Journal Donnerstag, 27. April 2023 – Kleine Helden von Almudena Grandes / Über die Angst / Gebrochene Star-Vereinbarungen
Freitag, 28. April 2023 um 6:33Gut geschlafen.
Auf dem Weg in die Arbeit sah ich sogar durch Wolkenlöcher ein wenig blauen Himmel.
Der Bürovormittag bestand hauptsächlich aus einer Online-Infoveranstaltung, aus der ich viel Neues holte.
Mittags verließ ich das Haus kurz zu Einkäufen auf dem Markt am Georg-Freundorfer-Platz (Butter, Käse) und in einem Gemüseladen. Wieder blaue Löcher in den Wolken, die Sonne durchließen, doch es blieb kalt.
Mein Mittagessen waren dann: Apfel (sehr gut, der hatte einen Hauch von weißem Campino-Bonbon), Sahnequark mit Dickmilch und Blutorange.
Und dann machte ich weiter mit dem Teil meines Jobs, in dem ich beherzt und mit Fachkenntnis Löcher stopfe, die außer mir niemand bemerkt und die ohne mich sehr wahrscheinlich wurscht wären.
Nach Feierabend marschierte ich direkt nach Hause, dort turnte ich Rumpf-betonte Yoga-Gymnastik (mal wieder waren es die Hüftbeuger, die mich bestimmte Bauchübungen wegen Schmerzen nicht durchhalten ließen). Nachdem ich mir die Brotzeit für Freitag zubereitet hatte (Buchweizen-Bulgur mit Karotte), machte ich Abendbrot: Aus dem eben geholten Ernteanteil Salat mit Schnittlauch-Vinaigrette, ergänzt mit zugekauften Tomaten, Paprika, Eiern.
Als zweiten Gang gab es reichlich Käse aus Spanien, Bayern, Frankreich. Der Nachtisch war diesmal das Ergebnis von Herrn Kaltmamsells Backtag, er hatte Punschtorte gemacht.
Schmeckte richtig gut – aber nicht wie die Punschtorte, die Herr Kaltmamsell angestrebt hatte (u.a. weil ihm der Teig zu leicht war und die Orangenmarmelade geschmacklich dominierte).
Im Bett las ich Almudena Grandes, Roberto de Hollanda (Übers.), Kleine Helden aus. Die klassisch erzählten Nachbarschaftsgeschichten über ganz normale Menschen in einem Madrider Wohnviertel interessierten mich bis zum Schluss, es brauchte gar keinen Spannungsbogen. Unter anderem bekam ich einen kleinen Einblick ins Thema Immigranten, seien es die chinesischen Einwander*innen seit vielen Jahren, seien es die Flüchtlinge der vergangenen zehn Jahre. Eingeflochten sind Erinnerungen der spanischen Protagonisten an die eigene Emigration in den 1960ern und 1970ern.
Der Originaltitel des Romans von 2015 ist Los besos en el pan, also “Die Küsse aufs Brot” – in einem Interview erzählt die Autorin, dass man ihr als Kind beigebrachte habe, auf den Boden gefallenes Brot als Entschuldigung zu küssen – die Erinnerung an schlimme Hungerszeiten sei noch so lebendig gewesen. Mir gefällt die Rezension von Susanne Lenz in der Frankfurter Rundschau:
“Die goldene Zeit der Erschöpfung”.
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Novemberregen erzählt, wie sie mit Angst umgeht:
“26. April 2023”.
Am interessantesten finde ich, von dieser so Energie-geladenen Person, die auch mal auf Konfrontation geht, nur damit ein bisschen Leben in die Bude kommt, zu lesen:
Ich versuche ihr zu entgehen, ducke mich weg und will die Situation meiden oder aus ihr entfliehen.
Im Folgenden diagnostiziert sie in konkreten Situationen ein Obsiegen ihres Willens.
Ich wiederum bin eine Meisterin im Weglaufen und Vermeiden geworden. Die massivsten Auswirkungen hatte Angst in meinem Fall bei musikalischen Solo-Auftritten, gemeinerweise nicht etwa davor in Form von Lampenfieber (ich war immer die, die hinter der Bühne Lampenfiebernde ablenkte und beruhigte), sondern in der einen Sekunde vor und dann beim Auftritt selbst. Mit deutlich hörbaren Auswirkungen in der Musik. Zum Glück gibt es seit Jahrzehnten keinen Anlass mehr dafür, diese Angst darf ich einfach vergessen.
In Situationen, die von mir große Überwindung verlangen (keine Angst), kenne ich allerdings das Umschalten/Springen, wenn’s nicht mehr anders geht: Ich werde dann von einem Moment zum nächsten eine andere, die sogar souverän wirken kann. Was leider keine Auswirkung auf die nächste solche Situation hat: Sie kostet mich wieder mindestens genauso viel Überwindung.
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Herr Kaltmamsell wies mich auf ein Interview mit Christoph Waltz im Guardian hin, darin beantwortet er Leser*innenfragen. Und bricht die ungeschriebene Vereinbarung, dabei nett zu sein.
“Christoph Waltz: ‘My only regret is that I didn’t attack Nigel Farage enough’”.
Ebenfalls auf Herrn Kaltmamsells Empfehlung sah ich auch die Kommentare an: Es ist sehr interessant, wie Waltz’s Charme-losigkeit beim Publikum ankommt. (Z.B. “A first rate actor refusing to play the trite celeb interview game.”)
die Kaltmamsell1 Kommentar zu „Journal Donnerstag, 27. April 2023 – Kleine Helden von Almudena Grandes / Über die Angst / Gebrochene Star-Vereinbarungen“
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28. April 2023 um 19:33
Gegen die Angst soll es ja auch den Ansatz “Exposure” geben. Das versuche ich gerade relativ erfolgreich beim Bekämpfen einer wirklich unbegründeten Angst. Aber schön ist das nicht ….