Pet Hates – Sprache
Freitag, 15. Oktober 2004 um 8:43Wer Sprache liebt und in einer Lokalredaktion arbeitet, legt sehr bald – im Geist oder real – Hasslisten bestimmter, unausweichlich wiederkehrender Formulierungen an. Ich habe diese Liste auch nach meiner Zeit in Lokalredaktionen kontinuierlich erweitert. Heute zum Beispiel um:
– etwas „nicht vorenthalten wollen“, wie in
„Es gibt Neuigkeiten, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen.“ (Anschreiben zu einem Newsletter)
– „sich nicht nehmen lassen“, wie in
„Auch der Bürgermeister ließ es sich nicht nehmen, zu den Klängen der Blue Sky Band das Tanzbein zu schwingen.“ (Lokalbericht Feuerwehrfest)
Geschwungene Tanzbeine gehören zu den Gründungsmitgliedern dieser Hassliste, die übrigens nur konkrete Wörter und Formulierungen enthält, keine Regeln oder Gruppen. Denn jedes Klischee kann in den Händen eines Meisters (!) Funktion und Leben erhalten.
die Kaltmamsell8 Kommentare zu „Pet Hates – Sprache“
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15. Oktober 2004 um 9:58
Mein liebster Lokalzeitungsstandard, den ich mir brav verkniffen habe: “Für das leibliche Wohl war gesorgt.” Immer gern genommen.
15. Oktober 2004 um 10:12
Doppelwhopper:
“Zu einem Unfall kam es im Bereich der Kreuzung..”
15. Oktober 2004 um 10:46
Mindestens dreimal taeglich in unserer Lokalzeitung: “Ein besonderer Leckerbissen erwartete…” “Praesentiert wurde dieser Leckerbissen…” “Mit einem Leckerbissen konnte XYZ aufwarten…”
Auch beliebt: “tief in die Tasche greifen”. Oder eben “nicht sehr tief in die Tasche greifen”.
Doch meine (Hass)liebe gilt den besonders (un)orignellen Klammern… das sollte verboten werden.
15. Oktober 2004 um 10:49
“Buchstäblich ins Wasser gefallen ist”
15. Oktober 2004 um 15:19
Unsere Lokalzeitung die sich auch lange Jahre “Volkszeitung” nannte (wie eklig) war der Grund weshalb ich mir geschworen habe nie, aber auch wirklich nie Journalistin zu werden.
15. Oktober 2004 um 17:05
Was ist mit mehr privaten Hasslisten:
– »Die Seele baumeln lassen«
– »Mal wieder so richtig schlemmen«
– »Cocktails schlürfen«
15. Oktober 2004 um 23:55
Meine Liste wird angeführt von “… öffnet Ihre (wahlweise seine) Pforten. Sowie jegliche Entmenschlichung von Entscheidungen (Die Polizei verbietet, die Kommune eröffnet, die Messe verkündet – als ob Institutionen etwas tun könnten).
16. Oktober 2004 um 13:50
Unsere Lokalzeitung hiess auch Volkszeitung, aber in Fraktur. Ich habe jahrelang immer “Dolkszeitung” gelesen.