Journal Samstag, 2. Juli 2022 – Isarlauf mit Farbensammeln
Sonntag, 3. Juli 2022 um 8:59Richtig gut geschlafen, ich zog den Rollladen meines Schlafzimmers hoch zu strahlender Julisonne.
Morgens verspürte ich keinerlei Krankheitssymptome, weiterhin ergab der Selbsttest nur einen Strich – vielleicht war Herr Kaltmamsell in der Nacht auf Montag, in der wir einander herzten und küssten, noch nicht infektiös (Montagmorgen war sein Selbsttest ja auch noch negativ gewesen). Ich teste mal täglich weiter, bis die sechs (!) Risikobegegnungen in der Corona-Warn-App verschwunden sind.
Brotteig fürs Polentakrüstchen gekneten, zu Stückgare ruhig gestellt (20 Minuten länger, weil der Teig direkt aus dem Kühlschrank kam), Backen im Topf, Deckel bis zuletzt drauf.
Einer Fremden einen Gefallen getan (im Hauseingang lag ein Brief an lang verstorbene Nachbarn, ich schickte ihn der Absenderin mit erklärendem Schreiben zurück), mich darob so toll gefühlt, dass es mich ekelte.
Noch vor zehn war ich fertig für eine Laufrunde in den Sommermorgen.
Diesmal radelte ich nach Monaten mal wieder zum Friedensengel. Die Luft war ziemlich frisch, doch die Temperatur stieg so schnell wie angekündigt. Tatsächlich herrschte gestern bei leichtem Wind bis nachmittags genau der ideale Sommertag, wie ich ihn in meinem Sommer in Südwales kennengelernt hatte: Strahlend sonnig, durchgehend windig, nur so warm, dass der Sonnenschein sich angenehm anfühlte.
Bevor ich mein Rad im wachenden Blick des Friedensengels abstellte, kam ich an einem Bücherflohmarkt vorbei. Nachrecherche ergab: Das war “zweimal jährlich LISAR – Lesen an der Isar auf dem ‘Isar-Boulevard’ zwischen Maximilians- und Luitpoldbrücke“, eine ganz bezaubernde Idee.
Ich dehnte ein wenig vor und lief los. Das Flussbett war gut gefüllt. Und diese Farben! Ich fotografierte ganz viel, um wie Frederick die Maus Farben für den Winter zu sammeln (keine Geschichte meiner eigenen Kindheit, sondern eine, die ich meinem kleinen Bruder vorlas).
Bücherflohmarkt LISAR.
Immer wieder kreuzte ich Wolken von Lindenblütenduft, immer wieder hörte ich eines meiner Lieblingsgeräusche: Pappelrauschen.
Daheim trinken, duschen, kleine Einkaufsrunde im Edeka am Stachus. Ich schloss die Erdbeersaison mit einer letzten Schale ab, abends würde es nochmal Erdbeer-Gintonics geben. Die besten Erdbeeren dieser Saison waren die bei der Freundin in Berlin, gefolgt von den allerersten, die ich beim Käfer in Bogenhausen gekauft hatte.
Frühstück auf dem Balkon war eine mächtige Scheibe Polentabrot und zwei große Stücke Käse. Davon wurde ich sehr müde, entschied mich aber gegen Siesta und für die Fortsetzung meines Programms: Ich wollte endlich passende Laufkleidung für den Sommer, zumindest eine kurze Hose, deren Bund ich gegen Rutschen nicht zweimal umschlagen musste, und einen Lauf-BH.
Das Münchner Rathaus mit Pride-Beflaggung.
Resultat: Ich habe wahrscheinlich einen Ersatz für das Modell Juno von Brooks Moving Comfort gefunden (der in den vergangenen Jahren bis zur Unbrauchbarkeit “weiterentwickelt” wurde), nämlich von Lululemon den Energy Bra High Support. Meine Online-Recherchen hatten darauf hingewiesen, jetzt ging ich in den Laden an der Theatinerstraße zum Anprobieren. Allein schon der schwierige Ein- und Ausstieg erweckte Vertrauen, und heftiges Rumhopsen in der (zum Glück geräumigen) Umkleide ergab: Hebt. Dass die Lauf-Shorts genauso viel kosteten, verstand ich zwar nicht, hatte aber keine Lust auf weitere Suche.
Jetzt wurde es immer heißer, zurück daheim ließ es sich auf dem Balkon bereits nur noch mit herabgelassener Markise aushalten. Ich fotografierte die Etiketten von Sport-BH und Laufhose, um meine Größe in deren proprietären System zu archivieren (großer Vorteil des Online-Kaufs: ich kann beim nächsten Kauf noch Jahre später die gekaufte Größe herausfinden).
Nachmittag auf dem Balkon. Ich las die Wochenend-Süddeutsche, nach einer Runde Yoga drinnen noch The underground railroad von Colson Whitehead zu Ende.
Als Abendessen produzierte ich ein überraschend wohlschmeckendes Pasta-Gericht aus gebratenen Karotten und Zucchini (warum nur vergesse ich immer wieder, wie gerne ich Zucchini mag?) mit dem Pesto, das Herr Kaltmamsell auf dem frischen Karottengrün gemacht hatte, und ein wenig Ricotta salata. Für mehr Umpf hatte ich eine rote Chili mitgebraten.
Nachtisch Erdbeeren, Kirschen – und zu viele Süßigkeiten. Ich fürchte, in Kombination mit Alkohol neige ich noch mehr zum Überfressen als ohnehin schon. Bauchweh und Ärger.
Noch ein einsamer Abend. Ich roch immer wieder hinaus in die Sommerdüfte, die schnell angenehm abkühlten, und vermisste Herrn Kaltmamsell.
Im Bett nächstes Buch angefangen: Mely Kyiak, Herr Kiyak dachte, jetzt fängt der schöne Teil des Lebens an.
§
Als ein Gespräch mit Neffe 1 mal auf die VG Wort kam und er nach Hintergründen fragte, musste ich sehr vage werden. Deshalb für mich zum Merken und für alle anderen, die es interessiert, ganz aktuell in Übermedien:
“Follow the Money: Wie kommt das VG-Wort-Geld zu mir?”
1 Kommentar zu „Journal Samstag, 2. Juli 2022 – Isarlauf mit Farbensammeln“
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3. Juli 2022 um 14:05
Das Pappelrauschen habe ich direkt vor meinem Schlafzimmerfenster und bin sehr froh darüber (sind es doch die einzigen Bäume in der sehr langen Straße), inklusive dem Schattenspiel in der Wohnung, wenn es windet.
Froh bin ich übrigens auch über Ihren Blog – mir würde sonst echt was fehlen. Danke dafür.