Journal Freitag, 4. Januar 2019 – Residenz und Das Bad
Samstag, 5. Januar 2019 um 9:21Drecksmigräne – in der Nacht auf Freitag kam sie einmal mit Allem vorbei. Ich hatte es nicht glauben wollen und erst mal Ibuprofen genommen (einmal hatte das ja geholfen), doch nach einem ausführlichen Klobesuch war klar, dass es wieder Triptan brauchte. In meinen Bademantel eingepackt zurück ins Bett, nach der Phase mit abwechselnd Schweißausbrüchen und Schüttelfrost schlief ich ein.
Noch ein Glück hatte ich gestern eh keinen Sport geplant. Nach langem Schlaf und ausführlichem Morgenkaffee holte ich mit Herrn Kaltmamsell den Besuch der Münchner Residenz nach.
In sachtem Schneefall spazierten wir hinüber, die anstehende Schlange war überschaubar.
Herr Kaltmamsell, der die Residenz schon zweimal besucht hatte, empfahl, mit der Schatzkammer anzufangen. Ein guter Rat, denn nach den Räumen der Residenz selbst, also dem Residenz-Museum, hätte ich keine Aufmerksamkeit mehr gehabt: Das Gebäude ist riesig! In den drei Stunden unseres Aufenthalts konnte ich nur einen kursorischen Blick auf alles werfen, hin und wieder Hintergrundinfos vom Audioguide holen. Dabei ist die Einrichtung der Räume ohnehin nicht allzu interessant: Die Residenz wurde im Zweiten Weltkrieg fast völlig zerstört (die verheerenden Luftangriffe im März und April 1944), von den Originalmalereien an Decken und Wänden ist fast nichts erhalten. Das ausgestellte Mobiliar kommt aus allen möglichen anderen Schlössern und Besitzen.
(Erster Einsatz des irischen Wollpullovers)
Die vielen Besucher verliefen sich in dem großen Areal. Zum ersten Mal machte ich Bekanntschaft mit einer neuzeitlichen Erscheinung: Besucherinnen und Besucher, die nichts direkt anschauten, sondern ausschließlich Fotos mit ihren Smartphones machten, also mit ausgestrecktem Arm und Blick aufs Display durch die Räume gingen – nun, jede wie sie mag, doch durch diesen Tunnelblick waren sie eine Stolpergefahr.
Den Königsbau ließ ich aus, weil nicht mehr aufnahmefähig, außerdem schwächelte Herr Kaltmamsell arg.
Durch Schneematsch gingen wir heim (Schneematsch, der unter den Sohlen der vielen Menschen auf dem Marienplatz ein interessantes Konzert veranstaltete), dort zum Frühstück Orangenquark und sulziges Brot (halb vier ist selbst für mich spät), Zeitunglesen, Häkeln mit dem 35c3-Vortrag von Anne Roth “Stalking, Spy Apps, Doxing: Digitale Gewalt gegen Frauen”.
Abends hatte sich alter Blogadel in München angekündigt, mit dem wir nach seinem Arbeitseinsatz auf der Messe verabredet waren. Ich nahm das zum Anlass, ein interessantes neues Lokal auszuprobieren: Aus dem denkmalgeschützten Klohäusl an der Theresienwiese ist eine Wirtschaft geworden, das Bad.
Vorne Wiener Backhendl, hinten Spanferkelrollbraten.
Schöner Raum, freundlicher und aufmerksamer Service, das Essen anständig. Ich freute mich sehr, den Herrn aus Blog-Urzeiten wiederzusehen und den Eindruck zu bekommen, dass es ihm gut geht.
die Kaltmamsell9 Kommentare zu „Journal Freitag, 4. Januar 2019 – Residenz und Das Bad“
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5. Januar 2019 um 10:16
Der Herr aus Blog-Urzeiten bedankt sich für den wunderbaren Abend. Schön war‘s.
5. Januar 2019 um 15:42
Blog-Adel, was für ein verheißungsvolles Wort. Ein interessantes Blog hat da der Herr Binder, ich kanne es nicht.
Und ein Klohäusel als Restaurant? Uiiiiiii. Mutig ist das schon.
(An einer ehemaligen Schule haben sie die Klos in einen Informatikraum umgebaut.
Man musste es nicht wissen, man roch es.)
5. Januar 2019 um 16:55
Danke für deine Arbeit am Blog. Ich lese ihn immer wieder gerne und sehr regelmäßig. Oft kann ich deine Gedankengänge nachvollziehen und wenn nicht bin ich dankbar für eine andere Perspektive, die du mir eröffnest. Es macht mir immer wieder Spass zu erfahren, was du nun wieder erlebt hast.
Ich hoffe, deine Migräne ärgert dich dieses Jahr weniger, als im letzten und es sind nur die letzten Ausläufer von 2018.
5. Januar 2019 um 21:14
Die Schatzkammer ist doch cool, oder? Ich war vor einigen Jahren zum ersten Mal da und hin und weg von dem außergewöhnlichen Gruscht, der da herumliegt. Lieblingsstücke: der Hosenbandorden von Friedrich von der Pfalz, der als Winterkönig in Böhmen von Tillys Truppen aus Prag verjagt wurde. Ein Soldat fand den zurückgelassenen Hosenbandorden, den er als Schwiegersohn von James I (dr von Macbeth und dem Gunpowder Plot) verliehen bekam und um den ihn sein Cousin Maximilian von Bayern, dem er dann feierlich überreicht wurde, sicher glühend beneidete, denn der war ja nicht mal Kurfürst und in internationalen Kreisen nicht so anerkannt, während der pfälzische Friedrich gleich zwei Kurwürden innehatte.
Die Winterkönigin, Elizabeth Stuart, weigerte sich übrigens standhaft trotz weit fortgeschrittener Schwangerschaft, Prag nach der Schlacht am Weißen Berg zu verlassen und musste von ein paar beherzten Menschen auf einen Wagen geworfen werden, um sie von dort wegzubringen. Ihr Kind bekam sie dann auf der Flucht; danach saß sie jahrelang im Exil in Den Haag und spann die Fäden des europäischen Protestantismus. Nicht unbedingt eine sympathische Frau, aber eine ausgebuffte Machtpolitikerin. Über die Sache mit dem Hosenbandorden hat man sich damals übrigens sehr lustig gemacht — Flugblätter der Zeit zeigen das Winterkönigspaar als ihn mit herabhängendem Strumpf und sie mit dem Baby in der Kraxe.
Diese Leute waren verwöhnte Aristokraten und grausliche Kriegstreiber, aber ich kann nix machen, die sind qua Studium Teil meiner Familie, irgendwie.
Auch sehr schön ganz am Ausgang – ein mixtekischer Ring aus purem Gold, einer der letzten Reste mixtekischer Kunst, die nicht eingeschmolzen wurden.
5. Januar 2019 um 21:27
Als Bedürfnisanstalt wurde das Gebäude schon lange nicht mehr genutzt, Croco, während der letzten Oktoberfeste war hier Taschenabgabe (durfte man nicht mehr aufs Gelände mitnehmen). Und nein: Man roch wirklich nichts.
Vielen Dank, Simone, fürs Mitlesen und die guten Wünsche!
Oh ja, Sabine, die war der Hammer. Definitiv auf der Liste für einen ausführlichen Wiederbesuch, einzeln und mit Audioguide. Oder ich nehme dich als Erklärbärin mit…?
5. Januar 2019 um 22:13
Ich ginge da auch jederzeit wieder hin, gerne auch als Erklärbärin. Natürlich müsste ich dann allerhand wieder nachlesen…
Bayern ist klein, aber man vergisst oft, dass es eine ungeheure und für Deutschland eher ungewöhnliche historische Kontinuität hat. Das Haus Wittelsbach ist seit dem 12. Jahrhundert am Ruder, nicht immer glückhaft, aber irgendwie konstant, das macht schon was aus. Und natürlich hätte man hier Glück mit ein paar Fürsten, die zu hippen Zeiten Interesse an Kunst hatten.
5. Januar 2019 um 23:10
Wie so viele Fürstenhäuser sind die Wittelsbacher damals durch Mord und Totschlag ans Ruder gekommen. Zum Beispiel wurden die Grafen von Andechs-Meran ausgerottet. Durch Otto VIII von Wittelsbach, 1208. Dann war der Weg frei.
6. Januar 2019 um 11:29
Im “Klohäusel” hast Du noch einen anderen Herrn aus Urblogzeiten getroffen: der Wirt unserer ersten Münchner Bloglesung ist da jetzt Geschäftsführer.
6. Januar 2019 um 18:07
Das ist ja ein charmantes Detail, Frau Klugscheisser, danke für die Info!