Journal Brighton, Donnerstag, 19. August 2010

Freitag, 20. August 2010 um 12:02

Zu Regengeräuschen erwacht, die nach dem Fertigmachen zum Laufen bereits verstummt waren. Vorsichtshalber schlüpfte ich in meine Regenjacke und setzte eine Schirmmütze auf, die mir Regen von der Brille fern hält. Doch wieder blieb ich trocken – zumindest äußerlich, denn diese „Windbreaker“ genannten Regenjacken sind in Wirklichkeit Schwitzkästen.

Die Aussichten auf dem Undercliff Walk waren zauberhaft.

An der Brighton Marina gibt es einen riesigen Asda-Supermarkt. An einem der überdachten Einkaufswagen-Sammelplätze auf dem dortigen Parkplatz traf ich wieder auf fünf Stare: Sie lungerten – wie schon bei jedem vorherigen Passieren dieses Unterstandes – am geschütztesten Punkt auf den Einkaufswagen herum. Sicher nicht der schlechteste Wohnplatz.

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Wir sahen uns ausgiebig in Hove um, das sich dann doch erheblich weiter nach Westen zieht, als ich vermutet hatte. Sehr später Morgenkaffee wurde der in einem französisch daherkommenden Café: Der dünnste Cappuccino meiner Kaffeelaufbahn. Wir stellten fest, dass Hove auf die klassischen Sommerurlauber ausgerichtet ist, mit billigen Speiseangeboten, möglichst vielen Sitzgelegenheiten draußen und Läden, die Strandutensilien verkaufen.

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Für den Weg ins Zentrum Brightons nahmen wir erstmals den Bus. Ich hakte bei Marks & Spencers den vorletzten Punkt meiner Einkaufsliste ab: Strümpfe. Sind hier hochwertig und sehr günstig.

Mittagessen zu spanischer Zeit gab es in einem indischen Lokal, das wir bereits seit unseren Anfangszeiten in Brighton besuchen: Bombay Aloo bietet vegetarisches Buffet für wenig Geld, das war seinerzeit eine sehr attraktive Kombination. Die Gerichte waren noch exakt die gleichen. Sie schmeckten gut, nach zahlreichen Erlebnissen in anderen indischen Restaurants aber nicht mehr so aufregend wie noch vor acht Jahren.

Gleich ums Eck wurde in einer umgewidmeten Kirche, die jetzt die Galerie Fabrica ist, Kunst ausgestellt: Den großen Raum füllte eine filigrane, riesige Konstruktion. Ich geriet in eine Umfrage. An sowas beteilige ich mich bereitwillig, da ich selbst regelmäßig Umfragen beauftrage und gestalte und deshalb neugierig bin, wie andere das machen. Am interessantesten war die Frage, in welchem Sektor ich berufstätig sei: Industrie oder verarbeitendes Gewerbe waren nicht unter den ankreuzelbaren Möglichkeiten – diese Zeiten sind in England wohl endgültig vorbei. Dabei gehörte ein Resultat dieser Vergangenheit zu den interessantesten Details der Galerie.

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Den Rest des Nachmittags verbrachten wir auf dem Palace Pier: Karussels und Leute ansehen, Aussichten genießen, Seeluft atmen, auf einer wind- und sonnengeschützen Bank sitzen und lesen (ich amüsiere mich derzeit mit Nick Hornbys The Complete Polysillabic Spree – The Diary of an Ocasionally Exasperated But Ever Hopeful Reader).

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Zu Abend aßen wir in Hove. Das Lokal, das wir uns eigentlich ausgesucht hatten, schloss bereits zweieinhalb Stunden vor der ausgehängten Zeit, also gingen wir schräg gegenüber in The Meadow. Das Restaurant konzentriert sich auf Einheimisches (die Monatskarte zählt alle Lieferanten im Kleingedruckten auf), und so aßen wir ganz hervorragend und frisch: Der Begleiter hatte „Pressed ham hock with capers & gherkins, homemade piccalilli“ zur Vorspeise, ich „English garden pea & feta crush with marjoram & lemon, cumin snap bread“ – wunderbar sommerlich. Als Hauptgang gab es für den Begleiter Ente mit Kartoffelpüree und Bohnen, für mich „Rye Bay Thornback Skate, brown shrimp, capers, sea purslane & local pak choi“, also Rochenflügel – ein ungemein userfreundlicher Fisch, dessen Fleisch sich von den ganz langen und dichten Gräten leicht abziehen lässt. Er schmeckte vorzüglich. Auf der Karte war auch englischer Wein aus Sussex angeboten, doch die freundliche und aufmerksame Bedienung („I know, I shouldn‘t say that.“) riet uns ab: Es gebe deutlich bessere auf der Karte. Wir einigten uns auf einen kastilischen Verdejo.

die Kaltmamsell

1 Kommentar zu „Journal Brighton, Donnerstag, 19. August 2010“

  1. HUfi meint:

    Schöne Bilder. Und einen wunderbaren Geburtstag wünsche ich aus Kleinmachnow nach München.
    Ihr Huflaikhan

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