Nachrichten aus der Adventsbackstube
Sonntag, 29. November 2009 um 18:30Fangen wir mir den schlechten Nachrichten an. Zum einen machen das die Medien auch so (Katastrophen und Gemeinheiten sind halt interessanter und bieten mehr Gesprächsstoff), zum anderen gehöre ich zu den Menschen, die auf das Angebot „zuerst die gute oder zuerst die schlechte Nachricht?“ immer erst die schlechte hören wollen, um sich danach die Stimmung mit der guten ein wenig aufzuhellen.
Die Schoko-Linsen-Streusel aus der Brigitte sind mir misslungen. Muss an mir gelegen haben, denn sonst habe ich nur Erfolgsberichte gelesen, zum Beispiel bei Küchenlatein. Ich strauchelte beim Arbeitsschritt „Die Linsen-Schoko-Füllung darauf verstreichen“, nämlich auf einem Boden aus festgedrückten Streuseln. Der Boden war bröslig, die Füllung knetbar fest – da ließ sich gar nichts verstreichen. Ich verlegte mich darauf, die Füllung brockenweise auf den Bröseln glatt zu pressen.
Mehr ging nicht. Meine einzige Abweichung vom Rezept war die Verwendung von 70-prozentiger statt der angegebenen 55-prozentigen Bitterschokolade gewesen – hat das so viel ausgemacht? Also die restlichen Streusel einfach drübergekippt und das ganze gebacken.
Heute Morgen sägte ich aus der Platte alles Dreischichtige als Schnittchen heraus, den Rest erklärte ich zu „Crumble“ der zum Beispiel über Bratäpfel gestreut wird.
Heute war der Stollen dran. Ich hatte mich für einen „original thüringer“ solchen entschieden, nach dem Rezept des von vielen Foodbloggern geschätzten Bäcker Süpke.
Die 170 ml Milch auf über ein Kilo Mehl kamen mir zwar arg wenig vor, aber man lernt ja nie aus. Tatsächlich ähnelte der resultierende Teig vor Zugabe der Früchte und Nüsse Streuseln.
Erst nachdem ich einen weiteren Viertelliter Milch eingeknetet hatte, konnte überhaupt von einem Hefeteig die Rede sein. Zwar heißt es im Nachwort zum Rezept, die Milchmenge müsse der Mehlqualität angepasst werden, doch dabei hatte ich nicht mit mehr als doppelt so viel Milch gerechnet.
Ein weiteres Mal verdutzt war ich dann von der Anweisung, den fertig geformten Stollen einzuscheiden: „Längs einschneiden. 1cm tief und 1cm vom Rand entfernt.“ Das habe ich dann einfach sein lassen.
Das Ergebnis direkt aus dem Ofen sah gut aus, allerdings ist der rechte Stollen beim Abkühlen zusammengefallen.
Den linken werde ich nach dem Puderzuckern in Alufolie wickeln und zwei Wochen ruhen lassen. Den Gesunkenen schnitten wir zum Adventstee an1:
Definitiv der saftigste Stollen, der mir je untergekommen ist. Und er schmeckt. Wer also Stollen nicht recht mag, weil er ein arg trockenes Gebäck ist, könnte mit diesem Rezept Freude haben. Ich bin schon sehr gespannt, wie er nach zwei Wochen schmeckt.
Nun zur wirklich guten Nachricht: Die Maronen-Schoko-Kringel aus der Brigitte sind was geworden. Ich hatte vakuumierte Fertigmaronen statt derer aus der Dose verwendet und deshalb wie angegeben gehackt und in Milch weich gekocht. Meinen gemahlenen Kardamom hatte ich im Sommer wegen Altersschwäche weggeworfen, deshalb aus dem Inhalt von Kardamomkapseln den benötigten Viertelteelöffel gemörsert und abgesiebt. Der rohe Teig duftete wundervoll nach Maroni und Gewürz.
Die fertigen Plätzchen sind nicht mehr ganz so aromatisch, aber immer noch gut. Das Ausstechen der Mittellöcher habe ich mir übrigens gespart: zu viel Gepopel. Statt dessen habe ich mit der Rückseite des Kochlöffel ein Loch ausgepult.
Um den Geschmack des rohen Teiges zu replizieren, bereitete der Mitbewohner aus den übrigen vielen Maroni Vermicelles nach lamiacucina (ohne die spezifische Presse, und Schlagsahne hatten wir auch keine weitere).
- Ha, ha – etwas angestrengter Versuch, uns zivilisiert wirken zu lassen: Tatsächlich goss der Mitbewohner einen Becher billigen Beuteltee auf, den er am Schreibtisch zum Stollen nippte, ich trank große Mengen Wassers dazu, weil mein Durst nach einer großen Laufrunde noch nicht ganz gestillt war. [↩]
9 Kommentare zu „Nachrichten aus der Adventsbackstube“
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29. November 2009 um 18:38
Oh, das tut mir leid zu lesen, dass die Linsen-Streusel vercrumbleten.
29. November 2009 um 18:55
Sitze hier, korrigiere Klausuren und wünsche mich auch jemanden, der Stollen vorbeibringt.
29. November 2009 um 19:10
Bei „das Gute zuerst” kann man schon mal gut gelaunt das Schlechte schnell vorüber winken – was bei dem Linsenärger allerdings schwerfällt, bei der Vorstellung „Linsen & Plätzchen” aber gar nicht. Allerdings: Montebianco ohne Sahne ist wie Grießbrei ohne Zimtzucker.
29. November 2009 um 19:47
Pah, Sebastian: Der Mitbewohner hat mit Hilfe einer Cocktailkirsche Monterosso draus gemacht.
29. November 2009 um 21:14
Wow. Diese Kringel sind ja so etwas von akkurat.
29. November 2009 um 22:49
na sicher war’s die höherprozentige schoko! das (richtige) temperieren von schokolade mit höherem kakaoanteil ist wirklich hundig (bloss nicht zu heiss, bloss kein wassertropfen). wir hatten schon mal schokomousse auf diese weise fabriziert, das wir dann (wegen bröseliger schoko) als straciatella-mousse servierten…
allerdings: diese kekse (plätzchen bringe ich nicht über die tastatur, sorry) hätte ich sowieso nie gemacht, da wären mir myriaden anderer näher gelegen.
und im übrigen bin ich sebastians meinung, was mont blanc (oder maronireis oder kastanienreis oder montebianco oder oder oder) betrifft. ohne obers geht gar nicht. und eine portion davon wäre jetzt gerade gut.
30. November 2009 um 17:29
Dein Stollen liegt “anders herum” als meiner. Wir machen hier in der Gegend einen Schnittstollen. das heißt wir formen ihn wie einen Brotlaib. Mit dem Schluss nach unten und dann schneiden wir ihn vor dem Backen. Deshalb heißt der Stollen hier auch Schittchen (hat nichts mit dem engl. Wort zu tun) Die Leute hier möchten einen saftigen Stollen. Durch den Schnitt kann die Butter nach dem backen schön rein laufen und alle Seiten sind gleich hoch, so dass es keine trockene Seite gibt.
1. Dezember 2009 um 21:46
Klar ist es beim Stollen auch schön, wenn er die richtige Form hat und nicht zusammenfällt, aber dass er schmeckt und nicht trocken ist finde ich viel wichtiger…Und da haste ja dann alles richtig gemacht. :-)
12. Dezember 2009 um 20:09
Gerade habe ich die Schoko-Linsen-Streusel fertig gebacken und sie sind grossartig geworden! Ich bin nun wirklich keine Backkünstlerin und auch mehr eine Grobmotorikerin, aber durch Ihre Erfahrungen hellhörig geworden. Bestimmt hätte ich auch 70%ige Schokolade genommen, aber nun war ich vorgewarnt. Frau Katha hat Recht, es muss am anderen Schmelzpunkt der 55%igen Schokolade liegen, denn so ging der Linsen-Schokoladeteig ganz leicht auf dem Bröselteig zu verstreichen. Versuchen Sie es nochmal, spätestens im Dezember 2010, ist bestimmt gut gegen Dezember-Tristesse.