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Journal Dienstag, 3. Dezember 2024 – Die Zukunft des Online-Kaufens

Mittwoch, 4. Dezember 2024

Aufgewacht zu Regenrauschen, Arbeitsweg im Regen unter Schirm und im Finsteren.

Turbulenter Arbeitsvormittag, ich musste Jobs abgeben, die ich eigentlich am liebsten mache, aber sie waren für mich nicht mit dieser Deadline zu schaffen.

Dennoch rannte ich auf einen Mittagscappuccino raus an die Theresienhöhe, der Regen hatte aufgehört.

Im Vordergrund eine Capuccino-Tasse auf einem Holztisch, dahinter ein kleines goldenes Weihnachtbäumchen, im Hintergrund Café-Szene, an einem Tisch sitzen zwei Menschen, hinter ihnen die Glasfront mit Blick auf einen gepflasterten Platz

Spätes Mittagessen waren dann der Rest Körnerbrot sowie Granatapfelkerne mit Joghurt.

Der Nachmittag wurde sehr arbeitsreich und anstrengend (aber ich sah, dass draußen sogar die Sonne herausgekommen war), ich musste am Ende die eigentlich nicht mehr vorhandene Konzentration mit aller Kraft zusammenkratzen.

Da der Arbeitstag am Mittwoch bis in die Nacht dauern würde, hatte ich eigentlich geplant, am nächsten Morgen eine Stunde später anzutreten – doch es zeichnete sich ab, dass das schwierig werden könnte.

Irgendwann machte ich mit Gewalt Feierabend: Ich wollte in der Innenstadt eine Click-and-collect-Bestellung abholen – wenn ich schon in der Innenstadt wohne, konnte ich mir ja das Porto nach Hause sparen.

U-Bahn zum Odeonsplatz, von dort aus ging ich zum Kosmetik-Laden in der Kaufingerstraße, ich hatte ein sehr spezielles, kleines Pflegeprodukt bestellt (dass es dieses im Laden selbst nicht gab, sondern nur im Online-Shop der Kette, hatte ich schon vor Monaten herausgefunden). Im mehrgeschoßigen Laden lief ich ein wenig irr, der Click-and-collect-Ort war kaum ausgewiesen.

In einem Laden, links hinten die Schrift "Click & Collect Abholstation", davor bis direkt davor hohe Stapel schwarze Paletten in Folie

Als ich ihn gefunden hatte, half mir das allerdings auch nicht. Mehr Herumirren, bis ich eine Angestellte um Hilfe bitten konnte. Sie suchte dann eine Weile an verschiedenen Stellen hinter der Kasse und hinter Türen, bis ich in einer völlig überdimensionierten Postverpackung meine Bestellung bekam und zahlen konnte. So hatte ich mir die Zukunft des Online-Kaufens auch nicht vorgestellt.

Schnelle Lebensmittel-Vorratseinkäufe, daheim holte ich lediglich Herrn Kaltmamsell ab, denn Abendessen sollte es auf dem Christkindlmarkt geben. Es wurde für uns beide je eine Rengschburger spezial und eine Portion Pommes.

Nachtischschokolade zu Hause.

Festgestellt, dass nicht alle Menschen mit Freude an deutscher Sprache meine Allergie gegen die Arbeitsweltbegriffe “zeitnah” und “im Nachgang” nachvollziehen können. Die Alterserscheinung Sprach-Überempfindlichkeit scheint bei mir früh und heftig zuzuschlage. (Dafür habe ich kein Problem mit Gluten oder Laktose.)

Journal Montag, 2. Dezember 2024 – Noch so ein Arbeitsmontag

Dienstag, 3. Dezember 2024

Eigentlich eine gute Nacht, aber mit mehrfachem leichten Aufwachen.

Wetter war kalt mit buntem Sonnenaufgangshimmel, die Temperatur in der Innenstadt lag leicht über Null.

Häuser-Silhouette vor Morgenrosa

Blick zurück auf der Theresienwiese.

Im Büro die gewohnte Montagshektik nach Öffnen des Postfachs, weil andere am Wochenende gearbeitet hatten. Das Wetter verdüsterte sich, es regnete auch mal, der Rest des Tages war gemischt.

Für meinen Mittagscappuccino ging ich nach durchgehender Emsigkeit rüber zu Nachbars, schloss Einkäufe im nahen Lidl an.

Weitere Besprechungen und Tätigkeiten, bevor ich zu Mittag Rote-Bete-Salat aus Ernteanteil (super) und etwas Körnerbrot (ist mir vielleicht schlicht zu salzig) aß.

Arbeitsreicher Nachmittag, musste halt. Der anstrengendste Tag der Woche wird aber Mittwoch, mit Ansage und lange vorbereitet.

Nach Feierabend Einkäufe: Granatäpfel im Obst- und Gemüseladen, die zweite Crowdfarming-Lieferung fällt ja aus (Fachsimpeln mit dem Verkäufer über das Entkernen, wir waren uns über die Methode einig), im Vollcorner Lebensmittel, im Drogeriemarkt Dorgeriemarktprodukte.

Daheim Häuslichkeiten, Yoga-Gymnastik (nur Dehnen und Schnaufen, war gestern aber ok), Brotzeitvorbereitung. Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell aus Ernteanteil-Wirsing und -Kartoffeln Eintopf gekocht, auf meinen Wunsch Wurst (Kabanossi) reingeschnippelt, gut und nährend. Nachtisch die beste Entwicklung auf dem Weihnachtsgebäckmarkt der vergangenen Jahre: Stollen-Konfekt.

Zum ersten Mal wollte ich etwas auf der Second-Hand-Kleidungs-Plattform Vinted kaufen, seit Jahren bekannt über die Nifften, einen altmodischen roten Damen-Janker. Doch ich schaffte es nicht, ein Konto mit E-Mail und Passwort anzulegen: In drei Browsern, über zwei IPs, an mehreren Tagen wurde ich in dem Prozess gesperrt, “irgendwas an dem Browser kommt uns komisch vor”. Aber auch nach drei Tagen wollte ich diesen Janker: Ich bat also Herrn Kaltmamsell, ein Konto anzulegen und den Janker für mich zu kaufen. Er schaffte es mit seinem Google-Konto. (Die Zukunft des Online-Handels hatte ich mir anders vorgestellt.)

§

Gestern lernte ich den Begriff “Entsorgungssicherheit”: Die Garantie, den eigenen Müll loszuwerden. Das ist überhaupt nicht trivial: Stellen Sie sich mal vor, es gäbe keine Müllabfuhr und Sie müssten selbst sehen, wohin mit Ihren Abfällen. Ich erinnere mich ans kastlilische Dorf meiner spanischen Oma in den frühen 70ern: Da gab es halt auf dem Weg zum Bach einen Platz, an den alle ihren Müll brachten, vor allem Plastik, und hin und wieder fackelte den jemand ab.

Dieser Artikel von Lucretia Gather auf tagesschau.de brachte mich drauf:
“Zahl der Deponien geht zurück
Wohin mit den Bauabfällen?”

Journal Sonntag, 1. Dezember 2024 – Nebliger Isarlauf mit neuen Schuhen und Eisvogel

Montag, 2. Dezember 2024

Wie schön, den letzten Monat des Jahres ins Überschriftenfeld zu schreiben: Fast wieder ein Jahr rumgebracht.

Nach recht guter und ausgeschlafener Nacht schlug ich die Augen zu energischem Nebel auf: Es sah aus, als ließe sich der Dunst nicht mehr als einen Tag des Wochenendes von der Sonne abringen, das waren ja Ingolstädter Verhältnisse!

Blick an Balkonen vorbei auf Kirchturm im Nebel

Wieder als erstes erbost den Kirchturm im Nebel fotografiert. Wie so ‘ne Hundebesitzerin, die die Schnauze ihres Welpen in die Pippi-Lache auf dem Wohnzimmerparkett stupst.

Nach Bloggen, Stollenpuderzuckern und- alufolieeren, Telefonat mit Papa, der sich auf seine Reha vorbereitet, Teetrinken machte ich mich fertig für den ersten Lauf mit neuen Schuhen:

Ganzkörper-Spiegelselfie einer Person in Laufkleidung: Blaue Schuhe, schwarze lange Leggins, schwarze Jacke mit weißem Muster, Brille, graue Mütze, in der Hand graue Fingerhandschuhe

Gleich bei den ersten Schritten waren sie sehr bouncy, das fühlte sich angenehm an. Gesamtergebnis nach 100 Minuten Joggen: Die Bouncyness blieb, und zum ersten Mal wurden die Schmerzen im linken Fußballen im Verlauf der Runde weniger. Ich bin sehr zufrieden.

Die gestrige Strecke: Start gleich vor der Haustür, ich lief über den Alten Südfriedhof zum Flaucher, dort eine größere Gruppe Eisbader*innen. Ich sehe durchaus die Attraktion des Eintauchens in Isarwasser bei kaltem Wetter, andere Beschäftigungen attrahieren mich aber deutlich mehr.

Da ich unterwegs immer mehr wissen wollte, wie der Ausblick von der Großhesseloher Brücke bei diesen Witterungsverhältnisse war, plante ich die ursprüngliche Strecke um, lief weiter zur Brücke und hoch, zurück nur bis Thalkirchen (dann waren 100 Minuten voll, mehr tut mir wirklich nicht gut), nahm die U-Bahn zurück.

Alte Grabsteine, das Gras zwischen ihnen ist weiß von Raureif

Alter Südfriedhof mit Raureif.

Alter, parkähnlicher Friedhof mit kahlen Bäumen in grauem Licht, im Vordergrund einige Grabsteine in Packfoliegehült, daneben Holzpaletten

Wie schön: Irgendwo ist offensichtlich Geld für die Restaurierung dieser Grabsteine hergekommen (die Stadt hat keines dafür, sie sorgt nur für Stabilisierung, damit niemand gefährdet wird, Mitarbeiter des Friedhofsamts gehen regelmäßig durch und juckeln an den Steinen).

Industrieanlage hinter kahlen Bäumen im Nebeldunst; an einem rostigen Kreisrunden Metallbau sieht man Markierungen und Ziffern

Altes Heizkraftwerk, das abgebrochen wird – sind das rechts Abbruchmarken?

Steg aus Holzbohlen über Flusslandschaft, darauf wenige Menschen, im Hintergrund Raureif-geweißte kahle Bäume

Krähe auf Geländer vor Kiesbänken und kahlen Bäumen

Flaucher

Gewässer in trübem Licht, darin spiegeln sich kahle Bäume, im Vordergrund zwei Stockenten

Was Sie hier nicht sehen: Den Kormoran, der gerade abgetaucht ist.

See in trübem Licht, umgeben von kahlen, Raureif-geweißten Bäumen, im Hintergrund eine Holzhütte

Hinterbrühler See mit erster Eisschicht.

Sehr erhöhter Blick auf Fluss und parallelen Kanal, Licht neblig trüb, Boden und Bäume Raureif-geweißt

Blick von der Großhesseloher Brücke nach Norden.

Aus sehr erhöhter Sicht durch ein Gitter fotografierter Blick auf eine FLusslandschaft mit entferntem Schleusenhäuschen

Blick von der Großhesseloher Brücke nach Süden.

Erhöhter Blick auf einen Raureif-weißen bewaldeten Abhang, durch den eine grobe Treppe nach unten führt

Nahaufnahme eines Schwans, dessen Hals unter Wasser zu sehen ist

Im Isarwerkkanal gründelnder Schwan.

Auf dem Rückweg sah ich den Kormoran hinterm Isarwerk wieder, jetzt trocknete er gerade seine Flügel – doch das Highlight war ein Eisvogel! An fast exakt der Stelle, an der ich einen (diesen?) erstmals an Heilig Abend 2023 gesehen hatte, setzte er sich auf einen Ast, flatterte dann weiter. Wie ungeheuer BLAU! er im Flug war! Ein Foto versuchte ich erst gar nicht.

Auf den letzten Metern vor dem U-Bahnhof Thalkirchen wurde es deutlich heller. Als sich ab halb zwei dann doch die Sonne durchsetzte, war ich schon daheim.

Zum Frühstück gab es viel Körnerbrot, mal mit Majo, mal mit Honig.

Nachmittag mit Zeitunglesen und Bügeln, bei Letzterem hörte ich den Soundtrack von The Room Next Door – klang wie von Thomas Newman (den ich mag), war aber von Alberto Iglesias.

Ein wenig Yoga-Gymnastik (am heiligen Sonntag eine Folge “After Work Yoga”, wie herrlich unkonventionell ich bin!), zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell eine Quiche auf der Basis des Grünkohls aus Ernteanteil:

Auf einer schwarzen Kochfeldfläche steht eine mittelgroße Springform mit einer gebackenen Quiche, rechts davon ein Glasteller

In der Füllung zudem rote Paprika, Birne, Feta – schmeckte ganz ausgezeichnet. Nachtisch Schokolade.

§

Wenn aus einem ehemaligen Multitoxler der abstinente Chronist der Multitoxlerei seiner Heimatstadt wird, wird es irgendwann beim Altern berechenbar einsam um ihn – wie bei Glumm. Das tut mir sehr leid.
“Timing”.

Der sehr lange Text ist eine Aneinanderreihung von Fragmenten – Gedanken, Wahrnehmungen und Erinnerungen in Schleifen: Manche Wiederholung ergänzt ein Detail, dann geht es wieder von vorn los. Ungefiltert und unsortiert.

Journal Samstag, 30. November 2024 – Sonnensieg, Abend mit Besuch

Sonntag, 1. Dezember 2024

Lang geschlafen, kurz vor dem Aufwachen von einem französischen Ferienhaus in einer Provinzstadt geträumt, hohe Räume, dunkle Holzdecken, alles ziemlich unaufgeräumt, kurz nach mir trafen zwei Mitbewohner*innen ein, die ich noch nicht kannte.

Aufgestanden mit demselben Schlimm-Gefühl, mit dem ich ins Bett gegangen war. Ich bin mal wieder völlig hilflos, was ich dagegen machen soll, neige in solchen Phasen sehr zum Kaputtmachen, damit sich überhaupt was rührt, kämpfe dagegen an.

Gemütlich gebloggt, über den oberen Brillenrand den Himmelskampf zwischen Blau und Nebel beobachtet. Blau hatte noch nicht ganz gewonnen, als ich mich auf den Weg zum Schwimmen machte – abgeschreckt von der Aussicht auf dichten Stadtverkehr dann doch mit der U-Bahn zum grässlichen Halt Olympiapark.

Gegenlichtaufnahme sonniger Olymoiapark, links der Fernsehturm, rechts deneben die Spitzen der Schwimmhalle, im Vordergrund einige Spaziergänger*innen

Noch hatte sich der Nebel nicht ganz verzogen.

Meine 3.000 Meter im mittel frequentierten Becken liefen gut, nichts schmerzte sehr. Danach spazierte ich in herrlichem Sonnenschein durch den Olympiapark zu einer Tram-Haltestelle, ließ mich in die Maxvorstadt schaukeln, spazierte zum Bäcker für Frühstück, nahm eine U-Bahn nach Hause.

Frühstück kurz nach zwei im sonnigen Wohnzimmer: Körnerbrot (der Haferling vom Wimmer besteht fast nur aus Körnern – das las sich auf der Website, auf dem ich dieses Kastenbrot entdeckt hatte, besser, als es mir dann schmeckte) mit Butter und Meyer Lemon Curd, eine Orange.

Eine zweite Runde Stollenbacken, diesmal aber nur die halbe Menge und nur einen Stollen: Das verschenkte Backwerk soll nicht bis in den Januar rumliegen, sondern gerade genug sein.

Außerdem Zeitunglesen, Zusammenstellung der Lieblings-Microblogging-Posts und Yoga-Gymnastik, bis es Zeit zum Fertigmachen für die Abendverabredung war: Herr Kaltmamsell und ich trafen uns zum Abendessen mit München-Besuch aus Berlin und Hamburg in der Brasserie Thi – die schon länger auf meiner Mal-ausprobieren-Liste für München gestanden hatte.

Man hatte uns vieren den Tisch im Séparée gegeben, in dem ich erfuhr, was die Herren in ihrer München-Woche so erlebt hatten (unter anderem den Niedergang des Münchner S-Bahn-Wesens), eine weitere Geschichte über die vielen Aufgaben nach dem Versterben von Eltern hörte, mich zu unterschiedlichen Vergangenheiten mit Filmkunst austauschte.

Zu essen und trinken gab es auch.

Holztisch, darauf im Vordergrund ein weißer Teller mit gemischtem Feldsalat, Radieschenscheiben, kleinen Tomatenvierteln, Stücken gebratene Champignons

Feldsalat (und ein Glas Crémant) – daneben wurde Croque Monsieur mit Pickles und Sauerkraut gegessen

Holztisch, darauf ein tiefer Teller mit einer hellen Sauce, darauf ein Stück rosa Fisch

Konfierter Saibling mit Beurre blanc und Saiblingskaviar (dazu ein Glas Grauburgunder Andres aus der Pfalz, der mich nicht nur mit leicht animalischen Noten, sondern auch mit einem Hauch Restsüße überraschte)

Holztisch, darauf ein großer, grauer Teller mit gebackenen Hokkaido-Spalten, darauf Kräuter und in Streifen gespritzt eine helle Sauce

Hokkaido mit Sesamsauce und Rosenkohl (dazu probierte ich einen Pinot Noir Maison Mypont aus der Bourgogne – ja, ich mag Pinot Noir)

Aufsicht auf ein blaues Tonschüsselchen mit Rand, darin eine helle Creme, ein Klops grünes Eis, darauf karamellisierte Nüsse

Den Nachtisch teilte ich mir mit Herrn Kaltmamsell – dieser Gang erwies sich als der interessanteste: Banane, Erdnuss, Karamell.

Noch vor Mitternacht spazierten die einen zur S-Bahn Isartor, wir anderen zwischen geschlossenen Christkindlmarktbuden nach Hause – beide Paare in knackiger Winterkälte.

§

Herzbruch packt ihre berufliche Expertise in Politik-Kommunikation aus und zerlegt offizielle Behauptungen der FDP zum aktiven Zerbrechen der Regierungs-Koalition. Ich kann mir vorstellen, dass das für viele eine ungewohnte Perspektive ist. Erhellend fand ich auch den Kommentar von Guido zum Stand liberaler Politik in Deutschland. (Ich würde eine konstruktive liberale Partei in der deutschen politischen Landschaft sehr begrüßen.)

§

Es soll ja Regionen der Deutschsprachigkeit geben, die völlig auf eine Schimpfwortkultur verzichten müssen. Dazu gehören wir hier im Süden sicher nicht – und wir geben gern ab. Teresa Präauer lässt in ihrer SZ-Glosse über Wien als hoffentlich bald wieder unfreundlichste Stadt der Welt das Füllhorn fast leerrieseln: Bedienen Sie sich!

Zeitungsausschnitt: "vermehrt anzuschicken habe: Blede Blunzn! Zwiidawuaz! Deppata, drah di haam! Gschissena! Gfiiiida! Schwammal! Dillo! Oasch! Wappla! Gusch, Oide! Heast, pudel di ned auf! Bsoffane! Schwindlicha ‘in deim Spuckal! Geig di haam! Des is a Schmafu. Gschaftlhuaba! Du Lulu! Schi- achs Miichgsicht. Piilicha! Beidl! Wap- pla. Zuanbinggal. Schneebrunza. Falott. Schméahdandla. Du Weh, du! Blede Nockn. Du Nudl-Aug! A klaans Oamutsch- gal. So a Off. So a Schaas! Gsoochta! Pfostn. Saubartl. Zwutschgal. Schastrom- mel. Saufhaufn. A grausliche Schmie- raasch. Oide Schochtl. Bleeds Tschoppal. Ois umasunst! So a unnedicha Ungustl! A Truutschn. Und a Urschl. De Biisguan. A Trampl. Schiache Funsn und oide Keifn. Lastiche Wonzn. Wiaschtl. Dodl. Weiwa- ra. Oozwiggda. Wuchtldrucka. Koffa. Zni- achtl! Gfrast!"

§

Foto des Jahres ohne Foto.

Journal Freitag, 29. November 2024 – Dysmorphie

Samstag, 30. November 2024

Diese Woche hatte sich derart lang gezogen, dass ich mich gestern Morgen erinnern musste, dass echt ehrlich wirklich Freitag war.

Marsch in die Arbeit in kalter, angenehmer Luft unter düsterem Himmel, ich trug dicke Winterjacke.

Es wurde sogar hell, um 9 Uhr versuchte ich es erstmals ohne Deckenlicht.

Geschäftiger Vormittag. Mittags raus ins Westend auf meinen Cappuccino, ich fühlte mich wackelig.

Volle Cappuccinotasse im Vordergrund auf einer hözernen Fensterbank, durchs Fesnter sieht man düsteren Himmel über einer Altstadtstraßenszene

Weitere Geschäftigkeit, dann Mittagessen: Banane, gelbe Kiwi (sehr gut), Hüttenkäse.

Higlight des Arbeitsnachmittags: Ich sah die Christkindl-Dampflok vom Bürofenster aus, inklusive markantem Schu-Schu-Schu-Geräusch und Dampf-Fahne.

Auch schön am Winter: Vorm Bürofenster wurden auf den Dächern die Rabenkrähen wieder von den gravitätischen Saatkrähen abgelöst.

Hohes, modernes Bürohochhaus mit Fensterrahmen in verschiedenen Gelb-tönen, in der Fassade spiegeln sich blauer Himmel und sonnenbeschienene Wolken

Wie angekündigt wurde der Himmel immer klarer, fürs Wochenende sind zwei Sonnentage angekündigt (wenn der Nebel sie lässt).

Beim Verlassen des Bürohauses zu Feierabend hörte ich laut einen revierflötenden Amslerich, die Jahreszeit passte wirklich gar nicht.

Auf dem Heimweg Wochenendeinkäufe beim Vollcorner, die große Wochenenderleichterung wollte sich nicht recht einstellen. Auch nicht daheim bei Yoga-Gymnastik. Ich half also mit einem hochprozentigen Feierabend-Cocktail Cosmopolitan nach.

Aufsicht auf zwei weite Gäser mit dunkelroter Flüssigkeit und einem Fitzel Orangenschale, dahinter Flaschen Contreau, Preiselbeersaft, Cocktail-Shaker

Das funktionierte ein wenig.

Herr Kaltmamsell hatte zum Nachtmahl den mächtigen Sellerum aus Ernteanteil zu Sellerie-Lasagne verarbeitet. Dazu gab es das letzte Viertel Zuckerhut aus Ernteanteil mit Haselnussmus-Dressing.

Gedeckter Tisch mit zwei Glastellern voll Sellerie-Tomaten-Auflauf, dazwischen eine weiße Schüssel Salat, rechts und links davon gefüllte Weingläser

Und ein Glas Pittnauer Rosé Dogma. Nachtisch Schokolade, zu viel davon.

Früh ins Bett zum Lesen.

§

Wie tief meine überwunden geglaubte Dysmorphie sitzt. Zur Erinnerung: Als Jugendliche mit diesem Aussehen (bei dieser Aufnahme 1985 in Hannover zu einem Chorfestival war ich 17, den Overall hatte ich von einer Freundin geliehen, die roten Ballerinas würde ich noch heute tragen, sie waren halt irgendwann durch)

Eine junge Frau mit langen dunkel Haaren gehend, in einem olivfarbenen Overall, aufgeknöpft, drunter ein weißes T-Shirt, um die Taille ein roter Gürtel, in der Hand ein bunter Pullover

war ich überzeugt, in dieselbe Körper-Kategorie zu gehören wie Alison Moyet damals (heute sieht sie so aus).

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https://youtu.be/3wWi6OrgZe4?si=9yVIMYsjhneKGK_9

Schon bevor es die Konzepte body shaming und body positivity gab, kämpfte ich lauthals dafür, dass alle Körperformen Anerkennung verdienen, auch meine: “Mehr Kilos, weniger Scham!” stand unter anderem auf den Aufklebern der ersten kommerziellen Kampagne ca. 1988 (eines Bekleidungsherstellers?), der ich mich mit Verve anschloss.

Ich kann nur vermuten, dass meine Umwelt außerhalb der Familie davon ausging, dass ich wie so oft scherzte, denn niemand widersprach mir – bis zu dem Liebhaber, dessen ehrlich verständnislose Miene während einer meiner aktivistischen Tiraden mich endlich auf die Idee brachte, dass mein äußeres Selbstbild nicht real sein könnte.

Doch Jahrzehnte konstruktives Hadern später ertappe ich mich dabei, dass eine einzige Bemerkung in Kombination mit einem Blick reicht – und schon sind jede passende Kleidergröße, jeder problemlos schließende Gürtel überstimmt.

§

“Wahlkampfhilfe für FDP, Grüne und CDU | Bosetti will reden!”

Ich sage es in jedem Wahlkampf, so auch in diesem: Am liebsten würde ich einfach nicht hingucken. Aber wenn es schon sein muss, dann kann ich ja auch ein bisschen Wahlkampfhilfe leisten! Heute für FDP, Grüne und CDU.

(Die anderen Parteien kommen nächste Woche dran.)

Journal Donnerstag, 28. November 2024 – Regenlaune, aber neue Laufschuhe

Freitag, 29. November 2024

Wow, war das eine üble Laune, mit der ich in den Tag startete.

Nasser asphaltierter Platz im Dunklen, von Peitschenlaternen beleuchtet, rechts weiße Zelte, links einige Dutzend schwarze Lkw-Auflieger, dazwischen ein Ganz zwischen Bauzäunen

Es regnete heftig. Das machte den Weg quer über die Theresienwiese noch freudloser, der zu diesem Jahresende mit eingezäunten schwarzen Lkw-Aufliegern zu einer düsteren Schlucht verbaut wurde. (Vielleicht doch lieber den derzeit schönere Weg außenrum nehmen?)

Im Büro sofort losgearbeitet, erstmal in einer Datenbank. Erkenntnis: Ich bin Bei-Helmstedt-denke-ich-immer-an-diese-eine-Schallplatte-mit-Heinrich-Lübke-Reden-von-Zweitausendeins Jahre alt.
(Und wenn ich solch eine grottige Laune wie gestern habe, verfluche ich mein unkontrollierbar hochassoziatives Hirn.)

Sehr unruhiger Arbeitsvormittag, aus jeder Kleinigkeit erwuchs ein Strauß Aufgaben, der erstmal sortiert werden musste (mag eine freiberufliche Beraterin Projektmanagement als Ikebana verkaufen? ich sehe Potential).

Bei dem greislichen Regen ging ich nur rüber zu Nachbars auf meinen Mittagscappuccino.

Zu Mittag gab es Mango mit Sojajoghurt und eine Banane – und während die Persimon mit Joghurt am Vortag bis zum Abend gesättigt hatte, knurrte gestern bereits zwei Stunden später mein Magen (ohne Appetit) – ich werde diesen Stoffwechsel nie verstehen.

Auch nachmittags anstrengende Arbeit mit viel Konzentration und Recherche, gleichzeitig Unterbrechungen.

Eigentlich hatte ich auch noch Kopfweh und mir war schwindlig, dennoch hielt ich an meinem Feierabendplan fest: Neue Laufschuhe. 45 Minuten Marsch durch frische Luft sollte die Malaisen doch wohl kurieren können? Nach mittelspätem Arbeitsschluss wechselte ich also in meinen Lauf-BH (zum entspannten Testen der Schuhe) und ging zum Sport Schuster. Befinden war schon nach wenigen Metern Marsch besser.

In der Laufschuh-Abteilung musste ich ein wenig auf den nächsten freien Angestellten warten, es wurde intensiv und in Ruhe beraten. Ich empfand das Warten als akzeptabel kleinen Preis dafür, dass ich mir nicht selbst einen Überblick über das derzeitige Angebot und seine Unterschiede verschaffen musste. Sondern nur in ein freundlich aufmerksames Gesicht sagen: “Vorfußläuferin, seit einiger Zeit beim Laufen Schmerzen im Vorfuß, lange Strecken, meist auf nicht asphaltierten Wegen, zuletzt Schuhe von Brooks, Größe 43 bei sonstiger Schuhgröße 41.”

Aufsicht auf drei Paar neue Laufschuhe auf Linoleumboden: Links hellrose mit dunkelrose Deko und blauer Schrift, Mitte dunkeltürkis mit rosa Deko, recht weiß mit etwas Orange an der Sohle

So sehen in dieser Saison Frauen-Joggingschuhe aus. Es wurde das mittlere Paar in Autoscooter-Ästhetik, nur eine halbe Nummer kleiner – ich muss sie ja nicht anschaun. Gelernt: Das Pendel ist wieder zu extremer Dämpfung geschwungen, Herr Berater erklärte, dass das jetzt aber Dämpfung mit gleichzeitiger Beschleunigung sei (ich so: “Mir pressiert’s net.”). Das an den Wänden ausgestellte Angebot war – für mich ganz neu – sortiert nach dem Laufuntergrund: Gelände oder Asphalt. (Außerdem weiterhin nach Damen und Herren, was ich viel weniger verstehe.)

Auf dem Rückweg passierte ich die Weihnachtsbuden an der Sendlinger Straße und am Sendlinger Tor: Es werden auch dieses Jahr Rengschburger spezial angeboten, mein Advent ist in Ordnung.

Ich kam heim in eine leere Wohnung: Herr Kaltmamsell verbrachte den Abend aushäusig. Erstmal eine Runde Yoga-Gymnastik, dann nahm ich mir den Zuckerhut aus gestern geholtem Ernteanteil vor: Eine riesige Schüssel mit Tahini-Dressing, dennoch bekam ich damit nur drei Viertel des nicht mal extra großen Zuckerhuts weg. Nachtisch Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen.

Journal Mittwoch, 27. November 2024 – Arbeitswoche abarbeiten

Donnerstag, 28. November 2024

Wieder vom Wecker in die Unwilligkeit geschubst worden.

Draußen mild und düster, es wurde mir sehr dezemberlich. Einige Energie kostete mich beim morgendlichen Fertigmachen und auf dem Arbeitsweg, mir immer wieder klar zu machen, dass der nächste Tag keineswegs schon Freitag sein würde, sondern erst Donnerstag.

Gewöhnlich emsiger Arbeitsvormittag; es gab nur wenig, vor dem ich davonlaufen wollte. Draußen wurde es sogar bis Sonnenschein hell.

Fensterbrett mit Cappuccinotasse und Wasserglas, vor dem Fenster fahles Sonnenlicht auf Straße

Mittagscappuccino im Café Colombo: Am Montag hatte mich auf meinem Arbeitsweg eine handgeschriebene Tafel davor informiert, dass das Café Ende November schließen wird, erst zum neuen Jahr mit neuem Pächter eröffnen.

Mini-Spaziergang in fahler Novembersonne.

Alter Hauseingang mit großer, hölzerner Tür, darin viel Glas und Verzierungen aus weißen Stangen

Sonnen-durchschienene Gräser an einem alten Haus

Später gab es zu Mittag Persimon und Maracuja mit Sojajoghurt – bei den derzeitigen Lebensmittelpreisen in Bio-Qualität eine 5-Euro-Mahlzeit, fiel mir auf (nur falls Sie Ihre Kantinenpreise für hoch halten).

Nachher-Haare, zur besseren Vergleichbarkeit ebenfalls in einer Online-Besprechung auf dem Bildschirm gezeigt.

Es wurde ein mittelwilder Arbeitsnachmittag; zum Glück fand ich einen Moment Muße, vor Sonnenuntergang rauszuschauen.

Moderne Bürogebäude vor blauem Himmel, von Abendsonne vergoldet

Auf dem Heimweg Lebensmitteleinkäufe – auch Obst, denn die gestern erwartete Granatapfel-Lieferung wurde abgesagt: Die Früchte dieser Ernte entsprächen nicht den eigenen Qualitätsansprüchen.

Nacht. Auf einer großen Fläche stehen sehr viele bunt angeleuchete Zelte

Diesjähriges Tollwood.

Daheim nach Häuslichkeiten eine Einheit Yoga-Gymnastik, anstrengend. Zum Nachtmahl bereitete Herr Kaltmamsell auf meine Wunsch Nudeln mit sahnigen Linsen, Pilzen und Petersilie – sehr gut. Nachtisch Schokolade.

Erste Überlegungen zur Oktoberfestflucht 2025 (20.9.-5.10.): Vielleicht eine organisierte Fernwanderung in England (Anreise mit der Bahn, Wanderung selbstverständlich mit Gepäcktransport), das würde meine Wandergelüste und meine England-Sehnsucht gleichzeitig abdecken.

Im Bett begann ich die nächste Lektüre: Jonathan Lethem You don’t love me yet – weil ältester E-Book-Eintrag auf meiner Wunschliste, der sollte endlich mal weg.

§

Patrick Fealey ist Journalist und leidet seit vielen Jahren an einer schweren psychischen Krankheit, die ihn 2023 in die Obdachlosigkeit brachte. In Esquire schreibt er einen langen Artikel über seinen Alltag als Obdachloser in den USA – schwere Kost, wappnen Sie sich:
“The Invisible Man”.

The number of homeless people has grown significantly over the past couple decades. An advocacy group in New York says that the rate there is the highest it’s been since the Great Depression. Across the country, most homeless people are male and almost half of us are white. Rates are much higher among non-white populations, with Pacific Islanders, Indigenous people, and Blacks all experiencing homelessness in disproportionate numbers. Twenty-two out of every ten thousand veterans are homeless.

(…)

The toughest parts of homelessness have been surviving the poverty and the marginalization, discrimination, and hostility from the non-homeless population. It’s usually subtle, this hostility. People pull in to visit the lighthouse or the beach or wherever I am, see me, and immediately park somewhere else. All day long.

They are so afraid. I know I look disheveled, but I don’t believe there’s anything wrong with me intellectually or spiritually. I know I could look better, but I just don’t see what the big deal is.

§

Vielleicht haben auch Sie in jüngster Zeit ein Video der jungen Maori-Abgeordneten Hana-Rawhiti Maipi-Clarke im neuseeländischen Parlament und ihres Hakas gesehen. Die arte-Sendung “Mit offenen Augen” erklärt die Hintergründe, historisch, kulturell, politisch.