Journal Freitag, 13. September 2019 – Radeln unter Vollmond
Samstag, 14. September 2019 um 12:40Die Nacht wieder auf der Seite Höllenritt, Erleichterung und zerstückelten Schlaf brachte die wieder aus Handtüchern und Kissen gebaute Stufe unter die Unterschenkel. Ich bin jetzt auf der Jagd nach einer der empfohlenen Anfasserinnen und arbeite die Liste ab (man ruft in der Branche vielleicht nicht gern zurück?).
Schon am Vorabend hatte ich mit Herrn Kaltmamsell nachgedacht, wie sich der angekündigte Spätsommerabend am Freitag würde nutzen lassen: Mir waren als Möglichkeiten eingefallen Schnitzelgarten, Grieche mit lauschigem Innenhof in Untersendling (beim Vorbeigehen entdeckt und gemerkt), Romans in Neuhausen mit seinem bezaubernden Außenbereich. Gestern Morgen wusste ich, was ich mir wünschte: Romans. Vormittags sicherte ich mir telefonisch einen Tisch.
Wie schon am Morgen zuvor war keine Zeitung geliefert worden, ich lieh mir für meine Mittagslektüre das Abteilungsexemplar aus.
Aus Logistikgründen trug ich ein ärmelloses Kleid: Ich hatte es vor Wochen schon einmal getragen, wollte es so nicht einwintern (Körperabrieb vergrößert angeblich die Mottengefahr). Nur so angetragen wollte ich es aber nicht bereits waschen und bügeln (Faulheit). Also war ich sehr dankbar, dass die Temperaturen eine letzte Möglichkeit boten. Danach kann das Kleid in die Wäsche, alle reinen Sommersachen sind dannn frisch gewaschen und können in ein paar Wochen in die Winterkiste verräumt werden.
Von draußen kam sonniger Sommergeruch durchs Bürofenster und machte mich regelrecht ekstatisch. Mittags stellte sich die kleine der beiden grünen Paprikas aus Ernteanteil als Chilli heraus – zum Glück nicht allzu scharf. Dazu Brot, Joghurt mit Latwerge.
Auf dem Heimweg ging ich bei der Bank vorbei. (Übrigens hat sich die Steuergeschichte mit der angeforderten “Einnahmenüberschussrechnung” geklärt: Herr Kaltmamsell hatte sich am Montag im Servicecenter des Finanzamts – jahaha, das gibt es – beraten lassen und weiß jetzt Bescheid. Auch ohne Verbiegen hätten wir dieses Jahr eigentlich weniger Steuern zahlen müssen. Dieses Jahr gehen noch ein paar zusätzliche Euros staatlicher Fördergelder auf uns, nächstes Jahr machen wir dann alles korrekt.)
In der Schillerstraße holte ich das Paket mit den in England bestellten Stiefeln ab. In diesem Computerschrauberladen (für diese Sorte Laden war die Gegend einst berühmt) und auf der Schillerstraße selbst hatte ich mein Wohnviertel wieder arg lieb: So viele verschiedene Menschen unterschiedlichster Herkünfte, im Laden versuchte mir der eindeutig nicht hiesige Ansprechpartner (hallo? das war ein osnabrücker Zungenschlag!) gleich noch seine Computerdienste anzutragen (“Wenn’Se mal irgendwelche Probleme haben…!”), an der einen Ecke wurde salaamt, an der nächsten merhabat, die vergangenen Jahre haben die Menschenmischung nochmal deutlich verändert. Ich muss mich anstrengen nachzuvollziehen, dass der Geschäftsführer eines anrainenden Hotels berichtet, so manche seiner Gäste (selbst von ganz woanders) fühlten sich dadurch verunsichert und bedroht – wenn ich ihnen nicht unterstellen will, dass sie bereits eine andere als ihre eigene weiße Hautfarbe als Bedrohung empfinden.
Daheim schnell ein wenig frisch gemacht, mit Herrn Kaltmamsell aufs Fahrrad gesetzt und Richtung Neuhausen aufgebrochen. Überall sahen wir, wie die Eichkätzchen gerade sehr wichtig unterwegs sind und Wintervorräte sammeln. Die Hackerbrücke war voll besetzt.
Ein wundervoller Abend im Romans. Wir saßen so lauschig wie erhofft im schön möblierten Außengarten unter Kastanien und Schirmen. Ich hatte eigens eine frühe Uhrzeit gewählt, damit wir auch jetzt Mitte September noch das Abendlicht erlebten (das wären im Juli anderthalb Stunden später gewesen).
Als Vorspeise aß Herr Kaltmamsell Makrelentartar, ich eine Erbsen-Fenchel-Suppe.
Als Hauptgericht sieht man (mit etwas Anstrengung) auf meinem Teller eine Wolfsbarsch-Roulade in Salatblatt gegart, rechts einen gefüllten Artischockenboden, darüber Tomaten und Vongole, auf dem Teller oben Kaninchenkeule auf gegrillter Polenta mit Pfifferlingen und Kartoffel-Erbsenpüree. Schmeckte alles sehr gut, wenn uns auch die Teller zu unitalienisch überladen waren (das wären in Italien jeweils mehrere Gänge gewesen) – mindestens zwei Bestandteile hätte man in beiden Fällen weglassen können. Dazu hatte ich uns eine Flasche schlichten sardischen Vermentino bestellt.
Zum wiederholten Mal schaffte ich meine Portion nicht, ich fand auch keinen Dessertmagen sondern bestellte zum Abschluss nur Cynar. Auf meine Bitte ließ sich Herr Kaltmamsell einen Espresso kommen, damit ich daran riechen konnte.
Wundervolles Heimradeln unter klarem Nachthimmel mit Vollmond.
§
1. Es gibt einen Facebook-Kanal “Savage Paramedics” – das finde ich bereits großartig.
2. Sie haben eine “Tetris Challenge” ausgerufen. Hier gibt’s Bilder vom ausgepackten und sortierten Inhalt von Rettungs-, Polizei- und Feuerwehrwagen, inklusive Personal. Noch großartiger!
via Techniktagebuch-Redaktionschat
die Kaltmamsell2 Kommentare zu „Journal Freitag, 13. September 2019 – Radeln unter Vollmond“
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14. September 2019 um 15:13
Die Bilder erinnern mich an die “Kunst aufräumen”-Bücher von Ursus Wehrli: http://www.kunstaufraeumen.ch
14. September 2019 um 15:38
Genau, FrauC!