Journal Mittwoch, 7. September 2022 – Lebenswege nach dem Abitur, Omas Krautwickel
Donnerstag, 8. September 2022 um 6:28Nochmal Sandalen an den Füßen: Düstere Wolken am Himmel, doch es war immer noch mild. Kurz vor Ankunft im Büro erwischte mich aber ein Regenduscher.
Es wurde nochmal ein spätsommerlicher Vormittag, den ich nach extra emsigen Stunden für einen Cappuccino-Spaziergang nutzte. Ich testete das Café Gollier, in dem ich eine Siebträgermaschine gesehen hatte: Gut!
Als Mittagessen gab es Pumpernickel mit Frischkäse, Hüttenkäse.
Emsiger Nachmittag, schlechtes Gewissen über vier Wochen Urlaub verstärkt durch die länger werdende Übergabeliste: In vier Wochen passieren halt Dinge.
Nach Feierabend ging ich durch Sonne und Wärme zum Jakobsplatz: Ich war im Stadtcafé mit zwei Mitabiturientinnen verabredet; das Klassentreffen vor einem Jahr und die kürzliche Beerdigung eines Mitschülers hatten uns bewusst gemacht, dass wir seit vielen Jahren in derselben Stadt wohnen (einer der beiden begegne ich hin und wieder auf dem Weg in die Arbeit, der sich mit ihrer Joggingstrecke kreuzt), und hatte jetzt zu dieser Verabredung geführt. Ich erfuhr ein wenig, wie das Leben der beiden seit dem Abitur verlaufen war, wie es den Eltern in Ingolstadt ging, über Baumaßnahmen in Arztpraxen (Spezialgebiet der einen, die auch über Arbeitszeit-Ansprüche von rarem Fachpersonal berichtete), über Abendveranstaltungen des Wirtschaftsreferats und das Munich Urban Colab (die andere arbeitet bei der Stadt).
Über unseren Gesprächen wurde es dunkel auf dem Jakobsplatz. Da mich daheim ein Nachtmahl erwartete, hatte ich nur zwei alkoholfreie Weißbiere getrunken, kam sehr hungrig nach Hause.
Aus den Blättern eines länger zurückliegenden Ernteanteil-Spitzkohls (blanchiert eingefroren) hatte Herr Kaltmamsell Krautwickel zurbereitet. Ich hatte als Wunsch die Beschreibung der Krautwickel meiner polnischem Oma selig vorgegeben (Hackfleischfüllung mit Reis, Tomatensauce, kein Chichi) – und das Resultat kam erstaunlich nah ran.
Die Exemplare meiner Oma waren doppelt so groß, aber das setzt größere Krautblätter voraus, die nunmal nicht da waren. Der Geschmack war so, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Nachtisch Süßigkeiten.
Wachsende Vorfreude auf knapp drei Wochen San Sebastián, die Ende nächster Woche beginnen. Wenn Sie die Stadt und die Gegend kennen: Was sollte ich auf keinen Fall verpassen?
§
Energiepreise sind steil gestiegen (u.a. durch den Angriff Russlands auf die Ukraine), Lebenshaltungskosten sind steil gestiegen (u.a. durch Lieferkettenprobleme, angestoßen durch Pandemie-Maßnahmen). Die Bundesregierung hat Maßnahmen erarbeitet, die die Belastung der Bevölkerung mildern sollen und die naturgemäß umstritten sind.
@herzbruch nimmt sich freundlicherweise Zeit für präzise Formulierungen über unpräzise offizielle Formulierungen.
“06.09.2022”.
Es ist vollkommen egal, ob man arm oder reich oder in der Mitte ist, wenn die Milch vorher 89 Cent gekostet hat und jetzt 2 Euro, dann ist das doof, und wenn es mit allen Produkten im Einkaufswagen so aussieht, dann ist das ganz besonders doof. Für alle. Nicht nur für arme Menschen. Und deshalb wäre es natürlich schön, wenn alle von dieser Scheiße entlastet werden könnten. Ich möchte spoilern: Draußen ist Krieg, ein Irrer stellt das Gas ab, wir können nicht alle entlasten von der Scheiße. Und nein, es ist nicht die Verantwortung der Bundesregierung, das Problem zu lösen, dass plötzlich 80 Mio Deutsche ganz teure Milch kaufen müssen. Das ist leider einfach Pech. Die Verantwortung der Bundesregierung ist es, das Problem zu lösen, dass Menschen, die vorher schon nur knapp über die Runden gekommen sind, nicht ins Nichts fallen. Das hat aber mit Entlastung nichts zu tun, das ist Rettung. Hieße das Paket Rettungspaket statt Entlastungspaket, dann müssten nicht ALLE Leute in Deutschland das Gefühl haben, dass sie da auch mitmachen wollen, viele Leute müssen nämlich einfach nicht gerettet werden. Rettungspaket ist aber als Wort leider auch irgendwie durch, wir hatten Lufthansa, wir hatten Griechenland, ein Rettungspaket kann man den Deutschen auch nicht mehr guten Gewissens verkaufen.
die Kaltmamsell
5 Kommentare zu „Journal Mittwoch, 7. September 2022 – Lebenswege nach dem Abitur, Omas Krautwickel“
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8. September 2022 um 7:18
Vielleicht hatte ich ein bisschen zuviel VWL in meiner Ausbildung. Teuerung entsteht, wenn die Nachfrage grösser ist als das Angebot. Durch Entlastungs- oder Rettungspakete passiert nur etwas: Die Nachfrage geht trotz eigentlich hohen Preisen nicht zurück. D.h. die Teuerung bleibt, und es braucht ein zweites Paket. Etc.
Das einzige, was hilft, die 2 Euro Milch wieder wegzubekommen ist, sie nicht zu kaufen.
8. September 2022 um 7:52
Das ist ein bisschen zu einschienig gedacht. Natürlich hat die Nachfrage Einfluss auf den Preis, aber genauso auch die Kosten der Herstellung von Produkten und Dienstleistungen. Da führt Zurückhaltung im Konsum eher noch zu weiteren Steigerungen, weil rechnerisch die Fixkosten auf weniger Produkte umgelegt werden müssen.
8. September 2022 um 7:55
Je nun, irgendwelche Grundnahrungsmittel muss man kaufen. Da ist nichts mit Nachfrage beliebig reduzieren.
Zumindest ist Milch nicht so hamstergeeignet wie Mehl oder Öl…
8. September 2022 um 9:19
“Draußen ist Krieg, ein Irrer stellt das Gas ab.”
Die Kunst der verkürzten Darstellung in Reinkultur.
8. September 2022 um 10:43
Volle Zustimmung zu Frau Herzbruchs Zusammenfassung. Ich erwarte keine Entlastung für meine Familie und mich – und ich möchte das auch nicht. Ich bin erfreulicherweise auch nicht darauf angewiesen.
Im Gegenteil: Ich habe fast ein schlechtes Gewissen, dass ich mir um die steigenden Preise noch keine Sorgen machen muss. Denn ich weiß, wie es ist, wenn das nicht der Fall ist und ich habe das nicht vergessen.
Uns geht es finanziell gut dank zweier gut bezahlter Arbeitsstellen (Nach Lindners Lesart allerdings eher unter dem Durschnittsverdienst…) Und so mache ich mir Gedanken, wie ich denen helfen kann, denen es nicht so gut geht. Heute habe ich von einem Vermieter gelesen, der für seine Mieter die Mieten senkt als Reaktion auf die hohen Energiepreise – und der sagt, er kann einen kleinen Beitrag leisten und tut es auch. Wenn das alle täten, die können, wäre schon viel gewonnen.
Ob Wirtschaftswachstum und die gängigen Marktmechanismen noch unsere Maßstäbe sein sollten, darüber kann man streiten.