Journal Sonntag, 26. September 2021 – Geholfen bei der Bundestagswahl
Montag, 27. September 2021 um 6:20Früher Wecker, denn ich war um sieben mit dem Wahlvorsitzenden zum Aufbau des Wahllokals verabredet. Aber für Milchkaffee reichte es. In der letzten Schlafphase hatte ich erstaunlich tagesaktuell geträumt: Darin war ich im Wahlhilfeeinsatz und hatte alles daheim vergessen, von Unterlagen und Checklisten über Berufungsschreiben bis Handy (was in Wirklichkeit – bis auf Handy – natürlich längst gepackt war).
Wunderschöner Spaziergang durch die Morgendämmerung.
Goetheplatz.
Neues Volkstheater.
Das Wahllokal war mir neu – und überhaupt neu, nämlich der große Veranstaltungsraum im neuen Kulturzentrum Luise. So hatten wir reichlich Platz für Pandemie-gerechten Aufbau und eine ideale Führung des Wahlablaufs.
Es war dann nicht weniger los als vor vier Jahren, obwohl über die Hälfte Briefwahlunterlagen angefordert hatten – uns war nicht langweilig. Auch sonst erlebte ich einiges Interessantes (und selbstverständlich vertraulich). Was ich wieder beim Einsatz im eigenen Wahlbezirk und in meinem Wohnviertel genoss: Zu sehen, unter welchen Menschen in der Nachbarschaft ich lebe. Viele äußerten sich erfreut, dass sie bei dieser Gelegenheit mal das Luise kennenlernten.
Ausblick aus dem Wahllokal.
Abgelöst wurde ich von der Nachmittagsschicht bereits vor eins – da ich Mittagessen für zwei Uhr bestellt hatte, ging ich noch eine Runde im warmen Sonnenschein spazieren.
An einigen Stellen in München wurde Oktoberfest ohne Oktoberfest gespielt. Auch wenn sich gestern das Oktoberfest-Attentat zum 41. Mal jährte.
Beim Heimkommen filmten zwei junge Menschen vor unserem Haus durch den Zaun ein Eichkätzchen.
Herr Kaltmamsell hatte wie vereinbart Ochsenbackerl zubereitet, er gab an, er habe die Sauce “as rich as possible” gemacht, so reichhaltig wie möglich. Sie schmeckte himmlisch.
Dazu gab’s Kartoffelpü, ich aß anderthalb Portionen.
Siesta – in Kombination mit dem Mittagessen knockte mich das ziemlich aus, ich fühlte mich danach benommen. Aber als ich mich nach ein wenig Lesen auf dem Balkon zum Auszähl-Einsatz fertigmachte, war ich wieder fit.
Das Auszählen lief dann auch wie am Schnürchen, der Wahlkoffer, genauer: der Computer darin gab den Prozess und Ablauf vor, alles klappte. Durch die große Glasfront und die offenen Türen sahen wir, dass der Vorplatz abends reichlich genutzt wurde: Skater, lungernde Gruppen Jugendlicher, Hundebesitzer*innen trafen sich.
Ich wäre tatsächlich wie in der Schulung angekündigt bequem zur Tagesschau daheim gewesen, erklärte mich aber bereit, auf die bereits benachrichtigte Zusperr-Verantwortliche zu warten. Mit ihr verräumte ich alles und ließ mir noch ein wenig über das Kulturzentrum erzählen.
Heimweg zu Donnergrollen und in schwüler Luft.
Auch wenn ich immer noch vom Mittagessen satt war, gab es Abendessen: Gebratene Auberginenscheiben aus Ernteanteil, Käse.
Brotzeitzubereiten für Montag, Wohnung aufräumen für Putzmann. Ich ging zu Bett zu Regenrauschen.
§
Außensicht: Die New York Times sieht sich im Deutschland nach 16 Jahren Merkel um.
“Affluent, Anxious and Almost Normal: A Journey Through Merkel’s Germany”.
Being called a normal country might seem underwhelming elsewhere. But for Germany, a nation haunted by its Nazi past and four decades of division between East and West, normal was what all postwar generations had aspired to.
Almost everywhere, however, there was also a nagging sense that the new normal was being threatened by epic challenges, that things cannot go on as they are.
die Kaltmamsell
5 Kommentare zu „Journal Sonntag, 26. September 2021 – Geholfen bei der Bundestagswahl“
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27. September 2021 um 10:10
Das klingt ja spannend mit dem Computer im Koffer – dürfen Sie mehr darüber erzählen? In Berlin mussten sich die Schriftführer*innen noch durch eine nicht enden wollende Papierbroschüre als Wahlniederschrift arbeiten (was natürlich auch an der Vielzahl von Wahlen bzw Abstimmungen lag).
LG
Poupou
27. September 2021 um 10:55
Ja, ich darf, Poupou, die Schulungsunterlagen zum Wahlkoffer sind öffentlich:
https://www.muenchen.de/rathaus/dam/jcr:a964331b-003b-471f-9856-2a53e2cf7f31/WLS%20Skript_Wahlraum_BTW2021.pdf
Aus persönlicher Erfahrung mit dem Wahlkoffer seit Beginn des Einsatzes kann ich ergänzen, dass das System kontinuierlich verbessert wurde und wirklich ein Segen ist. Es dient, das ist ganz wichtig, lediglich der Erfassung (offline) und schnelleren Übermittlung (online) der Ergebnisse; abschließend wird die Niederschrift ausgedruckt und vom gesamten Wahlvorstand unterschrieben, jemand bringt sie zur Bezirksdirektion: Dieses Papier bliebt weiterhin die verbindliche Urkunde.
27. September 2021 um 19:24
…. in Brandenburg an der Havel auch…
27. September 2021 um 21:05
Ich war gestern zeitlich genauso im Einsatz wie Sie, allerdings in einem anderen Bundesland und – leider -ohne Wahlkoffer. Trotz längerer Pause fand ich den Tag ziemlich lang und anstrengend, was wohl auch an der Schwüle lag. Ansonsten waren wir motiviert und hatten regen Zulauf. Ernüchterung traf mich beim Auszählen angesichts der Stimmen für die Alternative, die ja doch keine ist. Ehrlich gesagt, ich schäme mich für mein Bundesland. Was stimmt nur mit den Leuten nicht? So naiv kann man doch gar nicht sein.
27. September 2021 um 21:51
Danke für den Link, das ist ja wirklich klasse, zumal wenn es dann auch wie gedacht funktioniert! Ich hoffe, das spricht sich auch bis Berlin herum.
Liebe Grüße
Poupou