Journal Dienstag, 30. Januar 2024 – Verschiedene Lektüren
Mittwoch, 31. Januar 2024 um 6:19Eher unruhige Nacht, eine halbe Stunde vor Weckerklingeln beschloss ich, dass gut war.
Es traf sich, dass eh gerade eine Waschmaschine durchgelaufen war, ich nutzte die zusätzliche Zeit am Morgen für Häuslichkeiten. Draußen wurde es zu klarem Frost hell. Die ersten Vögel übten Frühlingsgesänge, noch ganz vereinzelt.
Ich freute mich, dass es auf meinem Weg in die Arbeit bereits deutlich tagte.
Mittagscappuccino bei Nachbars, im Anschluss Einkauf beruflich (dem Umstand geschuldet, dass es weiterhin kein Catering im Haus gibt), ich brauchte weder Mütze noch Handschuhe.
Mein Mittagessen bestand später aus viel Avocado (mit Salz, Zitronensaft, Aceto balsamico): Ich aß alle reifen weg und hoffe, dass die letzten aus dieser Kiste schnell nachreifen, denn die nächste Lieferung war bereits für gestern angekündigt.
Zur Verlängerung meines Heimwegs spazierte ich nach Feierabend in der Abenddämmerung in die Kaufingerstraße, ich wollte in einer Parfümeriekette eine bestimmte Lippencreme kaufen. Der Spaziergang tat sehr gut, doch die Lippencreme gibt es nur im Online-Shop der Parfümeriekette (seltsames Geschäftsmodell – aber schließlich ist der Claim eben nicht mehr “come in and find out”).
Daheim nochmal die Yoga-Gymnastik vom Vorabend, das Balancieren ging beim zweiten Mal viel besser. Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell die zweite Hälfte Ernteanteil-Blaukraut zu Salat mit Feta verarbeitet, er servierte ihn mit (Ernteanteil-)Bratkartoffeln. Der Salat schmeckte großartig, die Kombination saftiges, rohes Blaukraut, Fenchel, Apfel, Orangen ist so ziemlich das Frischeste, was man aus dem Winter rausholen kann. Und die Bratkartoffeln mit viel ganzem Kümmel und in Gänsefett gebraten passten gut dazu.
Nachtisch Schokolade.
Neue Lektüre: Katharina Adler, Iglhaut – ich war über die Inhaltsangabe gestolpert, hatte nachgesehen, ob das E-Book in der Stadtbücherei zufällig gerade verfügbar war und reflexhaft auf “Ausleihen” geklickt. Liest sich eher belanglos, doch der Roman spielt in der Gegenwart bei mir ums Eck in München: Südfriedhof, Kapuzinerstraße, Isartalstraße. Das ist nett. Sprachlich eher überorchestriert, aber es sind dann auch Gemmen dabei wie” “Authentisch, das war ein Furnierwort. Von außen betrachtet vielsagend, billig aber im Kern.” Dann wiederum völlig unglaubwürdige Dialoge, so reden Menschen nur in Drehbüchern miteinander.
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Montagabend hatte ich Gabriele Conrath-Scholl (Hrsg.), August Sander, Meisterwerke ausgelesen und -geguckt. Der ausführliche Aufsatz der Herausgeberin zu Anfang, Leiterin der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur, war für mich ausgesprochen erleuchtend: Zum einen lernte ich, wie zentral das Material und die Technik des konkreten Abzugs sind, der das eigentliche Fotokunstwerk darstellt, beide wurde ausführlich dargelegt. Zu August Sander wiederum erfuhr ich, dass seine so berühmten Menschenfotos, die ich immer als Festhalten eine Individuums zu einem bestimmten Zeitpunkt gesehen hatte, als Typensammlung gedacht waren. Sander sammelte Menschentypen, die Aufnahmen tragen Titel wie “Bauernfamilie”, “Arbeiterkinder”, “Konditormeister”, nicht etwa Namen. Mit wachsendem zeitlichen Abstand sind Sanders Typisierungen ohnehin hinfällig: Eine Bauernfamilie im Sonntagsstaat sieht nach hundert Jahren nicht anders aus als eine bürgerliche Familie, die sonntags zum Gruppenbild zusammengestellt wurde, halt irgendwie historisch. Außerdem lernte ich zu meiner Überraschung, dass viele von Sanders so dokumentarisch daherkommenden Fotos stark bearbeitet waren, am Beispiel eines Negativs zeigt Conrath-Scholl, dass Sander den gesamten Hintergrund weggekratzt hatte.
Bei meiner gestrigen Zeitungslektüre stieß ich dann darauf, dass August Sander mit seiner Perspektive lediglich Kind seiner Zeit war: Das Kunstmuseum Stuttgart zeigt gerade eine Ausstellung “Sieh dir die Menschen an! Das neusachliche Typenporträt in der Weimarer Zeit”, Till Briegleb schreibt dazu in der Süddeutschen:
Als lexikalische Grundlagenarbeit kann hier August Sanders berühmte Fotoserie über Berufs- und Gesellschaftsgruppen stehen, mit der er in den Zwanzigerjahren rund 600 exemplarische Porträts schuf, vom Bauern zum Komponist, vom Arzt zum Nationalsozialist. Körperbau und Gesicht wurden von Sander danach gewählt, ob sie beispielhaft wirkten.
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Auf meinem Mastodon sind die deutschlandweiten Gegen-rechts-Demos mit vielen, vielen Teilnehmenden ein großes Thema. Das sind sie auch in den klassischen Medien, aus denen ich mich hauptsächlich über das Weltgeschehen informiere. Deshalb überraschte mich, wie laut in eben diesem meinem Mastodon die Kritik an der Berichterstattung ist. Medienjournalist Stefan Niggemeier ordnet Berichterstattung und Kritik daran ein:
“Werden ‘Tagesschau’ und ‘Heute’ der Größe der Demos gegen Rechts gerecht?”
Die Öffentlich-Rechtlichen haben, nach meinem Eindruck, die Demonstrationen im normalen Rahmen ihrer Nachrichtenroutinen abgebildet. Aber vielleicht ist genau das für manche Kritiker das Problem: Für viele, die da demonstriert haben, sind diese Veranstaltungen nämlich keine Routine, sondern etwas Besonderes.
Stimmt auch wieder. Da wurde seit Jahren appelliert, der Kampf gegen Rechtsrutsch liege in den Händen aller, der Zivilgesellschaft. Jetzt steht genau die auf und zeigt sich.
die Kaltmamsell3 Kommentare zu „Journal Dienstag, 30. Januar 2024 – Verschiedene Lektüren“
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31. Januar 2024 um 14:12
Interessant auch die Geschichte zu der Fotoikone schlechthin.
31. Januar 2024 um 14:27
Welche Lippencreme ist es denn?
31. Januar 2024 um 23:22
Wollte in der Thalia-Filiale ein Buch bestellen. Ging nicht, nicht lieferbar. Ich konnte es aber bei Thalia-Online bestellen und an die Filiale liefern lassen. War am nächsten Tag da.