Mehr Diät für keine Models
Montag, 4. Januar 2010 um 14:01Nun ist sie also da: Die erste Brigitte „ohne Models”. Und was leuchtete mir auf allen Werbeplakaten und Citylights entgegen, die diesen Meilenstein der deutschen Frauenzeitschriftslandschaft ankündigen? „DIE NEUE DIÄT“ inklusive einer Nährwert-Tabelle zum Heraustrennen und Mitnehmen. (Die Version der frühen 80er, damals hieß sie noch „Kalorientabelle“, lag immer in der Küche meiner Mutter herum. Irgendeine Leserin im Alter zwischen 17 und 50 hier, die den ungefähren Kaloriengehalt fast jeden Lebensmittels nicht im Kopf hat?)
Was hatte ich Naivling denn auch erwartet? Dass ausgerechnet die Erfinderin und der Motor des deutschsprachigen Diätterrors damit aufhört, Frauen erst einzureden, dass sie zu dick und somit scheiße sind, um ihnen dann die Lösung für diese Misere zu verkaufen? Da mag das Editorial noch so sophistisch versuchen, den Widerspruch zwischen Diätterror und Selbsthass bis zum Magerwahn wegzuargumentieren: Wer Menschen bestärkt, dass sie so in Ordnung sind, wie sie aussehen, vergibt sich einfach zu viele Einnahmemöglichkeiten.
Die Besprechung in der Freitag verrät, dass die Brigitte einfach nur das Konzept zeitgemäßer Modekataloge wie Conleys oder Boden umgedreht hat: In den Katalogen gibt es heute Beschreibungen der Fotoshootings (lokale Atmosphäre, erdichtete Anekdoten) und persönliche Details der Models (Lieblingsspielzeug als Kind, bevorzugtes Katerfrühstück o.Ä.), um Nähe zur Käuferin herzustellen. Die Brigitte verwendet Persönlichkeiten samt Beschreibung als Models, um Nähe zur Leserin herzustellen.
Wir sehen uns wieder beim nächsten Plätzchen-Sonderheft. Wenn überhaupt.
die Kaltmamsell29 Kommentare zu „Mehr Diät für keine Models“
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4. Januar 2010 um 14:45
ich habe dieses Jahr erstmals vom Plätzchenheft auch nur den Plätzchenteil gelesen. (Den Rest hat mein 9monatiger Sohn gestern angefressen, deswegen ist es mir aufgefallen)….
Was ich aber schon lange mal loswerden wollte: ich lese hier sooooo gerne. Als Exmünchnerin und dortige Fitnessstudio- und Schwimmbadbesucherin habe ich hier oft Backflashs. Und zu Weihnachten habe ich mir “Eine englische Art von Glück” gewünscht, das ich wie jeden Lesetipp hier, nur so verschlinge.
Liebe Grüsse aus dem Schweizer Exil.
4. Januar 2010 um 15:32
Hm, also ich kenne keinerlei Kaloriengehalt von auch nur irgendeinem Lebensmittel. Und das ist auch gut so :-) (schränkt den Genuß so ein)
4. Januar 2010 um 16:23
…Ich finde es eigentlich gar nicht schlecht, wenn die Leute wenigstens zeitweise etwas bewusster essen. Es führt kein Weg dran vorbei: Die meisten sind zu dick (Körperfettgehalt ist zu hoch) – das betrifft übrigens auch viele Models, siehe “skinny fat” – und die gesundheitlichen Folgekosten davon tragen wir alle. Ob Diät-Features in Frauenzeitschriften dazu der richtige Weg sind, das sei mal dahingestellt. Die optische Vorstellung von “gesunder Frau”ist bei den allermeisten Menschen vollkommen verzerrt.
4. Januar 2010 um 16:39
Als ehemals jahrelange Abonnentin der Brigitte bin ich dieser Zeitschrift gegenüber zwiegespalten – einerseits ist sie meines Erachtens immer noch die angenehmste und hochqualitativste Frauenzeitschrift Deutschlands. Andererseits, sie ist eben “nur” eine Frauenzeitschrift, die mir mit den immer selben Themen zuletzt so gehörig auf die Nerven gegangen ist, dass ich sie abbestellt habe und seitdem auch nicht vermisse.
Der PR-Coup rund um die Models – und nichts anderes ist es meines Erachtens, eine PR-Geschichte – hat mich in dieser Entscheidung nochmals bestätigt.
Zu den Brigitte-Diäten allerdings ein verteidigendes Wort: Immerhin sind diese Diäten aus ernährungstechnischer Sicht sinnvoll und durchdacht, was man von anderen Frauenzeitschriften-Diäten (3 Wochen Ananas) nicht behaupten kann. Und ich gebe auch meinem Vorkommentator Kecks recht: Es kann sicher nicht schaden, wenn sich die Leute gerade nach Weihnachten ein Stückweit gesünder ernähren – und wenn sie das mit der Brigitte-Diät machen, ist das sicher keine schlechte Wahl.
(Und ja, auch ich bin ein Opfer der Tabellen – allerdings kenne ich den Fettgehalt der meisten Lebensmittel, Kalorien waren zu meiner prägenden Zeit gerade tabu).
4. Januar 2010 um 16:42
Eine echte Exotin, Sabine. Ich denke zwar nicht dran, kann aber auf Nachfrage Kaloriengehalt jederzeit nennen.
“Zu dick” wofür, kecks? Körperfettgehalt “zu hoch” nach welcher wie begründeter Norm? Es hat sich doch schon lange gezeigt, dass die Menschen mit Speck und angeblich etwas Übergewicht die höchste Lebenserwartung haben. Klar, diese Kosten tragen wir auch alle, allerdings über die Renten- und nicht die Krankenkasse.
Ich hätte gerne mal eine groß angelegte Untersuchung, die Lebenserwartung und Körpergefühl in Verbindung bringt: Leben Menschen länger, die sich zu dick finden und deshalb stressen? Oder die, die sich in Ordnung finden und gelassen mit Ernährung und Genuss umgehen?
4. Januar 2010 um 17:19
Zu hoch ist der Körperfettanteil (Kfa) der meisten gemessen an den üblichen Standards ( http://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6rperfettanteil; hier z.B. für Frauen zw. 20 und 30 “gut” bei 18-23% Kfa; das ist recht hoch gemessen am machbaren – z.B. hat eine Turnerin unter 10%, eine Sprinterin rund 11-14%; gemessen am BMI ist letztere übrigens “übergewichtig”); die Tabellen lassen da durchaus was anderes zu als “sichtbare Bauchmuskulatur” (eben ein “bisschen Speck”).
Der Verzicht auf die Fotos mit magersüchtigen Models (die aber alle gleichzeitig einen Kfa jenseits der 25% haben = “skinny fat”), aber zugleich das Beibehalten einer bewussten Ernährung (eher qualitäts- als kalorienbewusst, schon gar nicht “fett”bewusst…; “real food” statt junk) ist vielleicht ein kleiner Schritt hin zu einer realitätsnäheren Vorstellung davon, wie eine gesunde Frau aussieht. Die kann nämlich ruhig einen etwas höheren BMI haben, aber der Körperfettanteil sollte dabei weder zu niedrig, noch zu hoch werden.
Negativer Stress fördert die Erhöhung des Kfa. Natürlich sollte man das entspannt angehen, aber Thema darf es ruhig sein, finde ich wenigstens.
4. Januar 2010 um 17:34
Ach ja, der Körperfettanteil. Ich bin 164 cm hoch, wiege 62,5 kg – aber mein Körperfettanteil ist wiederholt auf 38% gemessen worden. Ich meine, dass kann doch nicht, ich laufe, mache Krafttraining und Spinning – außerdem schwabbel ich nicht. Irgendwas stimmt da nicht.
Haha, ich kenne alle Kalorienwerte, fast immer. Muß wohl so sein. :)
4. Januar 2010 um 17:46
Kenne auch keine Kaloriengehalte und kaufe die “Brigitte” nur zweimal im Jahr: wenn es das Plätzchen-Sonderheft und – ähem – das Jahreshoroskop gibt.
4. Januar 2010 um 17:52
“skinny-fat”, brrr…wieder was dazugelernt, so wie z.B. letzten Sommer das schöne Wort “winkfleisch”. Beides habe ich wahrscheinlich zu bieten, obwohl BMI-mäßig alles im grünen Bereich, obwohl regelmäßige, wenn auch moderate Bewegung, obwohl dem Fastfood eher abhold. Aber es wird schon was dran sein, weil in manchen Klamottenläden brauche ich trotzdem erst gar nicht das Probieren anfangen, mit über 170cm und über 60kg, da sprengt die große dicke Frau alle Rahmen.
Man sollte vielleicht auch einmal untersuchen, wie ungesund es ist, in solchen Begrifflichkeiten über sich und andere zu denken. So richtige professionelle Leistungssportlerinnen sind halt vielleicht auch eher ein ideologisches als ein allgemeingültiges Ideal.
4. Januar 2010 um 17:54
p.s.: und, ach so: dass man nach den Feiertagen mal wieder eine Zeitlang öfters Gemüsesuppe essen sollte, hat damit m.E. sowieso nichts zu tun.
4. Januar 2010 um 18:22
@kecks “…die gesundheitlichen Folgekosten tragen wir alle.”
Das stimmt.
Allerdings tragen wir auch zunehmen die Folgekosten, die durch im weitesten Sinne psychiatrische Störungen entstehen, die auf das Konto der durch unreflektierte Normen ausgelösten Störung des Körperbildschemas, einer zwanghaften Leistungsorientierung und einer zunehmend genussfeindlichen Tendenz bis hin zur Selbstkasteiung gehen.
Zum anderen sollte man sich einmal die Zielgruppe dieser Zeitschrift ansehen.
Zum einen sind das wohl eher nicht diejenigen Frauen, die sich in gesundheitsschädigendem Maßen und nahezu ausschließlich von fastfood ernähren; von denen nun wiederum leidet vermutlich nur ein verschwindend geringerer Teil an einer gesundheitsgefährdenden Adipositas per magna.
Und da diese Erkrankung auch bei Männern vorkommt, wohl kaum ausschließlich mittels “Brigitte-Diät” dauerhaft heilbar ist, ist die Zielsetzung dann wohl doch eher eine andere, als das gesundheitliche Wohl der Bevölkerung im Sinne einer Kostendämpfung im Gesundheitswesen?
Oder um es kurz zu machen – ich finde dieses Magazinchen mit seinen Diätchen auch mehr als ärgerlich.
4. Januar 2010 um 18:27
Ha, ich musste gleich an Sie, liebe Frau Kaltmamsell, denken, als ich heute die Brigitte-Reklame in der Süddeutschen sah. Dass das der Redaktion nicht peinlich ist?
Ich kenne übrigens auch keine Kalorienwerte, kann aber Lebensmittel schnell in “immer essen” und “selten essen” einteilen. Und was ist jetzt das für eine neue Hexerei mit dem Körperfettanteil? Reicht das Ziel, fit und beweglich zu sein und in eine halbwegs anmutige Kleidergröße zu passen, nicht? Im übrigen sehe ich ein großes Problem bei den Vertretern der Schneiderkunst, die sich augenscheinlich weigern, angemessene Kleidung für gewichtigere Frauen herzustellen, in denen sie nicht ungeschlacht aussehen. Wenn eine Frau mit 170 cm und 60 kg nicht angemessen einkaufen kann, dann liegt das Problem allemal beim Laden.
4. Januar 2010 um 18:27
Das mit der Diät fand ich auch krass – und total instinktlos.
Die “normalen” Frauen müssen sich eben erst mal “normal essen”.
4. Januar 2010 um 20:59
Brigitte hat sein Jahrzehnten im ersten Januarheft immer ein Diätheftchern beiliegen. Weiß Gott ein Armutszeugnis für die Redaktion, wenn denen nicht mal was Originelleres einfällt. Das mit den Hobby-Models halte ich allerdings für einen genialen Marketingeinfall, den wenn dann eine 15-jährige Gymnasiastin für ein Taschengeld für Brigitte modelt, ist das von enormem Vorteil für den krisengeschüttelten Konzern Gruner+Jahr.
4. Januar 2010 um 21:18
Ich finde an der Diskussion hier interessant, dass es hauptsächlich um Körpermaße und Diäten geht, wenn der Begriff “Model” fällt.
Ich dachte bei “ohne Model” spontan an was anderes: normale Frauen in normalen (erschwinglichen) Klamotten. Ich lese keine Brigitte, unter anderem, weil ich weder an Jacken für 2.500 Euro noch an überteuerten Handtäschchen interessiert bin.
Jetzt stecken also Durchschnittskörper in Luxusklamotten? Verstehe ich nicht.
4. Januar 2010 um 22:32
@AnkeD Kfa-Messungen auf Waagen, mit Handgeräten usw. sind fast immer für die Tonne. Das stimmt so gut wie nie. Sinnvoll ist am ehesten eine Kaliper-Messung durch eine erfahrene Person, wenn man’s denn wirklich wissen will.
@Britt Naja, Brigitte möchte wohl dem ewigen “Wir sind alle halb-magersüchtig und haben beim Essen Schuldgefühle, weil wir ständig magersüchtige Models als Ideal konsumieren” wenigstens auf den eigenen Seiten ein Ende bereiten, indem sie gewöhnliche Leute in teuren Kleider ablichtet, statt magersüchtige Models in teuren Kleidern wie bisher. Natürlich schlagen sie Kapital daraus; eine gewisse politische Motivation ist bei Brigitte aber durchaus nicht ganz unwahrscheinlich.
Es ergibt sich freilich eine gewisse Realsatire, wenn diese Kampagne nun direkt auf dem Titelbild mit einer Diätrubrik kollidiert.
Aus einem anderen Blickwinkel wird aber aus dieser Satire vielleicht auch die Idee, dass man durchaus bewusst – ja, durchaus mit dem bösen, bösen Ziel den Kfa zu reduzieren und damit ca. 10 000 Folgekrankheiten loszuwerden – und trotzdem ohne Verbote und Schuldgefühle (*und vor allem ohne ein krankes magersüchtiges Ideal zu verfolgen*) halbwegs gesund essen kann (also wenig verarbeitete Kohlenhydrate, keinen/sehr wenig Zucker, reales Essen statt Dingen, bei denen man nicht mal die Zutaten auf der Packung ohne Chemiediplom korrekt aussprechen kann).
4. Januar 2010 um 22:47
@Buchfink: Warum ist das ein Armutszeugnis der Redaktion, wenn die Zielgruppe doch offensichtlich gerade nach dem Jahreswechsel dieses Diätheftchen haben will? Dem Vernehmen nach soll nach dem Jahreswechsel auch die Aktivität in den Fitness-Studios und die Nachfrage nach Nikotinentzugshilfe steigen ;-)
5. Januar 2010 um 6:57
Bewusste Ernährung geht einfach, kecks: Eat food. Not too much. Mostly plants.
Das kann eine Frauenzeitschrift durch schlichte Warenkunde und Rezepte unterstützen. Diäten aber machen dick und krank, die einseitigen mehr, die ausgewogenen weniger, aber durchweg alle.
Körperfettmessungen nach irgendwelchen Standards (“zu hoch” weswegen? Nach welchen Kriterien wurden die Grenzwerte festgelegt?) sind ein denkbar schlechtes Mittel, ein gutes und entspanntes Verhältnis zum eigenen Körper herzustellen. Und doch sicher eigentlich für Menschen gedacht, die von ihrem Körper leben, z.B. für Leistungssportler. Eine sportliche Feinschmeckerin in Konfektionsgröße 46 ist doch wohl fitter als eine selbsthassende Couchpotatoe in Konfektionsgröße 36?
5. Januar 2010 um 9:22
Ich fand das Titelbild der aktuellen Brigitte auch vollkommen albern. Die Widersprüchlichkeit ist zu hoch.
Und: ich gehöre zu den Frauen, die in ihrem Leben noch keine einzige Diät gemacht haben, von nichts den Kaloriengehalt wissen und von ihrer Mutter ein gesundes Körperbild mitgegeben bekommen hat. Zusammen mit halbwegs gesunden Essgewohnheiten.
Bin ich damit so außergewöhnlich? Ich hoffe nicht.
5. Januar 2010 um 10:09
Liebe Frau Kaltmamsell: Ja, real food. Das wär’s. Mostly plants – umstritten, wie man’s nimmt. In jedem Fall fällt aber gerade dieses bewusstere Essen ganz, ganz vielen Leuten ganz, ganz schwer. Diäten können da ein Anfang sein, wenn sie als Einstieg in eine andere Lebensgestaltung betrachtet werden. Als zeitweises Hungern sind sie natürlich völlig sinnlos und kontraproduktiv.
Außerdem ist es ohne Medikamenteneinnahme oder Grunderkrankung usw. ziemlich schwierig bis unmöglich, bei so einer Ernährung (not too much, mostly plants, real food) Konfektionsgröße 46 zu haben…
“Fitter” – kommt auf die Definition von “fit” an. Selbsthass ist da nicht zuträglich, Konfektionsgröße 46 aber sicherlich auch nicht.
5. Januar 2010 um 10:12
Eine Brigitte “ohne Models” halte ich in erster Linie für einen Marketing-Coup und in zweiter Linie für keine große Sache: Die Brigitte hat in den vergangenen Jahren schon sehr viele Geschichten mit “normalen” Frauen, z.B. Schauspielerinnen und v.a. den eigenen Redakteurinnen gemacht. Letzteres fand ich irgendwann ziemlich nervig.
Ein viel aufsehenerregender, größerer Coup wäre es doch gewesen, hätte sich die Brigitte-Redaktion dazu entschieden, in Zukunft nie wieder eine Diät vorzustellen, ja nicht einmal das Wort “Diät” zu drucken. Aber das traut sich wieder keiner… Im Übrigen fand ich die neue Brigitte wie immer: besser als die anderen Frauenzeitschriften, aber dann auch wieder so frauenzeitschriftig, dass ich sie nicht mehr abonnieren möchte.
Viele Grüße!
P.S. Als (neigschmeggde) Münchnerin lese ich hier übrigens täglich und immer sehr gerne vorbei!
5. Januar 2010 um 10:45
selbstverständlich kenne ich keinen einzigen kaloriengehalt oder sonstigen nährwert. und das lässt sich übrigens wunderbar mit meinem job vereinbaren.
aber mich irritiert schon sehr, wenn reflektierte menschen solche probleme mit körper/gewicht/aussehen/essgewohnheiten haben.
wo ansetzen? wie immer bei den eltern, die ihren kindern vor-essen, vor-leben und vor-wissen? aber wie? ich bin sicher, hier lesen mütter und väter mit. was geben sie ihren kindern mit?
5. Januar 2010 um 11:32
@katha: Seien Sie froh, dass Sie nicht wissen, wie ideologisch besetzt das Thema “Essen” gerade in Familien sein kann. Ich z.B. wuchs in einer Familie auf, wo immer sehr niederbayrisch gekocht wurde. Sonntags wurde noch nach dem eigentlichen Mittagessen das flüssige Schweinefett mit Weißbrot aus der Pfanne getunkt, während Sport als unnütze Freizeitbeschäftigung von Leuten galt, die nichts zu tun haben.
Verbunden mit einer allgemeinen Teenager-Unglücklichkeit wurde ich dick und fett und wog mit 16 Jahren über 90 Kilo. Meine Mutter, selbst nicht schlank, stellte mir kommentarlos anti-Cellulite-Cremes auf den Waschtisch, änderte aber kein Jota an ihren Kochgewohnheiten.
Als ich mich, Jahre nach meinem Auszug von zu Hause, endlich anfing auch essensmäßig zu emanzipieren, etwa in Richtung der von der Kaltmamsell genannten drei Punkte, ergänzt um: gerne Vollkorn und bio, wurde ich innerfamiliär zur alternativ-hysterischen Ökotante stilisiert. Als ich mich auf diese Weise recht undramatisch endlich auf Größe 40 zubewegte, wurde ich schon mal zur Seite genommen: Ob ich am Ende jetzt auf dem Weg in die Magersucht sei. Noch heute kann ich mir bisweilen die Räuberpistolen anhören, dass das viele Leinsamenschrot-Essen ja diese und jene entfernte Tante ins Grab gebracht habe.
Summa summarum lebe ich heute meistens im relativen Einklang mit meinem Durchschnittskörper, aber es gibt immer wieder Phasen, wo Essen sehr schuldbehaftet ist und wo ich Aggressionen gegen mein Spiegelbild entwickle – das sind dann eher Zeichen einer allgemeinen Missbalance. Unkompliziert wird das aber sicher nie.
7. Januar 2010 um 18:42
Na klar, das hat viel mit PR zu tun, was G&J d macht, ist ja alles schon gesagt worden.
Aber die wahrscheinlich nicht nur vorgeschobene Begründung der Redakton kann ich mehr als verstehen und beißt sich auch überhaupt nicht mit einer Brigitte-Diät auf dem Titel: Daß sie nämlich die dürrsten unter den dünnsten Models buchen müssen, damit diese in die winzigen Designer-Klamotten passen, nachher aber im Photoshop Pfunde draufretuschiert bekommen, damit sie wiederum nicht so krank aussehen wie die Mädchen und die Branche wohl sind.
8. Januar 2010 um 20:22
In diesem Zusammenhang noch ein Lesetipp: die Diskussion um das aktuelle V Magazine mit dicken Models im Project Rungay Blog (Artikel und Blogkommentare).
http://projectrungay.blogspot.com/2010/01/curves-ahead.html
7. Januar 2011 um 13:33
Ein Jahr Amateur-Modells:
http://taz.de/1/leben/medien/artikel/1/husch-husch-an-den-herd/
Hat sich nichts geändert.
7. Januar 2011 um 13:40
Vielen Dank für den Hinwesi, Alice, interessant, welche Form das Experiment genommen hat.
“Tolle Frau, toller Job und dann das tolle Aussehen – da wird die grelle Badezimmerrealität noch ein bisschen deprimierender.”
Erscheint mir eine realistische Einschätzung der Wirkung: Die Magermodells konnte die Leserin noch mit einer Welt erklären, die nicht mit ihr zu tun hat. Jetzt wird ihr auch noch eingeredet, sie sei eine Versagerin und alle anderen bekämen Karriere und Körper viel besser hin.
2. Oktober 2012 um 12:25
Das wars mit dem Experiment.
http://www.zeit.de/lebensart/mode/2012-09/brigitte-professionelle-models
Ich fühle mich manchmal von der Mode abgelenkt, wenn eine ganz normale Frau gezeigt wird. Und, ja, auch unter Druck gesetzt: Wenn die Frau von der Straße auf den Fotos in Brigitte schon so schön aussieht, das macht einem ja Minderwertigkeitskomplexe”, ist auf Brigitte.de zu lesen”
Was im Grunde die ganze Modebranche in Depressionen treiben müsste. Denn die Konsequenz ist daraus, dass Mode, Modells und alles drumherum von der Öffentlichkeit als “wohltuend” abgehoben von der Realität aufgefasst wird. So eine Art Kunst, die keine Anknüpfungspunkte zum eigenen Leben hat. Bessere Hofnarren.
2. Oktober 2012 um 13:37
Ich habe auch in diesem Jahr wieder das »Brigitte«-Heft mitgelesen, das meine Frau seit vielen Jahren immer für die Rückfahrt aus dem Sommerurlaub kauft. Wir dachten ja als optimistische Menschen: Es muss doch irgendwann wieder besser werden. Nach dem Urlaub 2012 haben wir beschlossen, mit der Tradition zu brechen. Diese »redaktionell aufbereiteten Werbestrecken« sind so peinlich, dass man das Heft einfach nur in die nächste Ecke werfen will …
Allerdings ist mir neulich eine ähnliche Strecke mit Männermode auch im »ZEIT«-Magazin unangenehm aufgefallen. Dazwischen waren irgendwelche Fragen an die Männer von heute gestreut.