Journal Sonntag, 10. Juli 2022 – Generalversammlung Kartoffelkombinat
Montag, 11. Juli 2022 um 6:30Gut geschlafen, von Weckerklingeln aufgewacht. Wecker weil Pläne: Gestern trafen wir uns zur diesjährigen Generalversammlung unserer Genossenschaft Kartoffelkombinat. Nach zweimal Corona-Pause (vergangenes Jahr im Herbst war die Infektions-Inzidenz gerade so hoch, dass um spärliche Teilnahme an der Präsenzveranstaltung sogar gebeten wurde) freute ich mich sehr darauf, Vorstand und Aufsichtsrat mal wieder zu sehen und Informationen aus erster Hand zu bekommen. Wobei ich mich durch den wöchentlichen Newsletter Kartoffeldruck und die Info-Mails außer der Reihe immer nah dran fühle.
Herr Kaltmamsell fühlte sich nach seiner durchaus milden Corona-Erkrankung immer noch nicht fit genug, wollte lieber jederzeit die Möglichkeit haben sich hinzulegen. Zum Ausgleich hatte er den Beitrag fürs Mittagsbuffet beigesteuert: Spanische Tortillas (es waren vegetarische Speisen erbeten worden, die sich auch ohne Teller essen lassen – Tortilla-Würfel auf Zahnstochern passten zum Profil).
Diese brachte ich am kühlen Morgen mit der Tram zur MUCCA-Halle im Kreativquartier Schwere Reiter. Wir waren ein übersichtliches Grüppchen Genossenschaftler*innen: Von den derzeit um die 2000 Kartoffelkombinat-Haushalten waren etwa 90 Menschen gekommen.
Schon im Pflichtteil Lagebericht und Bilanz (oben Vorstand und Mitgründer Daniel Überall, hinter ihm Vorständin Jana Hohberger), sowie Bericht des Aufsichtsrats (die Reihe links) hörte und sah ich viel Interessantes über das Geschäftsjahr 2021, in dem 86.000 (!) Ernteanteile gepackt und ausgeliefert worden waren (an derzeit 130 Verteilpunkte in der Stadt und im Umland). Zum Lagebericht gehört auch die Risikobewertung: Wenig Wunder kamen als Risiken zur Sprache Personalstand (von den 14.000 Menschen, die Deutschland-weit jährlich eine Ausbildung zu einem Gärtnereiberuf beginnen, entscheiden sich nur 400 für die Richtung Gemüsegärtnerei), die Rahmenbedingungen Preisanstieg, Lieferschwierigkeiten (z.B. für dringend benötigtes Gerät) – und natürlich der Klimawandel, der halt keineswegs nur bedeutet, dass wir mit höheren Temperaturen und Trockenheit rechnen müssen, sondern mit mehr Extremen und Unwägbarkeiten (Beispiel: als wir 2021 erstmals Mulchen gegen drohende Trockenheit einsetzten, gerieten wir ausgerechnet in ein besonders regenreiches Jahr). Vorstand Daniel folgerte daraus, dass wir in der Planung künftig deutlich flexibler werden müssen, uns immer wieder auf veränderte Gegebenheiten einstellen – zumal wir in dieser Anbaugenossenschaft Pioniere sind und auf wenig vorhandene Erfahrungen zurückgreifen können (will heißen: wir müssen unsere Fehler selbst machen).
Die Formalien gingen problemlos durch: Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung, Entlastung des Vorstands, Entlastung des Aufsichtsrates.
Mittagspause mit Buffet im Hof. Appetit hatte ich keinen, doch ich genoss sehr den Sonnenschein, der immer wieder zwischen den Wolken herauskam: Er musste mich bei diesem Frieren im Juli wärmen.
Nachmittags wurde es richtig spannend: Die Planung für 2022 wurde vorgestellt. Diesmal sprach nicht nur der Vorstand, sondern ließ die Verantwortlichen für die einzelen Bereiche von den verschiedenen Anbaubereichen über Packen bis Logistik und Verteilpunktpflege zu Wort kommen, anschließend berichteten die Arbeitsgruppen der Genossenschaftler*innen.
Derzeit stehen 40 Menschen auf der Gehaltsliste unseres Kartoffelkombinats – wir sind wirklich gewachsen. Und deswegen freute mich umso mehr, dass endlich der Bauantrag für die zweite, dringend benötigte Halle in unserer Gärtnerei in Spielberg durch ist! Geplant ist (wir erinnern uns: Klimakatastrophe) auch ein Regenrückhaltenbecken, das uns weniger abhängig vom sinkenden Grundwasser für die Bewässerung macht; für das wurde aber erst der Antrag eingereicht.
Unsere Gärtner*innen (davon drei frisch geprüfte Meister*innen) berichteten von zwei erfolgreich geprüften Azubis, drei neu eingestellten, aus dem Maschinenpark, aus den Gewächshäusern, von Überlegungen zu Fruchtfolge und Düngung. Schlecht sieht es mit unserem Apfelgarten aus, den wir vor zwei Jahren übernommen haben: Die Bäume haben Diplodia, Schwarzen Rindenbrand. Derzeit ist die Zukunft des eigenen Apfelanbaus ungewiss, heuer aber wird die Ernte der 20 Sorten super (nachdem sie 2021 durch Frost fast ausfiel).
Es stellten sich auch Arbeitsgruppen vor, darunter die neue AG Mitmachen, die AG Gemeinwohlökonomie, AG IT, AG Bier (es gibt bald einen Sud 2) – und die Arbeitsgruppe, die vergangenes Jahr die Website und App “Meine Gemüseküche” live schaltete. Wenn Sie gerne mit Gemüse kochen, empfehle ich einen Klick auf den Link: Dahinter finden sich nicht nur Rezepte, sondern auch Hintergründe zum und Lagerungstipps fürs Gemüse.
Mittlerweile war es drei durch, und bei aller wieder neu entfachten Begeisterung für diese im Grunde wahnwitzige Unternehmung (Aufsichtsrätin Christa Müller hatte eingangs das Kartoffelkombinat soziologisch eingeordnet und es eine Antwort auf den “Transformationsbedarf” genannt) – war auch ich durch. Ich wankte zur Tram und ließ mich heimfahren.
Kurz vor vier Frühstück: Honigsemmel, Käse, Pfirsich mit Dickmilch.
Nachmittagsprogramm: Bügeln, alte Zeitungen/Magazine auflesen, Elterntelefonat, eine Runde Yoga. Das Abendessen hatten wir eigentlich im Biergarten geplant (Hirschgarten), doch dafür war es mir einfach zu kalt. Herr Kaltmamsell bereitete die Agretti aus Ernteanteil zu einem köstlichen Nudelgericht (ungefähr so, gestern allerdings plus einer getrockneten Chili).
Satt wurde ich dann mit dem restlichen Käsekuchen. Abends traf auch die angekündigte E-Mail des Kartoffelkombinats ein, die den Zugang zur frisch gestarteten Online-Plattform Kartoffelkombinat-Community enthielt: Sie wurde von der AG IT programmiert und löst das bisherige Forum ab.
die Kaltmamsell2 Kommentare zu „Journal Sonntag, 10. Juli 2022 – Generalversammlung Kartoffelkombinat“
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11. Juli 2022 um 17:32
Mir geht das Herz auf.
Solche Genossenschaftssachen sind für mich stabile Organisationen, die von allen getragen werden. Was mich wundert, ist, dass es nicht weitere Kombinatsformen für Energie gibt, oder für CarSharing. Aber dafür braucht es halt Engagement.
11. Juli 2022 um 18:11
Tja, wir Gärtner können aus 7 Fachrichtungen wählen, welche Spezialisierung uns am meisten zusagt. Und mal ehrlich … Gemüsegärtner … sicher in vielen Teilen Deutschlands gar nicht mehr angeboten. Ehrlich gesagt, habe ich Friedhof und Garten-& Landschaftsbau angepeilt, der Friedhof wollte mich nicht, so dann jetzt GaLa Bau. *und so unter uns, wird von den Gärtnerberufen mit am Besten bezahlt, auch nicht übel*