Journal Dienstag, 1. August 2023 – Krank gemeldet
Mittwoch, 2. August 2023 um 6:20“Mir geht’s nicht gut, ich arbeite heute lieber von daheim aus – da kann ich mich dazwischen immer wieder ein bisschen hinlegen.” Höre ich inzwischen regelmäßig und sehe das als die destruktive, dunkle Seite der neuen Angestellten-Arbeitswelt mit Aufhebung des Büro-Zwangs.
Mir ging’s gestern, wie sich schon am Montag abgezeichnet hatte, auch nicht gut, mein Körper signalisierte klar, dass er sich nach dem Weckerklingeln und Aufstehen wieder hinlegen wollte. Das bedeutete für mich: Krankmeldung. (Zumal ich ohnehin meinen Arbeitsrechner nicht daheim hatte, aber das gab nicht den Ausschlag.)
Draußen regnete es ausdauernd: Ich war schon zu Regenrauschen aufgewacht, über den Vormittag machte es nur hin und wieder Pause.
Was auch im Krankenstand geht: Brotbacken. Ich hatte ein Rezept gesucht, das möglichst viel altes Anstellgut verwendet – es geht mir gegen den Strich, die Reste nach dem Auffrischen einfach wegzuwerfen. Gestern testete ich Auffrischbrot “Jule”.
Bei mir waren es 180 Gramm Anstellgut, zur einen Hälfte Weizen-, zur anderen Roggen-, zudem gab ich einen zusätzlichen Esslöffel Weizenvollkornmehl zum Teig, weil er mit dem zusätzlichen Anstellgut zu sehr klebte. Zusätzliches Wasser brauchte ich also im Gesamtteig nicht. Gebacken habe ich das Brot gleich, also ohne kalte Gare über Nacht.
Beim Kippen in den Eisentopf mit Deckel (bevorzugte Backmethode bei kleinen Teigmengen, macht Dampfstoß unnötig, weil der Laib in eigenem Dampf backt) landete der Teigling nicht mittig – sieht man dem Ergebnis nicht mal an, der Laib wurde halt länglich statt rund.
Zwischen Dösen und Handgriffen am Brot sah ich eine Arte-Doku an, die ich mir vor vielen Wochen eingemerkt hatte:
Casa Susanna.
In den 1950er und 1960er-Jahren wurde die Casa Susanna, ein kleines Haus im US-Bundesstaat New York, zum heimlichen Treffpunkt eines Crossdresser-Netzwerks. Zehn Jahre lang schossen die Männer bei diesen Treffen persönliche Erinnerungsfotos.
Der Dokumentarfilm erzählt die Geschichte dieser Menschen, deren Transidentität damals noch ein gesellschaftliches Tabu war.
Schön gemacht und bewegend, die Erzählungen der Betroffenen machen klar, wie existenziell das Thema für sie war und ist.
Gegen halb zwei bekam ich Appetit, aß morgens eingeweichte Haferflocken mit Sojajoghurt, einem Pfirsich, einer Nektarine.
Den Nachmittag verbrachte ich mit Ruhen, las dabei Zeitung, schlief auch ein wenig. Das Wetter blieb sehr durchmischt, doch gegen fünf hatte ich das Bedürfnis nach frischer Luft und ging raus. Dass das Daheimbleiben und Ruhen besser gewesen war, merkte ich schnell: Hatte ich mich vorher noch darüber gefreut, dass nach der am Morgen keine Ibu mehr nötig gewesen war, meldeten sich jetzt bei dem Bisschen Bewegung sofort heftige Nebenhöhlenschmerzen. Und ich hatte mich zu sehr auf den Regenradar verlassen und keinen Schirm mitgenommen – nach nur 15 Minuten Spaziergang trieb mich der Regen in einen Hauseingang. Und hörte erstmal nicht mehr auf, ich las auf meinem Handy Roman weiter. Als ich endlich trockenen Haupts weitergehen konnte, kaufte ich nur noch schnell beim Eataly Obst und ging heim. Zumindest hatte mir die Draußen-Runde zu Mauersegler-Sichtungen verholfen, noch waren sie da.
Nachtmahl auch gestern kalt: Es gab restlichen Schweinsbraten als Tellersülze, dazu Ruccola-Salat und das frische Brot.
Gutes Brot, sehr brauchbares Rezept, wird eingemerkt.
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Als ich mir seinerzeit wünschte, Mitglied einer örtlichen Gemüseanbau-Gemeinschaft zu werden (für Selbstanbau im Schrebergarten bin ich viel zu faul, außerdem sah ich eine Gemeinschaft mit fachkundigem Hintergrund auch als wirtschaftlicher und umweltfreundlicher an), stellte ich mir vor, dass dort gemeinsam beschlossen wird, welches Gemüse es geben soll. So weit weg war ich von Fachkunde.
Im Kartoffelkombinat weiß ich schon lang, dass es weit wichtigere Kritereien für die Anbauplanung gibt als persönliche Gelüste; das wurde mir spätestens angesichts der ersten Excel-Tapete klar, mit der ich mir vor vielen Jahren bei einer Info-Veranstaltung die Anbauplanung des Folgejahrs erklären ließ. Jetzt, wo wir 3.000 Haushalte mit unsere eigenen Gärtnerei in Spielberg versorgen, ist die Anbauplanung eine echte Wissenschaft. Wenn Sie sich dafür interessieren, empfehle ich diesen 13-minütigen Film, in dem Benny und Sophie, zwei von den Gärtnern und Gärtinnen des Kartoffelkombinats, die Anbauplanung für das laufende Jahr erläutern.
https://youtu.be/ZXmmh-H5hx4
(Das diesjährige Gemüseexperiment Cardy ist diese Woche Ernteanteil, und gestern ging ein Filmchen online, in dem Sophie erklärt wie man den zubereitet. Gegessen habe ich ihn schon mal: Im edlen Restaurant Ederer.)
die Kaltmamsell3 Kommentare zu „Journal Dienstag, 1. August 2023 – Krank gemeldet“
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2. August 2023 um 7:44
Gute Besserung und viele Grüße
Ilka
2. August 2023 um 12:41
Hm, man hört allerdings auch, was man nebenbei im Homeoffice (auf Arbeitszeit) noch so erledigt hat…Essen vorbereiten, Wäsche,Spülmaschine, Gassi gehen, Gartenarbeit. Und das ist offensichtlich auch das Bild, das die Gesellschaft, die vornehmlich kein Homeoffice kennt, von Homeofficlern hat.
Ps.: Bei mir sieht das auch eher so aus, wie von Ihnen dargestellt. Ich glaube zudem, dass ich im Büro mehr Päuschen mache, als zu Hause. Plaudereien, Kaffeekochen und Co, tässchenweise.
2. August 2023 um 17:09
Bei uns (fast alle arbeiten remote) verschwinden auch die festen Mittagspausen. Da besonders die Chefetage stark mit Meetingcalls durchgetaktet ist, bleibt oft nur das Zeitfenster 12:30 bis 14:00 Uhr. Ist an normalen Tagen kein großes Problem, weil ich da flexibel bin – wird eben davor oder danach Pause gemacht. Doof ist aber, wenn man ausgerechnet dann einen Friseurtermin gemacht oder sich mit ausnahmsweise mal mit Freunden zum Mittagstisch verabredet hat. Oder die deutsche Frauenfußballnationalmannschaft ihr letztes WM-Gruppenspiel bestreitet.
Im Großraumbüro ist es nervig, wenn jemand sein aufgewärmtes Mikrowellenessen am Arbeitsplatz verzehrt und der ganze Raum dann nach Käse stinkt. Allein zuhause esse ich allerdings des Öfteren mal vor dem Rechner. Wenn ich mittags nicht rausgehe, mache im Homeoffice über den Tag schon mehr Pausen, die dann aber kürzer sind als im Büro.