Journal Sonntag, 11. Oktober 2020 – Kaltes, graues Nichtstun

Montag, 12. Oktober 2020 um 7:23

Wieder ein Tag, an dem ich hauptsächlich heilte.

Trotz Schlaftablette war die Nacht kurz: Ich wachte um halb sechs auf. Duschen, im Stationszimmer um Hilfe beim Kompressionsstrumpfanziehen bitten, bloggen. Beim Frühstück ließ ich meiner Appetitlosigkeit freien Lauf, setzte auf einen Cappuccino später in der Cafeteria. Doch deren Öffnungszeiten sind erratisch: Nachdem sie am Samstag bereits um 9 Uhr in Betrieb war, blieb sie gestern vor meinem Sporttermin um 11 Uhr leer. Zum Glück hatte ich mir einen kleinen Pack Milch vom Frühstück mitgenommen, der musste als Energie reichen.

Eine Runde im Sportraum: Leichtes Radeln mit geringem Radius, Oberkörpermaschinen, Crunches am Boden.

Zu Mittag Salätchen, Sparghetti Pomodoro, Brombeer-Mousse. Wie schon nach dem Frühstück krückelte ich in der Parkanlage umher, das Wetter war grau und kalt, aber ohne Regen.

Großer Programmpunkt des Nachmittags: Wäschewaschen. Waschpulver hatte ich in einem Schraubglas dabei, Waschmünzen kaufte ich an der Rezeption, den Weg zur kleinen Waschküche im Schwimmbadtrakt hatte mir meine Tischgenossin beschrieben. Beim ersten Versuch waren beide Waschmaschinen belegt, zeigten aber die Restzeit an. So konnte ich den zweiten Versuch gezielt terminieren.

Während meine Wäsche wusch, holte ich nicht nur den Cappuccino nach, sondern bestellte ein großes Stück Käsekuchen dazu. Beides machte mich fröhlich, außerdem sollte ich damit nicht mehr so lang vor dem Abendessen hungrig werden.

Lektüre von Connie Willis, Doomsday Book. Bald las ich im Fast-forward-Modus, um mich nicht zu sehr über die erzähltechnischen Unzulänglichkeiten zu ärgern: Zum einen fehlt eine direkte Erzählstimme, also werden Informationen alle in Dialoge gepackt, bis zum “Hans, der, wie du weißt, dein Vater ist”-Blödheitsgrad. Zum anderen ist alles viel zu lang und und ausschweifend ausgeschrieben: Noch eine Person, die nie wieder auftaucht, noch ein Raum, noch ein innerer Monolog ohne Substanz, jede Bewegung wird in viel zu vielen Schritten erzählt – man könnte mindestens 30 Prozent streichen. Gab’s da keine Lektorin?

Zum Nachtmahl hatte ich den Couscous-Salat bestellt, mit einer Spinatsuppe davor wurde ich satt.

Abendunterhaltung nach der Tageeschau war weiter der Roman; wenn ich kursorisch auf der Suche nach Handlung las, war er ganz interessant.

die Kaltmamsell

7 Kommentare zu „Journal Sonntag, 11. Oktober 2020 – Kaltes, graues Nichtstun“

  1. SaBine meint:

    ******************KOMMENTAROMAT**********************

    Gerne gelesen

    *******************************************************

  2. Elfe meint:

    Seit Ihren ausführlichen Berichten nehme ich meine Alltagsbewegungen ganz neu wahr, „oh, schon wieder über neunzig Grad gebeugt“ …

  3. Hiwwelhubber meint:

    ich kann mir nicht helfen – die essenspläne der reha hören sich richtig gut an!
    (ich kenne leider andere verhältnisse diesbezüglich…)

    wünsche gute besserung!

  4. Anne meint:

    Die Sparghetti merk ich mir, quasi vs Luxusghetti. Das Wahnehmen des eigenen Alltags bestaune ich seit mir mein eigenener zunehmend entgleitet. Das Heilen auf die Tagesordnung zu setzen, flächendeckend, schau ich mir ab, wenn ich darf.

  5. die Kaltmamsell meint:

    HAHAHA, Anne, den Vertipper muss ich jetzt natürlich so lassen.
    Eventuell handelt es sich allerdings um ein Herborner R, dort sagt man ja auch “Barnane” und “Arnette”.

  6. Mareike meint:

    Ich ertappe mich dabei, wie ich ganz neidisch auf dieses verordnete Entschleunigen und Nichtstun bin und schäme mich direkt dafür. Kann ich doch nur froh und dankbar sein, dass mein Alltag nicht durch irgendwelche gesundheitlichen Probleme eingeschränkt ist.

    Aber mit einem Anspruch auf eine alljährliche dreiwöchige Kur für alle könnte ich mich sehr gut anfreunden.

    Weiterhin alles Gute und vielen Dank fürs Teilhabenlassen!

  7. engl meint:

    heilen ist toll!

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