Journal Freitag, 25. November 2022 – Herannahendes Familien-Thanksgiving
Samstag, 26. November 2022 um 8:35Wieder gut geschlafen (nur um das im Gegensatz zu all den Jahren mit klimakterischen Schlafstörungen festzuhalten). Mit dem Rad und früh in die Arbeit aufgebrochen, der letzte Verhandlungstag des aktuellen Gerichtsprozesses mit mir als Schöffin stand an.
Ich entschied mich für dieses Outfit und war gespannt, ob ich damit auf dem Rad sehr frieren würde: Überhaupt nicht, der wärmende Janker plus Mütze, dicker Schal, Handschuhe waren wohl wichtiger.
Im Büro eine Stunde lang ordentlich was weggehauen, dann Schwung aufs Rad und ab Richtung Gericht. Dort trafen sich der andere Schöffe und ich mit der Richterin zur Beratung. Eine halbe Stunde später gingen wir in den Verhandlungsraum; erst mal wurde noch ein Beweismittel verlesen, das die Verteidigung eingereicht hatte. Anschließend Rückzug des Gerichts zur Urteilsfindung. Die Richterin gab das Ergebnis bekannt, begründete es dann ausführlich. Die Gerichtsreporterin der Süddeutschen saß (als einzige Besucherin) im Saal, ich bin sehr gespannt, wie sie darüber schreiben wird. Vorgriff: Das hat Susi Wimmer berichtet.
Wir Schöffen warteten noch auf unsere Bescheinigungen (ich möchte meinem Arbeitgeber ja belegen können, wo ich freigestellt war), bei der Personalknappheit in der Justizverwaltung hat ein Krankheitsausfall wie in diesem Fall der Protokollantin weitreichende Konsequenzen (ein Ersatz hatte gefunden werden müssen). Zurückradeln ins Büro, mittags gab es Bananen, Orange, Hüttenkäse.
Nachmittägliche Büroarbeit, dominiert von Weihnachtsorganisatorischem.
Heftiger Regen bei pünktlichem Feierabend. Ich strich meine Einkaufspläne, denn ich würde wo auch immer nass ankommen. Also radelte ich direkt nach Hause, wo ich umgehend die nasse Kleidung ablegen konnte.
Eine Runde Yoga, diese mit eher entspannenden Übungen, wo ich eigentlich auf Warmwerden durch Bewegung gehofft hatte.
Am Samstag ist seit Wochen großes Thanksgiving-Essen geplant: Die liebe Schwägerin hatte erwähnt, dass sie noch nie eines erlebt habe, Herr Kaltmamsell und ich werden das ändern. Da dieser vierte Donnerstag im November bei uns kein Feiertag ist, hatten wir das darauffolgende Wochenende festgelegt (so kannte ich das auch von vorherigen Thanksgiving-Einladungen), der Samstag hatte die größere Schnittmenge. Gestern bügelte ich dafür schon mal Tischwäsche. Herr Kaltmamsell hatte in den vergangenen Tagen nicht nur dafür eingekauft und kochte seit Donnerstag.
Den Truthahn hatte er beim Herrmannsdorfer bestellt, er ist also aufgewachsen praktisch mit Alpenblick. (Nein, Sie wollen nicht wissen, was Herr Kaltmamsell dafür gezahlt hat. Aber weniger als für ein Sternemenü, siehe aspekte-Doku unten.)
Sondern er hatte auch (das “nicht nur” steht zwei Absätze weiter oben, falls Sie suchen) bereits eine Hühnerkarkasse für Brühe ausgekocht, die extra abgepackten und mitgekochten Truthahn-Innereien als Snack zu den Martinis serviert, die ich (ist ja nicht so, als trüge ich GAR nichts bei) als Wochenendeinläutung gerührt hatte. Und er kochte unser Abendessen: Rigatoni mit Ernteanteil-Lauch, Champignon, Crème fraîche. Dazu machte ich einen toskanischen Vermentino San Donato auf, den ich im Vollcorner entdeckt hatte: mineralisch, vielschichtig, leicht bittere Note, genau sowas mag ich derzeit, möglichst weit weg von parfümiert und fruchtig. Zum Nachtisch gab es Schokolade.
Re: Spaltung der Gesellschaft.
Ich habe den Eindruck, dass sich diese in puncto Klimakatastrophe verschärft.
Die einen, die den Klimawandel als eigentliche globale Bedrohung sehen, die der Ansicht sind, dass politisch zu wenig getan wird um ihn einzudämmen, und die deshalb großes Verständnis für Protest dagegen haben.
Die anderen, die Maßnahmen gegen den Klimawandel als die eigentliche Bedrohung sehen, die der Ansicht sind, die Politik habe ihre aktuellen Wünsche zu priorisieren, und die deshalb den Protest als Terror empfinden.
Einem Kommentar auf Mastodon entnehme ich, dass es zudem Bürger*innen gibt, die eine “Anpassung” an den Klimawandel auf nationaler Ebene anstreben; diese müssten auf die Proteste ebenfalls mit Unverständnis reagieren.
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The past is a foreign country; they do things differently there.
Als Schriftsteller*innen sich noch aufbrezelten.
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Eine aspekte-Doku über den derzeitigen kulturellen Stand von Ernährung (u.a. wird Ottolenghi dazu befragt).
“Gut Speisen – Wie prägt Essen unsere Gesellschaft?”
Ich fand die behandelten Aspekte gut gewählt, mir fehlte allerdings (schließlich spielte die soziologische Perspektive ausdrücklich eine Rolle) die moralische Distinktionsmöglichkeit durch “richtiges” Essen, also durch regionalen Einkauf, Veganismus etc.
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