Journal Freitag, 1. Mai 2020 – Hightech-Werkzeug Stecknadel
Samstag, 2. Mai 2020 um 8:53Mit bösem Kopfweh aufgewacht, erste Mahlzeit des Tages war eine Ibu.
Der Regen hatte nicht mal die Nacht durchgehalten, am Vormittag schien auch noch hämisch die Sonne. Ich bloggte gemütlich, las meine Twittertimeline leer.
Dann griff ich zum Hightech-Werkzeug Stecknadel: Nachdem Ihre Kommentare meinen Verdacht bestätigten, dass die Kontakschwierigkeiten meines Handys beim Laden an Schmutz in der Buchse liegen könnten, pulte ich darin mit einer Stecknadel herum – und entfernte Fuseln in der Menge für einen halben Strickpulli. Nach nicht mal einer Minute war das Kontaktproblem beseitigt. Ich habe mein Handy repariert!
Gestern war wieder die Putzrunde Klo-Bad-Küche dran, und zwar gründlich (also mittelgründlich ohne Schränke oder tiefste Ecken und Fugen, aber mit alles wegräumen), Herr Kaltmamsell hatte am Vortag alle Böden gesaugt und gewischt (auch mit wegräumen). Ich halte weiterhin die Pandemie für ein deutlich überdimensioniertes Mittel, um mir in Erinnerung zu rufen, wie ungern ich putze, wie dankbar ich unseren Putzmännern dafür bin, dass sie mir das sonst ersparen, und wie gern ich sie dafür anständig bezahle.
Zur Belohung gab’s eine gute Stunde Crosstrainer mit Musik – ich bin sehr, sehr froh, dieses Gerät in der Wohnung zu haben, sonst wüsste ich nicht, wie ich mit kaputtem Hüftgelenk plus geschlossenen Sportstätten zu wenigstens ein wenig regelmäßer Bewegung käme.
Zum Frühstück machte uns Herr Kaltmamsell Blini, also Hefe-Buchweizenpfannkuchen, und servierte mit Crème fraîche und Räucherlachs: sehr wohlschmeckend und sehr sättigend.
Nach dem Frühstück, also gegen halb vier, raffte sich der Himmel nochmal zu ein paar dunklen Wolken und Regen auf, schaffte aber wieder nur 15 Minuten Spritzerchen. Das wiederholte er bis zur Nacht ein paar Mal.
Ich las Zeitung und Internet, wusch zwei Maschinen Wäsche – dann war schon wieder Abendessenszeit. Wir hatten den Ernteanteil für diese Woche abbestellt. Beim Kartoffelkombinat bekommen wir jährlich 46 Ernteanteile, denn über Weihnachten und Neujahr sind zwei Wochen Pause, außerdem haben wir vier sogenannte Joker, mit denen wir zum Beispiel für Reisen aussetzen. Da Reisen dieses Jahr unwahrscheinlich sind, müssen wir die Pausen anders planen – zum Beispiel diese Woche, in der wir frei kochen oder die lokale Gastronomie unterstützen.
Gestern holten wir dann Pizza vom nächst gelegenen Pizzadienst. Weil es regnete, gingen wir nach vielen Wochen erstmals wieder zu zweit raus, es sollte Platz genug sein. Die Pizza selbst (einmal Quattro Formaggi, einmal Regina) stellte sich als deutlich unterdurchschnittlich heraus, da gehen wir sicher nicht nochmal hin.
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In der Mediathek des ZDF eine Sendung von ZDFZoom:
“Chaos um die Corona-Apps
Mit dem Smartphone aus der Krise? – Film von Stefan Ebling und Tim Gorbauch.”
Vor allem technisch interessante Infos, das politische Hin und Her wird allerdings nur beschrieben, für eine Analyse fehlten den Redakteuren wohl die Hintergründe.
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Hystricidae hat in ihrem Blog weitere Erinnerungen an ihr Aufwachsen im oberbayerischen Hinterpfuideifi aufgeschrieben.
“Es gibt ein paar Jahre meiner Jugend, so zwischen 16 und 20, an die erinnere ich mich nicht sehr gut, oder besser gesagt vor allem in unzusammenhängenden, unscharfen Episoden.”
Jeder Absatz ein eigener Roman, jeder Satz eine Kurzgeschichte. So viel Weh.
(Mal wieder denke ich: Genau dafür gibt es Blogs, denn wohin denn sonst mit diesen Geschichten und Erinnerungen?)
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Grusliges auf instagram: Tiere und Menschen gephotoshoppt nach Kinderzeichnungen.
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Christine Baranski, Audra McDonald und Mery Streep singen zusammen, aber von daheim im Bademantel, Stephen Sondheim ein Geburtstagsständchen, Ausschnitt aus einer großen Online-Gala.
die Kaltmamsell3 Kommentare zu „Journal Freitag, 1. Mai 2020 – Hightech-Werkzeug Stecknadel“
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2. Mai 2020 um 10:39
Danke für die Geschichte von Hystricidae: Sie hat eine Wahnsinnsschreibe und so erschütternd das Frauenleben. Wann eigentlich? 60er/70er Jahre? Ich stelle fest, zumindest auf dem bayrischen Land geht es heute eher wieder in diese Richtung zurück leider.
2. Mai 2020 um 10:58
Das sind tatsächlich die 90er, Bobbie, in manchen Ecken Oberbayerns war es sehr lang so. (Und hat möglicherweise bis heute nicht aufgehört.)
2. Mai 2020 um 12:24
Die Geschichte aus dem bayrischen Dorf ist sehr bewegend.
Ich denke, dass es auf dem Lande noch überall so ist. Diese Last tragen immer noch die Frauen.
In so einem Gasthof mitten in einer kleinen Stadt bin ich auch aufgewachsen. Doch war er schon umgebaut, und das schon ne Weile. Doch konnte man die alten Strukturen erkennen. Im ehemaligen Gastraum war ein Büro, die Gastzimmer waren weg und in eine für damalige Verhältnisse sehr moderene Wohnung umgebaut.
Zwei Stühle aus dem Gastraum waren auf dem Speicher übrig geblieben. Sie stehen immer noch bei meiner Mutter als Sitzmöbel zum Schuhe anziehen.
Als Kind habe ich mir immer ausgemalt, was denn wohl schon zwischen diesen Wänden geschehen ist.