich versuchte mich daran zu erfreuen, dass eine Mutter ihr Kind durch das Lala-Vorsingen des Walzers „An der schönen blauen Donau“ aufzumuntern versuchte – vergeblich.
Mit dem gestrigen Schwumm hatte ich die abendliche Sportmöglichkeit im Nordbad erkunden wollen, und ich nehme es gleich mal vorweg: Bleiben lassen! Dass der Automat meinen Zehn-Euro-Schein nicht annahm und ich mich in die Schlange an der Kasse einreihen musste (direkt vor mir selbst-ver-ständlich eine Vierergruppe, die sich ausführlich Tarifsystem und Zahlungsoptionen erläutern ließ) – geschenkt, das hätte auch am Wochenende passieren können. Steigerte dennoch meine Gereiztheit. Und als ich die Schwimmhalle betrat, musste ich alle Hoffnung auf Sport fahren lassen: Zwei Bahnen waren für Wasserspinner abgetrennt (dafür werden Trimmdichräder ins stehflache Wasser gestellt, ein Lautsprecher ist neben dem Becken aufgebaut, und dann radeln Menschen im Wasser zu Musik und Anweisung – wer’s nicht mit eigenen Augen gesehen hat, kann es kaum glauben), die restlichen vier Bahnen waren schwarz vor Menschen. Darunter zu einem Drittel Herumsteher und -hänger, zu einem Drittel Schwimmsimulanten (gibt es möglicherweise eine Sportart, die Aquajoggen und Brustschwimmen kreuzt?), zu einem letzten Drittel Schwimmer. Das Resultat war Krieg. Ich trug sogar Schrammen als Beweis davon, denn eine ausholende Schwimmsimulantin war mit ihrer gesamten Aussteuer in Form von Goldschmuck an Ohren, Hals, Handgelenken und Fingern ausgestattet.
Endlich ging die Wasserspinnerstunde zu Ende, eine weitere Bahn wurde freigegeben. Dort sammelten sich schnell ein paar Schwimmer, die wir ganz gut miteinander zurecht kamen. Ich hatte sogar genug Ruhe, mich über den Herrn zu amüsieren, der in Haifischhaut-Schwimmanzug von Hals bis Knie antrat, um dann doch nur alle fünf Minuten eine Bahn Strampeln und Spritzen zu absolvieren (er hielt das wahrscheinlich für Kraulen). Bis ich einen Krampf in den Zehen und der linken Wade bekam. Wie viel Magnesium soll ich zum Henker noch in mich schütten? Das war’s dann aber wirklich: Nach gerade mal 2000 Metern und einer Dreiviertelstunde gab ich entnervt und erzürnt auf.
Dass mir beim Anziehen der Hosenbund riss? Nicht lustig. Dass ich drei Föne in die Hand nehmen musste, bis ich an einen funktionierenden geriet? Eh klar.
Einen Versuch unternahm die Welt allerdings noch, mich auszusöhnen: Beim Verlassen des Gebäudes hielt mir ein junger Mann in Kapuzenpullover und mit strahelnd blauen Augen von ganz weit die schwere Messingtür auf. Ich musste lachen und dankte ihm herzlich. Worauf er artig sagte: „Sehr gerne. Auf Wiedersehen.“
Warum ich derzeit keinen rechten Spaß am Turnen im Fitnessstudio habe sowie meine vielen, herzzerreißenden Probleme beim Radeln in die Arbeit jammere ich Ihnen wann anders vor.
die Kaltmamsell8 Kommentare zu „Sportreport“
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15. Mai 2009 um 10:22
wasserspinner! wort des tages! die ham n knall!
15. Mai 2009 um 10:37
In Echt, kittykoma, heißt das wohl Aqua Cycling, auch wenn die Radeln eher wie die Spinningräder aussehen, die ich aus Sportstudios kenne.
15. Mai 2009 um 11:03
Was kommt wohl als nächstes? Aqua Nordic Walking (Nordic Swimming?) oder Aqua Skating.
Dan kann man vom vielen Kopfschütteln wirklich einen dicken Hals bekommen.
15. Mai 2009 um 11:50
Aber Sie haben doch in der Nähe vom neuen Büro ein anderes Schwimmbad, dachte ich?
15. Mai 2009 um 12:17
Wäh, Hande, das jetzt nahe Schwimmbad ist ein um 18 Uhr schließendes Freibad mit gebogenen Bahnen!
Mit Nordic Swimming, banana, werde ich nächsten Donnerstag gegenhalten. Irgendwo müsste ich noch Skistecken aus den 40ern haben, aus Bambus und mit CD-großen Tellern. Ha! Die werden schauen!
15. Mai 2009 um 13:23
Falls es ein wenig tröstet: Mir hat das Lesen gerade sehr die Laune gebessert. Auch wenn ich glaube, dass die Leute, die bei Ihnen im Schwimmbad waren heute mit mir zusammen den Einkauf gemacht haben…
15. Mai 2009 um 14:46
Wasserspinner & Nordic Swimming. Herrlich … aber nur beim Lesen !
18. Mai 2009 um 3:13
Tja, ich bin zur Zeit auch nicht gut gelaunt, denn wegen meinem Treppensturz kann ich gerade keinen Sport machen, was schier unertraeglich ist. Natuerlich wuerde auch ich mich gerne bloggend darueber beklagen, doch heute morgen musste ich erschrocken feststellen, dass Blogger.com offensichtlich gesperrt worden ist. Hoffendlich nur voruebergehend! Aber die Expo naht…..