Journal Sonntag, 5. Januar 2020 – Venedig 5, Saurierknochen und Glas
Montag, 6. Januar 2020 um 7:51Ich bin mal gespannt, wie ich nächste Woche nach solchen Schmerznächten arbeiten gehe, ohne ausschlafen zu können. Andererseits: Konnte ich vor den Ferien ja auch.
(Zum Merken: Auch meine Verdrängungskräfte sind geschwunden. Die eine unerledigte Arbeitssache belastete mich die gesamten Ferien hindurch und ließ mich keinen Abstand zur Arbeit finden. Da half kein bisschen, dass ich nie eine Chance hatte, diese Aufgabe zu lösen, auch nicht, dass ich darauf hingewiesen hatte.)
Herr Kaltmamsell behauptet gerne, ich ginge nie mit ihm ins Naturkundemuseum. Also zwang ich ihn gestern in das von Venedig. Das Museo di Storia Naturale di Venezia stellte sich als ausgesprochen besuchenswert heraus. Ein großer Teil befasst sich mit Erdgeschichte, eher an Kinder gerichtet, zeigt Fossilien aus der ganzen Welt, sehr lebendig und zeitgemäß aufbereitet. Ein weiterer Teil präsentiert naturhistorische Sammlungen aus dem 19. Jahrhundert (Thema ist die Entstehung und Entwicklung dieses Forschungszweigs) – und da wird’s haarig und erstaunlich wenig zeitgemäß: Mumien und das, was man bis vor nicht allzulanger Zeit naiv und herrenmenschlich als “Volkskunde” bezeichnete, kann man heute nicht mehr unkommentiert ausstellen, als hätte es seit der Kolonialzeit keine Reflexion und Forschung gegeben. Ähnlich befremdet war ich von den zwei großen Räumen mit Trophäen der Großwildjagd – auch wenn ich durchaus beeindruckt war von den ersten Giraffenköpfen am Hals, die ich je an einer Wand gesehen habe.
Wirklich interessant wurde wieder der nächste Teil, in dem – zurück zum eher kindlichen Niveau – Naturkunde präsentiert wurde sortiert in Bewegungsarten von Lebewesen, Lebensräumen, Ernährungsweisen. Hier fand ich auch Altbestände der Museumssammlung gut integriert, seien es ausgestopfte Tiere oder in Alkohol im Glas konservierte.
Zweiter Vorsatz für den Tag war ein Besuch der Insel Giudecca. Dorthin nahmen wir ein Vaporetto, beim Umsteigen am Hauptbahnhof holten wir uns als Brotzeit ein Süßgebäck auf die Hand.
Giudecca war eher unspektakulär, außerdem lag der Uferweg im Schatten – und ich humpelte gestern besonders schmerzhaft. Wir spazierten also nicht bis ganz zum Ende der Insel, sondern nahmen ein Vaporetto für das kurze Stück rüber zur Insel San Giorgio Maggiore, die zwischen der Hauptinsel und Giudecca liegt: Die Kirche sah interessant aus.
Als noch interessanter stellte sich allerdings eine Ausstellung auf der Insel heraus: Es gibt ein Glaskunstmuseum, und das zeigte gerade Werke von Thomas Stearns für Venini Anfang der 60er. Klein, sehr schön präsentiert und erklärt. Die Kirche guckten wir dann schon auch an, waren aber nicht mehr so richtig aufnahmefähig.
Vaporetto zurück nach San Marco, von dort zu Fuß ins Hotel, ausruhen. Abendessen in einem Restaurant ums Eck: Gutes Essen (Kalbsbackerl!), am meisten freute mich der Valpolicella ripasso im Glas.
Morgentlicher Blick vom Hotelzimmerbalkon auf einen durchwegs sonnigen Tag, der kälter roch, als er tatsächlich war.
Falls Sie sich wie ich gefragt haben, wie man wohl Sport in Venedig betreibt:
Zum einen gibt es die handelsüblichen Joggerinnen und Jogger, die sich halt statt durch Autoverkehr durch Touristenströme schlängeln. (Diese Joggerin und ihr Joggingpartner beschlossen ihre Sonntagsrunde gegen 11 Uhr mit einem Campari Soda und Kartoffelchips an einer Bar, in der sie als alte Bekannte begrüßt wurden. Das Konzept gefällt mir.) Einmal sahen wir in einem Hauseingang einen Mann auf einem Ergometer strampeln. Und zum anderen gibt es halt Fitnessstudios: Wir kamen einmal in der Abenddämmerung an einem vorbei, das auf einen schmalen Kanal rausging; durch die offenen Fenster sahen wir Menschen mit Blick nach draußen auf Laufbändern rennen und auf Crosstrainern strampeln.
Ausstellungseindrücke im Naturkundemuseum.
Blick von Giudecca nach Dorsoduoro.
San Giorgio Maggiore.
die Kaltmamsell4 Kommentare zu „Journal Sonntag, 5. Januar 2020 – Venedig 5, Saurierknochen und Glas“
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6. Januar 2020 um 10:01
Im Glasmuseum Frauenau gibt es auch eine Ausstellung von Arbeiten der Manufaktur Venini, mit Arbeiten der Schwedin Tyra Lundgren, bis 22. März.
http://glasmuseum-frauenau.de/
H.s hatten gestern darüber gesprochen, in den nächsten Wochen hinzufahren.
6. Januar 2020 um 10:31
Ach sieht das alles schön aus. Bei ihren Fotos schwanke ich immer zwischen Niedergeschlagenheit und Gefallen ob der oftmals baufälligen Strukturen. Es hat schon seinen ganz eigenen Charme.
6. Januar 2020 um 13:24
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Gerne gelesen
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6. Januar 2020 um 21:05
Wenn Sie wegen der unerledigten Arbeitssachen auf die Idee kommen sollten, aus dem Urlaub in der Arbeit anzurufen, komme ich von Australien nach Venedig und hau Ihnen auf die Finger!
Aber ich kann das sehr gut nachempfinden, da mich das auch wurmt, wenn es vorkommt.