Das mit dem Nachpfeifen
Mittwoch, 13. Oktober 2004 um 13:23Weil Lisa Neun unten kommentierte: „Hat mans, nervts, hat mans nicht, ist man verunsichert“ – das mit dem Nachpfeifen ist so eine Sache. Ich kann nicht für Männer sprechen, denen durchaus auch mal nachgepfiffen wird, ich kann nicht mal für Frauen sprechen, da es meiner Beobachtung nach zu viele Unterschiede unter Frauen gibt, als dass man von einer homogenen oder berechenbaren Bevölkerungsgruppe sprechen könnte. Bleiben wir also bei mir.
Als Jugendliche hatte ich einen radikal frauenrechtlerischen und moralischen Anspruch von der Höhe des Münchener Olympiaturms und fühlte mich von jedem Nachpfeifer persönlich zutiefst beleidigt. Den Pfeifer anzublaffen, traute ich mich allerdings nicht.
Nach dem Abitur verbrachte ich mit einer Freundin ein paar Wochen in Südspanien. Der Spanier pfeift nicht nach, er zischt „tschtsch“ hinterher. Die Freundin sprach immer von „Ratten“, an die sie dieser Laut erinnerte. Da wir jung waren und die Freundin auch noch blond, umgab uns das Gezischel der Männer wie eine Wolke.
Ich glaube, es war im Madrider Parque del retiro, wo mir der Hut hochging. Wir schlenderten in der Nachmittagssonne an zwei jungen Männern vorbei – als einmal mehr „tschtsch“ ertönte. Da drehte ich mich um und stürmte auf einen der beiden zu, der vor Schreck einen Schritt nach hinten machte. Was er sich eigentlich von so einem „Tschtsch“ erhoffe? Ob er glaube, dass ihn das unwiderstehlich mache und jede derart angezischte Frau unweigerlich in seine Arme treibe? Ob er sich auch nur einbilde, dass das einer Frau gefallen könne?
Aber nein, wehrte der Herr ab, nahm den Kopf zwischen die Schultern, hob beschwichtigend die Hände. Das sei einfach als Kompliment gemeint. Der zweite junge Mann hatte sich bereits unauffällig entfernt und in die Betrachtung des Horizonts vertieft. Mein Opfer registrierte, dass ich immer noch ein wenig schnaubte, und erklärte weiter: Dass er uns zwei Mädels – eine dunkelhaarig, eine blond – halt sehr hübsch finde und bewundere. Und dass er dieser Bewunderung habe Ausdruck verleihen wollen, sonst nichts.
Na gut, seither versuche ich, Gezischel oder Nachpeifen als Ausdruck der Bewunderung zu interpretieren. Damit kann ich leben, zumal mir das ohnehin selten passiert. Mit einer Reaktion tue ich mich aber immer noch schwer – ein kleines Bisschen fühle ich mich dann doch wie der Wauzi, nach dem gepfiffen wird.
Im Gegensatz zum Ansprechen ist Nachpeifen ja sogar ein sehr klares Zeichen, dass weiterer Kontakt nicht erwartet wird. Nachpeifen ist kein Auftakt, sondern ein Punkt. Geht das vielleicht deshalb nur unter Unbekannten, überhaupt nicht im Beruf und unter Freunden oder Bekannten nur ironisch?
die Kaltmamsell6 Kommentare zu „Das mit dem Nachpfeifen“
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13. Oktober 2004 um 14:18
ist ein Punkt?!! du meinst, es war ein FEHLER, damals in Napoli (oder in Lissabon) stehen zu bleiben und einfach nur zu lachen und sich einfangen zu lassen und Italienisch zu lernen und diverse unemsländische Frechheiten und sowieso und überhaupt und jahrelang?!
verdammt. ich hätte doch erst mal wissen müssen, dass es für diesen Mist schon wieder angeblich Regeln gibt, bevor ich sie brechen konnte. das leben ist so unfair.
13. Oktober 2004 um 14:38
Sag bloß nicht, dass ich das seit fast 20 Jahren missinterpretiere! Die wollen mit mir Kontakt aufnehmen? So von wegen Interaktion? Zwischenmenschlich?
Oj, ich brauch doch ‘ne Burka.
13. Oktober 2004 um 15:14
Naja, woher soll ich das wissen? Das wissen die doch nicht mal selbst. Manchmal kann man spielen, manchmal kann man das tun, was Katzen mit dem Kratzbaum tun … und manchmal lacht man nur oder ignoriert es.
13. Oktober 2004 um 16:28
Ich denke es gibt da einen Unterschied zwischen Nachpfeifen und Ansprechen. Nachpfeifen impliziert ja schon, dass man sich auf dem Weg weiter befindet, insofern ist das mit dem Punkt ein schöner Vergleich.
13. Oktober 2004 um 20:11
ich höre nur manchmal “ppstppsst” und ging bisher immer davon aus, dass mir jemand drogen verkaufen wollte. letztens sagte ein obdachloser zu mir “hey, dicke titte, hastde mal nen euro?” zum ersten mal in meinem leben war ich im richtigen moment schlagfertig und sagte “für dich nicht, kurzschwanz”.
13. Oktober 2004 um 20:13
Bravo Meike! (Gleich mal merken…)