Journal Samstag, 30. Dezember 2023 – Berlin 4 mit Neuer Nationalgalerie

Sonntag, 31. Dezember 2023 um 7:45

Sehr gut und durch geschlafen, allerdings nur bis sieben, dann war Schluss. Ach, nach dem vielen Schlaf in den Nächten davor machte das nichts.

Nach dem Regentag sah ich jetzt wieder blauen Himmel aus dem Hotelfenster. Als wir rauskamen, pfiff dazu allerdings ein schneidender Wind.

Plan war für gestern ein Besuch der Neuen Nationalgalerie, diesmal mit neu gehängter Sammlung, auf die ich sehr gespannt war. Davor folgten wir einem Tipp für Morgencappuccino zum Adlon to go: Tatsächlich sehr gut, danke Rainer!

Und ich weiß jetzt, dass der Cappuccino in Charlottenburg teurer ist als selbst im Adlon (3,90 Euro). Für die Leckereien dort war es meinem Appetit noch viel zu früh, Herr Kaltmamsell genoss sein Croissant mit gebratener Zucchini.

Wir spazierten durch zahlreiche Baustellen (davon nur die für die Silvesterfeier am Brandenburger Tor temporär) zur Neuen Nationalgalerie. Der geräumige oberirdische Raum ist derzeit fast leer, man kann ihn in besonderer Pracht genießen.

Die Sammlung im unteren Hauptgeschoss ist jetzt nach 14 Themenschwerpunkten gehängt, Gesamtmotto: “Zerreißprobe. Kunst zwischen Politik und Gesellschaft”.

Holocaust und Krieg, Aufbruch und Emanzipation, Kalter Krieg und Mauerfall führten zu Spannungen innerhalb der Gesellschaft sowie zu fundamentalen Neuausrichtungen in der bildenden Kunst. Titelgebend ist die radikale Performance des Wiener Aktionisten Günter Brus von 1970, in der er sich bis an seine körperlichen Grenzen dem Zug von Stahlseilen aussetzte. 14 Kapitel greifen zentrale künstlerische wie gesellschaftliche Themen des 20. Jahrhunderts auf, etwa die Frage nach Realismus und Abstraktion, Politik und Gesellschaft, Alltag und Pop, Feminismus, Identität oder Natur und Ökologie.

Ich lud dazu den Audioguide auf mein Smartphone und stellte gleich beim Anhören des Einleitungskapitels fest: Auch der ist Kunst. Nämlich hörte ich nicht kunsthistorische Erklärungen einzelner Bilder (oder nur ausnahmsweise), sondern Zusatzmaterial in Geräuschform, O-Töne aus der Zeit, um die es ging, ein “Bürger-Chor” sprach Aussagen, aber nur die, denen sie persönlich zustimmten, z. B. “Kunst ist eine Weltsprache”.
Das fand ich großartig – brauchte aber zusätzliche Aufmerksamkeit.

Gerade über das Thema abstrakte Kunst unterhalte ich mich immer wieder mit Herrn Kaltmamsell (er hadert), hier hatten wir wunderbare Beispiele, mit denen wir uns gemeinsam auseinandersetzten.

Schon beim Betreten des ersten Raums war mir das Herz aufgegangen (aha, ich war aufnahmefähig), und jetzt im Austausch mit Herrn Kaltmamsell darüber, was wir jeweils wahrnahmen, wurde mir auch klar, warum: Nur Kunst kann bewirken, was Kunst bewirkt. (Und auch “Pah, des ko mei vierjährige Tochta ah” ist eine Wirkung.) (Hätte sie aber nicht.)

Bei aller Aufnahmefähigkeit war ich nach zweieinhalb Stunden voll. Wir machten uns zu Fuß auf den Weg Richtung Hotel, unterwegs wollten wir noch auf einen Happen einkehren, außerdem Gemüse und Obst für die nächsten beiden Tage in München besorgen.

Zu Ersterem ließen wir uns an der Potsdamer Straße im Café Zimt und Zucker nieder. Kurz vor drei frühstückte ich ein Stück Feigen-Nuss-Kuchen (arg süß) zu Cappuccino. Wenige Meter weiter trafen wir auf einen passenden türkischen Süpermarket.

Im Hotelzimmer bereitete ich den einen oder anderen Rückblick-Blogpost plus den vom Tage vor. Zum Abendessen peilte ich ein Lokal mit Berliner Küche an, doch wir hatten nicht reserviert, es ist Touristen-Hochsaison, ich hatte keine große Hoffnungen auf einen spontanen Tisch. Wir probierten es trotzdem – ohne Erfolg. Also kehrten wir in ein italienisches Lokal in der Hotelstraße ein, bekamen anständige Antipasti, dann Herr Kaltmamsell eine Pizza, ich schwarze Fettuccine mit einem dicken Stück Dorade, dazu den weißen Hauswein. Auf einer karierten Tischdecke.

§

Auf Mastodon habe ich gestern by proxy, genauer by proxy proxy viel über Heim-Aquarien gelernt und dass das überhaupt nichts mehr mit denen meiner Kindheit (denen von Freunden) zu tun hat. Weil nämlich @herzbruchs Sohn nach zwei Jahren Elternweigerung zu Weihnachten eines erlaubt bekommen hat.

die Kaltmamsell

1 Kommentar zu „Journal Samstag, 30. Dezember 2023 – Berlin 4 mit Neuer Nationalgalerie“

  1. Beate meint:

    Vielen Dank für’s mitnehmen nach Berlin!

    Ihnen und Ihren Lieben wünsche ich einen guten Rutsch und ein schönes Jahr 2024.

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