Journal Freitag, 21. August 2020 – Neue Körperlichkeiten, Ausflug nach Dießen am Ammersee

Samstag, 22. August 2020 um 8:55

Ächz. Diese Zeit im Jahr ist eh nie einfach, dann auch noch diese gesundheitliche Durchschüttelung. Vielleicht soll mich das eine jeweils vom anderen ablenken?

Ganz gut geschlafen (weiterer Beweis, dass der Schlaf bis fünf am Vortag Migräne war), früher Wecker, damit ich zu Praxisöffnung die letzte anstehende Blutabnahme erledigen konnte. Angekündigt war der letzte Hochsommertag, der Morgen richtete sich danach. Weiterhin die Morgengymnastik bleiben lassen – auch wenn es mich sehr drängt, sollte ich den Hexenschuss wahrscheinlich deutlicher abklingen lassen (sehen Sie! ich kann auch supervernünftig!).

In der Arztpraxis also Blut abnehmen lassen, danach verschriebene Medikamente geholt: Ein Blutwert der Analyse vom Dienstag hatte die behandelnde Ärztin am Vortag telefonisch Alarm schlagen lassen (Herr Kaltmamsell ging ran: Frau Doktor hätte mich am liebsten sofort an eine Infusion gehängt, aber ich schlief ja gerade meine Migräne aus), er stellte sich als Eisenmangel heraus. Von mir aus auch das noch, also erst mal Tabletten, künftig gerne mehr Linsen und getrocknete Aprikosen (denn den klassischen Hauptlieferanten rotes Fleisch wollen wir ja weiterhin für rare Festmähler aufheben).

Trübsal bei der Aussicht auf Arbeitsbeginn am Montag. Lichtblick: Beim Heimkommen gab es nach drei Tagen wieder Milchkaffee! (Auf den Kastanien vorm Balkon lustiges Eichkatzerljagen zwischen einem jungen dunkelbrauen und einem jungen orangen).

Nachdem die Urlaubswoche reichlich verkackt war, wünschte ich mir dringend noch einen Ausflug. Auf meiner Mal-im-Urlaub-machen-Liste standen verschiedene Ziele, zusammen mit Herrn Kaltmamsell überlegte ich, bei welchem ich mich am meisten ärgern würde, den Ausflug nicht gemacht zu haben (und wir sind uns alle einig, dass wir wirklich, wirklich vermeiden wollen, dass ich mich ärgern muss): Dießen am Ammersee wurde es. Zumal ich herausfand, dass die Schiffe auf dem Ammersee jetzt wieder alle Zwischenhalte anfahren.

S-Bahn nach Herrsching, im gleichnamigen Raddampfer kauften wir Tickets für die “große Runde”, auf der man auch zwischenaussteigen darf. Das taten wir gleich am ersten Halt in Dießen.

Möwen in der Sonne, Enten im Schatten.

Die Marktgemeinde ist sehr auf Fremdenverkehr ausgerichtet, aber auf die angenehme, herzliche Art: Viel Gastronomie (Herr Kaltmamsell holte sich eine Fischbratwurst in Semmel), Schnickeldi- und Fischereiläden, liebevoll geschmückte Winkel, überall ungemein freundliche Menschen. (Der Bemerkung eines anderen Besuchers entnahm ich, dass es normalerweise deutlich voller Menschen ist.) Wir fremdenverkehrten also, sahen uns in den Gassen und Wegen um, besichtigten die Hauptattraktion: das Marienmünster.

Zum Betrachten der superbarocken Deckengemälde steht ein rollbarer Spiegeltisch bereit.

Wir spazierten auch ein wenig in die Ufernatur zum Aussichtsturm.

Ausruhen auf einem schattigen Bankerl mit Blick auf den See, es war heiß geworden. Trotz Appetitlosigkeit sah ich gegen drei ein, dass ich etwas essen sollte. Wir setzten uns in ein Eiskaffee, ich aß einen Eisbecher mit Früchten.

Dann traten wir den Rest unserer “großen Runde” auf dem Ammersee an: Drei Stunden lang ließen wir uns von der Herrsching nach Herrsching fahren, dann nach Riederau, Utting, Breitbrunn, Stegen, Buch, Schondorf, Utting, Holzhausen und wieder zurück nach Herrsching.

An Deck hatten wir uns ins Freie unter ein Dach gesetzt, wurden aber eine Stunde lang doch von der Sonne eingeholt. Das Hygienekonzept hatte sich seit unserem letzten Besuch im Juni geändert: Jetzt galt durchgehend Maskenpflicht überall auf dem Schiff, dafür waren keine Plätze gesperrt, es wurden auch keine Kontaktdaten aufgenommen. Zum Glück war wenig genug los, dass man auf den Plätzen Abstand halten konnte, das Einhalten der Maskenpflicht wurde immer wieder mit Durchsagen angemahnt.

Wir fuhren vorbei an Ruderbooten, Segelbooten (mit hängenden Segeln, es war windstill), Stehpadlern, Schlauchbooten, Tretbooten, Motorbooten, Badegästen an Stränden, Strandbädern (das beeindruckendste in Utting), Möven, Enten, Blesshühnern, vielen Schwalben, beim Anlegen in Stegen sahen wir sogar Flussseeschwalben. Eine Weile hatten wir Gesellschaft von einer kleinen Hochzeitsgruppe, später von einer kleinen Geburtstagsgesellschaft in Dirndln. Das Sonnenlicht wurde immer goldener.

Strandbad Utting (allein schon der hölzerne Sprungturm!).

Kurz nach sieben kamen wir zurück nach Herrsching. Nach dem vielen Schifferlfahr’n wurde uns die S-Bahn-Fahrt zurück nach München recht lang. Ich hatte zwar auf dem Raddampfer eine Hand voll Nüsse gegessen, aber jetzt bekam ich Hunger.

Daheim, es war bereits dunkel geworden, gab es den zweiten großen Salatkopf aus Ernteanteil, außerdem die Ernteanteil-Aubergine in Scheiben gebraten, als Nachtisch das Aprikosenkompott vom Vortag.

§

Der englische Lyriker Jay Hulme erzählt in einem Twitter-Faden, wie er eine bezaubernde mittelalterliche Kirche entdeckte, mitten im absoluten englischen Nirgendwo.

die Kaltmamsell

1 Kommentar zu „Journal Freitag, 21. August 2020 – Neue Körperlichkeiten, Ausflug nach Dießen am Ammersee“

  1. Hauptschulblues meint:

    Das Marienmünster wurde H.s vor Jahren im Rahmen einer Veranstaltung des Kulturvereins Hadern (http://www.kultur-in-hadern.de) von einem Professor der Augsburger Uni erklärt. Der Name ist entfallen. Aber die Führung war großartig und erklärte, wie die Gestaltung des Innenraums (hinten links beginnend bis hinten rechts endend) auf die Wahrnehmungsarten der Menschen vor 300 Jahren hin gebaut wurde. Die Blick- und Betrichtung zog die Gläubigen automatisch von Bild zu Bild bzw. von Altar und Statue zum nächsten Altar und zur nächsten Statue.

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