Journal Montag, 3. April 2023 – Großfamilienurlaub 2: Vaters Vergangenheit und Iglesia patólica

Dienstag, 4. April 2023 um 8:39

Eine gute Nacht, der Schlaf hätte allerdings länger dauern können.

Morgentoilette, ich machte erst mal Café con leche.

Churros und Porras zum allgemeinen Frühstück (später wurde noch ein Glas Zucker zum Reinstippen dazugestellt) – ich bedauerte wirklich, dass ich morgens kein Essen runterbringe, denn ich erinnerte mich an den Genuss, den mir dieses Gebäck einst zum Frühstück bereitet hat.

Schließlich zogen wir als Großfamilie zu neunt los: Wir wollten uns vom Papá/Abuelo Stätten seiner Kindheit und Jugend zeigen lassen. Auf dem Weg ins Viertel Atocha, wo diese lagen, meanderten wir erst mal durch unsere Wohngegend nördlich der Gran Vía, also durch Malasaña und Chueca. Zwei bis vier aus der Gruppe fotografierten heftig, jeder und jede entdeckte ständig Sehenswertes, blieb stehen und zeigte es den anderen, meinem Vatern fielen Details seiner Madrider Kindheit und Jugend ein, die er erzählte, dann stoppte wieder jemand an einem interessanten Laden und wollte reingucken, kurz: Wir verhielten uns genau wie jede andere entsetzliche Tourist*innengruppe, die wir Bewohner*innen touristischer Gegenden so fürchten.

Gleichzeitig mussten wir immer wieder zur Seite gehen: In den schmalen Gassen zwischen den herzerfrischend vielen kleinen alten Handwerksläden war bei aller Verkehrsberuhigung viel vor allem Lieferverkehr per Auto unterwegs.

Hier hatte mein Vater morgens die Churros und Porras gekauft, frisch zubereitet: Er hatte sich durchgefragt, wo es die besten gebe.

Weiter unter anderem zur Plaza Mayor – wo ich meine ersten Schwalben des Jahres sah, sie hatten unter den Balkonen an der Plaza bereits Nester gebaut.

Überraschend voll hier.

Typoliebe mal wieder, sie bekommt in Madrid besonders viel Futter. Ohnehin fasziniert mich, dass die Altstadtgassen ein Tag- und ein Nachtgesicht haben: Die Rolläden, die nach Geschäftsschluss vor die Ladenfronten gezogen werden, verändern den Anblick völlig – zumal sie heutzutage praktisch alle bunt besprayt sind.

Mein Vater zeigte uns, wo er ein paar Jahre bei seinem Onkel gewohnt hatte, in der Nähe von dessen Bodega – auch dort spazierten wir vorbei.

Es gab auch Typo-Merkwürdigkeiten.

Weiter nach Lavapiés und zu dem Haus, in der die ausbildende Werkstatt meines Vaters gelegen hatte – heute zu einem der vielen kleinen Theater umgebaut.

Auch hier glich er seine Erinnerungen mit den Veränderungen des Orts bis heute ab.

Mittlerweile war es nach drei, wir erklärten den Besichtigungstag für beendet und verschoben weitere Stationen aus Papas Madrider Vergangenheit auf den Dienstag. Die einen nahmen eine U-Bahn zur Ferienwohnung, die anderen spazierten besichtigend zurück, Herr Kaltmamsell und ich steuerten eine besonnte gastronomische Draußensitzgelegenheit an. Nachdem ich mich bis zu diesem Zeitpunkt auch in Pulli, Jacke und Schal bei jeder Möglichkeit in die Sonne gestellt hatte, weil die Luft dann doch ganz schön frisch war, legte ich jetzt endlich die Schal ab und öffnete meine Jacke.

Aber noch vor dem Niederlassen an einem Tischchen bog ich kurz in ein spannend wirkendes Seitengässchen – und stieß auf dieses.

Die Iglesia Patólica, gegründet vom Clown Leo Bassi, verehrt Gummienten (pato spanisch für Ente), wir standen vor ihrem Zentrum, dem Paticano – hier ein paar englischsprachige Informationen.

Appetit hatte ich immer noch nicht, aber jetzt musste ich wirklich mal was essen. Es wurde eine Tosta mit Lachs, ein Pincho mit sauer eingelegtem Gemüse (das in Spanien ganz anders schmeckt als irgendwo anders) und ein Glas Fanta limón (mein Muss in Spanien).

Zurück zur Wohnung machten wir einen großen Umweg über möglichst viel Gran Vía bis zur frisch fertig umgebauten Plaza de España.

Ich war nur mittel angetan: Ja, der meiste Autoverkehr ist weg – aber er wurde ersetzt vor allem durch eine Steinfläche, die sich im Sommer sicher irre aufheizt.

Über ein paar Lebensmitteleinkäufe fürs Abendessen (Herr Kaltmamsell würde kochen) gingen wir zurück in die Ferienwohnung. Diese ist weiterhin feudal, allerdings mit einigen Anstrengungen: Wir mussten die Ausstattung aus allen Küchenzeilen zusammenlegen, denn die zentrale Küche verfügte über exakt einen Kaffeelöffel, außerdem stellten wir fest, dass die Geschirrspülmachine nicht funktioniert, die wir bei neun Mitwohnenden sehr gerne zur Verfügung gehabt hätten.

Herr Kaltmamsell kochte wegen der Zusammensetzung der Gruppe vegan mit zusätzlichem Fleisch: Es gab Mejadra (mit den eingeschränkten Mitteln, also praktisch aus der Feldküche), dazu briet er Rindfleisch (ich verzichtete problemlos), ich machte dazu den klassischen spanischen Salat aus Romana-Salat, Tomaten und den wunderbaren süßen Zwiebeln, das alles mit Balsamico-Vinaigrette.

Den Nachtisch hatte die Bruderfamilie am Sonntag auf einem Zwischenstopp nördlich von Madrid in einer vertrauten Konditorei besorgt: Ponche segoviano.

die Kaltmamsell

6 Kommentare zu „Journal Montag, 3. April 2023 – Großfamilienurlaub 2: Vaters Vergangenheit und Iglesia patólica“

  1. TomInMuc oder Tomate meint:

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  2. Frau Klugscheisser meint:

    Hach, schön!

  3. Thea meint:

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  4. Eva Maria meint:

    Danke für’s Mitnehmen – so schön:)

  5. Beate meint:

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  6. Simone meint:

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