Journal Samstag, 12. April 2025 – Kurze Haare, neue Wanderroute von Herrsching nach Tutzing, Nachdenken über Brotzeitbrettl

Sonntag, 13. April 2025 um 9:57

Nicht ganz so gut geschlafen wie erhofft (der Alkohol), vom Wecker geweckt, weil ich ja morgens den ersehnten Friseurtermin hatte.

Gegen das Kater-Kopfweh nahm ich eine Ibu, nach Bloggen und Morgenkaffee spazierte ich zum Haareschneiden durch die Morgensonne.

Ich war die erste Kundin des Tages und bat auf Herrn Haarschneiders “Und was kann ich heute für Sie tun?”1 nach den fehlgeleiteten Sperenzchen mit “Ach, warum nicht mal ein bissen länger?” um einen sehr kurzen Schnitt, hielt ihm als Vorbild ein Berufs-Portrait von vor vier Jahren hin.

Weißer Friseurstuhl von hinen, auf dem weißen Marmorboden drumrum viel weißes und graues Haar, im Spiegel davor spiegel sie die fotografierende Frau mit kurzem Haar

So kam ordentlich was runter, wie so oft beim Friseur dachte ich abschließend:

Selfie-Porträt einer Frau mit weißen, kurzen Haaren und Brille an einer Altstadttraße

“Jetz kon i wieda nei in’d menschliche Zivilisation” – Generation Gerhard Polt beschreibt mich deutlich treffender als X.

Daheim Packen für die geplante Wanderung mit Herrn Kaltmamsell: Wir wollten nach dem Frühling zwischen Ammersee und Starnberger See schauen, diesmal auf einer zum größten Teil neuen Route. Von Herrsching am Ammersee gingen wir nach Andechs erstmal den See entlang, diesen Weg mag ich besonders. Dann aber anders als sonst von Andechs nach Tutzing über Machtlfing und Traubing. Erwies sich als durchaus schöner Weg, wenn auch mit deutlich höherem Anteil an asphaltierten Wegen (= Radler*innen in allen Tempi) als die vertrautere Route.

Anreise per S-Bahn mit Umsteigen in Pasing, am Wochenende wird an der Stammstrecke gearbeitet. Im sonnigen Herrsching gab es erstmal Mittagscappuccino und Brotzeiteinkauf in einer Filiale der regionalen Bäckerei Kasprowicz, die ich in den vergangenen Jahren sehr zu schätzen gelernt habe. Und dann wanderten wir los, fanden diesmal sogar die Abzweigung nach Andechs mit dem schöneren Weg, die ich sonst immer nur in Gegenrichtung erwische.

Kurz vor der Wallfahrtskirche bogen wir aber schon nach Erling ab, nahmen an dessen Ende die Abzweigung ins Neue. Wir fühlten uns beide körperlich gut, genossen den grünen Schleier über den Bäumen und die vielen Frühlingsblumen in der Sonne – allerdings in einer Wärme, die für April und zum Stand der Botanik nicht wirklich passte. Es war auch sehr trocken: Jedes überholende Auto oder landwirtschaftliche Gefährt hüllte uns in eine Staubwolke.

Sonnige Uferpromenade an See, rechts Seeufer mit einem alten Bootshaus, auf der Promenade Menschen zu Fuß und Fahrrad schiebend, im Hintergrund eine große Weide mit grünem Hauch

Es war natürlich viel los auf der Strecke, schon hier am Ammersee.

Blick durch ergrünende Büsche einen Pfad entlang zum Strand und auf blauen See, darüber blauer Himmel

Im Sonnenlicht Blick über grüne Wiese, ein Tal mit Häusern auf Hügel mit kahlen Bäumen, auf dem eine mächtige barocke Wallfahrtskirche thront, dahinter blauer Himmel

Blick von Brücke hinunter auf sonnenglitzerndes schmales Bachtal mit Wehrmauern

Beginnn des Kienbachtals unter Andechs.

Bemalte Holztür in grob verputzter Hausmauer mit gemaltem Rahmen

Nahaufnahme des Spruchs über der verzierten Tür: Wer eus Freind do eine gehd, der kumd nie z'fria eher z'pad

In Erling eigenwillige Verschriftlichung von Bayerisch:
“Wer eus Freind do eine gehd, der kumd nie z’fria eher z’pad”

Nach zwei Stunden machten wir hinter Erling um halb drei Brotzeitpause, ich aß einen Wanderapfel und eine Rosinenschnecke (sehr gut).

Sonnige Landschaft mit grüner Wiese und kahlen Bäumen, links angeschnitten ein Schotterweg

Selfie-Porträt einer Frau und eines Mannes mit Wanderkappen und Brillen vor grüner Wiese, kahlen Bäumen, blauem Himmel

In der Sonne auf einer Wiese ein Dutzend Ziegen mit langen Hörnern und sehr langem Fell in Weiß und Dunkelbraun, im Hintergrund ein Dorf mit hellem Kirchturm

Kurz vor Machtlfing exotische Ziegen – solch einen Anblick hatte ich nicht erwartet, ich habe mich doch gerade erst an die regelmäßigen Alpakas gewöhnt. Außerdem aus dem Tierreich: Wir sahen (neben vielen Schmetterlingen) die ersten Schwalben des Jahrs (Rauch- und Mehl-), überraschend viele Bachstelzen, am Himmel reichlich Greifvögel von Falken über Rot- und Schwarzmilane bis Bussarde (fast ein Dutzend über einem Feld, das gerade gepflügt wurde), Meisen, Amseln, Mönchsgrasmücke, in den Ortschaften Spatzen.

Dorf mit hoch gelegener Kirche vor sonniger Frühlingslandschaft

Machtlfing von außen.

Helle alte Dorfkirche mit eckigem Turm und ummauertem Hof, rechts daneben ein Holzstadel, davor ein schwarzer Motorroller

Machtlfing von innen (Kirche St. Johannes Baptist aus dem 19. Jahrhundert).

Sonnige Dorfmitte mit Wirtshaus und Kirche, kahlen Bäumen

Traubing

Gemauertes Bruckerl über sehr schmales Bacherl, im Hintergrund ein altes Dorfhaus, drumrum kahle Bäume

Wegkreuz auf dunklem Holzgintergrund mit realistischer Christunsfigur und beschrifteter Tafel darunter in lichtem sonnigen Wald, Beschriftung wie unten

Trag dein Kreuz, so trägt es Dich
zur besseren Heimat sicherlich!
Doch murrest Du so drückt es sehr
Und weichet dennoch nimmermehr
Wirfst Du es ab, so glaub es mir,
Ein neues schweres nahet Dir.

Wer heute Wand-Tatoos liebt, malte früher solche Belehrungen.

Blick nach oben in blühende Magnolien um ein MVV-Busschild vor blauem Himmel

Magnolienrausch in Tutzing. Auf unserer Wanderung sahen wir sogar DREI Mal Linienbusse, UND es saßen Leute drin! (Wochenende-Ausflügler wahrscheinlich.)

Nach ca. 18 Kilometern in fünf Stunden mit zwei Pausen waren wir am Bahnhof Tutzing. Da es vor Ort immer noch keine wirklich attraktive Wirtschaft gibt, ließen wir uns in einer gesteckt vollen Regionalbahn nach Starnberg fahren und kehrten dort im vertrauten Tutzinger Hof ein.

Ein dunkles Bier für mich (darauf hatte ich mich seit Stunden gefreut und genoss jeden Schluck), ein Pils für Herrn Kaltmamsell. Wir bestellten die Brotzeitplatten, die ich ebenfalls seit Stunden vor meinen inneren Auge und Magen gehabt hatte. Die herzliche Bedienung riet uns, eine zu teilen, denn die meisten, die eine Doppelbestellung wagten, müssten sich die Hälfte einpacken lassen. Ich versicherte ihr, dass wir zum einen wirklich Hunger hatten und außerdem wussten, was auf uns zukam. Als Beweis führte ich das allererste Mal an, dass ich die Brotzeitplatte in diesem Lokal bestellt hatte. Beim Abräumen hatte die Bedienung kommentiert: “Ich sag doch immer, dass man die schaffen kann.”

Gedeckter Wirtshaustisch, außen je zwei Brotzeitbretter, dazwischen Teller, ein Brotkorb, eine Flasche Bier und ein halb geleerter Bierkrug

Der Schweinsbraten darauf war frisch und ausgezeichnet, ebenso das Fleischpflanzerl, das warme Brot schmeckte herrlich, lediglich der Obatzte war nur gut, nicht mehr der beste jemals, als den ich ihn in Erinnerung gehabt hatte. Ich mag ja Brotzeitbrettl besonders gern, vor allem nach dem Wandern – und über die Jahre weiß ich immer besser, dass ich am liebsten die ganz altmodischen mag mit der Basis Pressack (rot und weiß), grobe Leberwurst, Käse, kalter Braten (wenn grad noch einer vom Mittagstisch da ist) – der Rest darf variieren. Doch genau die sind in und um München nahezu ausgestorben, sehr wahrscheinlich dem Mainstream-Kundengeschmack geschuldet (PRESSACK?!).

Mein Körper spielte so gut mit, dass mir die zehn Minuten Marsch zum Bahnhof Starnberg keinerlei Mühe bereiteten. Gemütliche S-Bahn nach München durch goldener werdendes Abendlicht.

Zu Hause keine Süßigkeiten auf sehr vollen Magen, endlich schaffte ich das mal, wo ich doch wusste, dass es mir ohne besser gehen würde.

  1. Möglicherweise habe ich ihn versehentlich dazu gebracht, mich als einzige seiner Kund*innen zu siezen – meine Default-Einstellung gegenüber unbekannten Erwachsenen ist halt weiterhin “Sie”. []
die Kaltmamsell

Journal Freitag, 11. April 2025 – Bemühen um Entspannung fürs Wochenende

Samstag, 12. April 2025 um 7:41

Verschlafen! Ich hatte vergessen, den Wecker zu stellen, und war nach zweitem Klogang um fünf nochmal tief eingeschlafen. Herr Kaltmamsell weckte mich freundlich nur wenige Minuten nach meiner üblichen Aufstehzeit.

Ein sonniger Morgen, mein Stoffwechsel entschied sich dennoch für Tagesstimmung traurig. Immer wieder denke ich an die mood organ, die Stimmungsorgel in Philip K. Dicks Roman Do Androids Dream of Electric Sheep?, an der sich die Frau des Protagonisten morgens aussucht, wie sie sich heute fühlen will. Und die in der Verfilmung Blade Runner nicht vorkommt. Falls Sie die Romanvorlage noch nicht gelesen haben, empfehle ich sie hiermit. Wenn auch wirklich nicht zur Erheiterung.

Von Morgensonne beschienene schlickte Altbau-Fassade, davor kahle Bäume, darunter ein neongrün blühender Ahorn, dahinter ein Stück blauer Himmel

Nähmaschinenfabrik Strobel an der Heimeranstraße.

Auf dem Weg in die Arbeit war es weiterhin Handschuh-kalt – ich mag aber auch besonders emfindliche Zuckerpüppchen-von-Tifus-Finger haben.

Am Arbeitsplatz wurde ich stärker gefordert als erwartet, konnte mich zum Ausgleich nützlich fühlen.

In strahlender Sonne, aber mit zugeknöpfter Jacke ging ich nach Mittagscappuccino bei Nachbars auf eine Besorgung: Über einen Umweg zur Bewegung kauft ich frische Briefmarken, um weiterhin regelmäßig Postkarten verschicken zu können.

Mittagessen: Granatapfelkerne (jajaja, die Saison ist in Europa lang um, guilty pleasure aus Peru), Quark mit Joghurt.

Am Nachmittag nochmal einiges weggeschafft, pünktlicher Feierabend. Spaziergang zu Besorgungen; jetzt wärmte der Sonnenschein, meine Jacke wurde mir zu warm. Freitagsfleisch beim Vollcorner, Bargeld in meiner Sparda-Filiale (mittlerweile nur noch alle zwei Monate nötig, und dann nur jeweils 200 Euro), vergebliche Suche nach Gästeseifen in einer Parfumerie (werde eine beim nächsten Hotel-Aufenthalt mitnehmen), Molkereiprodukte im Alnatura.

Daheim freute ich mich über eine lange Yoga-Folge; in ihrem ersten 30-Tage-Programm vor zehn Jahren verspricht Adriene noch regelmäßig, wenn man nur lang genug dranbleibe, könne man die Übungen irgendwann so gut wie sie. Was halt nicht stimmt (ich werde in diesem Leben nie beim herabschauenden Hund die Fersen am Boden haben, schließlich musste ich über die Jahrzehnte das Ziel aufgegeben, sie bei einer Hocke dort zu lassen – Körper sind verschieden) und was sie später auch nicht mehr tut.

Jetzt aber Wochenendfeiern: Zur Orangenvernichtung (bald haben wir die zehn Kilo durch) Tequila Sunrise, dann Kuh auf Wiese (Entrecôte mit einer nochmaligen Ernteanteil-Lieferung Kohlröschen und Ernteanteil-Ruccola) mit südafrikanischem Rotwein Owl Post.

Aufsicht auf gedeckten Tisch mit grünen Platzsets, darauf ein großer Glasteller mit gebratenem Fleisch, gebratenen Kohlröschen, Ruccola, rechts daneben eine blaue Serviette mit Messer und Gabel, dahinter gefülltes Rotweinglas, Rotweinflasche, kleine Fläschchen Olivenöl und dunkler Essig

Abendessenstisch in Tageslicht!

Nachtisch Speiseeis. Ich näherte mich einer Näherung von Entspannung.

Vor dem Start einer neuen Lektüre recherchierte ich dem eben gelesenen The Last of her Kind von Sigrid Nunez hinterher. Aha, 2006 erschienen, also zehn Jahre nach ihrem Erstling A Feather in the Breath of God, das mir so sehr gefallen hatte (dazwischen veröffentlichte sie drei weitere Romane). Und statt Lesezirkel-Diskussion las ich Rezensionen, um zu sehen, ob andere die Handlung ähnlich richtungsslos (-arm) fanden wie ich (selbst die Erzählmotivation – Erinnerungen festhalten für Georgettes Kinder – kommt erst im letzten Viertel des Buchs).

Hier eine Besprechung aus Veröffentlichungszeit von Megan Marshall:
“Something Happening Here”.
Sie kritisiert unter anderem fehlende Erzählökonomie (ja) und spricht mir aus dem Herzen mit:

Nunez has chosen to tell her story in the style of a memoir, and in this role Georgette must be faulted for a certain degree of self-indulgence. She goes on about pill-popping at exam time and a bad acid trip, forgetting that no one but the partaker can find such tales of interest

Die Besprechung von Alex Clark einer Neuauflage von 2016 im Guardian unterstreicht etwas, was auch mir gut gefallen hat:
“The Last of Her Kind by Sigrid Nunez review – enormously absorbing”.

Rather than making her chief characters strained emblems, Nunez imbues them with considerable complexity and nuance. The narrator, George or Georgette – her name itself is unstable and problematic to her – does not conform to the stereotype of an escapee from a troubled, impoverished and violent background; arriving at college in New York in 1968, she does not bury herself in work, determined to succeed at all costs. Rather, she flunks out, rejects her briefly held attachment to student politics and immerses herself in the world of women’s magazines.

Aber auch Clark bemängelt, dass manche Erklärungen und Schilderungen unnötig ausufern.

Im Bett begann ich meine nächste Lektüre: Jenny Erpenbeck, Aller Tage Abend.

§

Vielleicht haben Sie von den 20 Regeln bei Tyrannei von Timothy Snyder gehört. Vielleich mögen Sie sich diese John Lithgow vorlesen lassen.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/cXR5HLodsT8?si=nO_JP-shO2XboXi1

(Wobei “8. Stand out” gefährlich ist: Besonders Realitätsleugner*innen und Demokratiefeinde beanspruchen für sich, eben nicht mit dem Mainstream zu laufen.)

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 10. April 2025 – Rasensprengen im April

Freitag, 11. April 2025 um 6:31

Richtig gut geschlafen, mit nur einem Klogang und mit ausgeschlafenem Aufwachen von Weckerklingeln. Erste Selbsterinnerung: Es ist erst Donnerstag.

Der Weg in die Arbeit war weiterhin sehr kühl, diesmal unter bedecktem Himmel. Auf der Theresienwiese wurde weiter Frühlingsfest aufgebaut (Start am 25. April), auf dem Boden erste Markierungen für den Theresienwiesenflohmarkt (26. April) – auch dieses Jahr nur die offiziellen Markierungen, denn Verkauf ist nur mit Anmeldung möglich.

Eina asphaltierte Fläche, in Pink ein rechteckiger Rahmen aufgesprüht, darunter "B32", im Hintergrund ein blaues Zirkungszelt und entfernt rechts Ruhmeshalle und Bavaria

Am Arbeitsplatz umgehend Emsigkeit, draußen wurde es wieder sonnig. Dass es kalt geblieben war, merkte ich an jedem Fensterkippen. Und dass es weiterhin viel zu trocken ist daran, dass der Nachbar seinen Rasen sprengte. Im April.

Mittags spazierte ich über Cappuccino-Stopp zum Markt und kaufte Käse für den Abend ein.

Zu Mittag gab es später Birnen (gut!), Buttermilch, Trockenfeigen.

Mühsamer Arbeitsnachmittag, u.a.: Das Reiseabrechnungsprogramm behauptete auf einmal, es könne KI. Beim Schritt “neuer Betrag” wurde im Dropdown angeboten, einfach den Beleg hochzuladen, die KI würde die Beträge dann zuordnen.

Sofort ausprobiert.

Nein.

Aber schöner Heimweg durch Frühlingsluft in gerade der richtig angenehmen Temperatur für April.

Daheim einiges an Häuslichkeiten, keine Lust auf Yoga-Gymnastik, außerdem war ich fürs Abendessen zuständig: Es gab den ersten Salat der Saison aus Ernteanteil (YAY!) mit dem Grün des ersten Radieserlbunds in Orangen-Haselnussmus-Dressing, außerdem reichlich Käse. Nachtisch Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen, Sigrid Nunez, The last of her kind ausgelesen.

Der Roman lässt mich ein wenig ratlos zurück. Ich las die Geschichte der linksradikalen Ann im New York der 1960er bis in die 1990er durchaus interessiert und gern – doch dass es ihre Geschichte ist, die erzählt wird, stellte sich erst nach und nach heraus. Denn vorgeblich las ich die Erinnerungen von George, wie Georgette lang genannt wurde: Sie beginnen damit, wie sie Ann als Zimmergenossin im College kennenlernt, diese seltsame 17-Jährige Weiße aus sehr guten Verhältnissen, die sich als Mitbewohnerin explizit jemanden gewünscht hatte, die eine so andere wie mögliche Herkunft haben würde wie sie. Und das ist bei George so, die aus einer wirklich armen Familie mit Gewalt- und Verwahrlosungshintergrund kommt, es mit ihrem Lese- und Wissensdurst nur durch eine engagierte Lehrerin ans College geschafft hat. Zunächst lehnt sie Ann ab, die vor politischem und weltverbesserlichen Eifer glüht, den sie mit auch selbstzerstörerischer Konsequenz in dieser Zeit der Bürgerrechtsbewegung umsetzt.

Von dort geht es durch die Jahrzehnte, durchaus in erster Linie als Erinnerung an Georges eigenen Werdegang. Nach einem bösen Streit mit Ann entfernen sich die Lebensläufe voneinander, den von Ann erzählt Georgette über große Strecken aus Distanz.

Es entsteht das Bild einer bestimmten Zeit in New York, darin liegt der Schwerpunkt auf dem persönlichen Erleben. Und eher indirekt stellt sich die Frage nach dem persönlichen Umgang mit gesellschaftlichem Unrecht und den vielfältigen Konflikten, auf die das Engagement einer weißen, privilegierten Frau für Unterdrückte auslöst.

§

Jenseits des Teenageralters noch Einheimische zu finden, die überhaupt nie in einem Fitnesssudio waren, ist vermutlich eh schwierig. Um die 50-jährige? Sehr schwierig. Umso faszinierter lese ich einen Ersteinstieg bei mek, der dabei noch dazu eine naive Perspektive zuwege bringt.
“Mi, 9.4.2025 – Fitness”

Er fragte mich nach meinen Zielen. Ich sagte: Ich will schön und stark sein.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 9. April 2025 – Grußbekanntschaft

Donnerstag, 10. April 2025 um 6:30

“Wir kennen uns nur vom Grüßen” – das habe ich schon lang nicht mehr gehört. Doch solche Grußbekanntschaften habe ich, und sie sind mir als solche sehr bewusst. Es handelt sich um Menschen, die zu meinem Leben gehören und ich zu ihrem, von denen ich aber nicht mehr weiß als ihr Äußeres und ihr Auftreten mir gegenüber. Erst diese Woche kam eine dazu – genauer: dazu kam der Gruß, der eine Bekanntschaft vom Sehen (“Wir kennen uns nur vom Sehen”) in eine Grußbekanntschaft verwandelte. Dieser erste Gruß transportierte im Grunde die Information, dass das Wahrnehmen der regelmäßigen Begegnung beidseitig war.

Möglich macht diese Grußbekanntschaften mein täglicher Arbeitsweg zu Fuß: Wenn man oft um fast dieselbe Zeit denselben Weg geht, kreuzt sich der halt mit dem von Menschen, die einen ähnlichem Rhythmus haben.

Meine derzeit älteste Grußbekanntschaft ist ein Mann, der mir morgens unweit meiner Wohnung entgegen kommt. Wir begannen schon bald, einander bei Erkennen anzulächeln, irgendwann wurde ein Gruß daraus (von mir “Guten Morgen” von ihm eher “Hallo”). Er ist nicht nur die älteste, sondern zeichnet sich durch eine Besonderheit aus: Wir begegnen einander auch auf dem Heimweg an ähnlicher Stelle, wenn auch deutlich seltener – nach Feierabend variiert mein Weg durch Besorgungen und Erledigungen stark.

Von einer dieser Grußbekanntschaften erfuhr ich sogar mehr: Wir liefen einander nämlich eines Tages an einer völlig andere Straße entgegen. In diesem Fall mit besonders erfreutem Gruß, wir hatten uns schon länger nicht mehr gesehen. Und wie es halt in diesen Sekundenbruchteilen ist mit nonverbalem Informationsaustausch: Wir registrierten beide den besonders erfreuten Gruß der anderen, uns wurde beiden daran bewusst, dass wir einander länger nicht gesehen hatten – und da blieb diese Frau stehen und erzählte, warum (Arbeitsplatzwechsel, anderer Arbeitsweg). Herzlicher Abschiedsgruß.

Eine jahrelange Sehbekanntschaft verweigert sich der Anerkennung des gegenseitigen Wahrnehmens durch Gruß: Unsere Wege kreuzen sich seit ca. zwei Jahren fast jeden Werktagmorgen auf einem Abschnitt von höchstens 200 Metern. Doch sie fängt nie meinen Blick auf, schaut konsequent an mir vorbei. Mittlerweile respektiere ich das und sehe sie ebenfalls nicht mehr an.

Der Neuzugang dieser Woche: Eine Frau mit markantem Styling-Merkmal, die ich seit Jahren alle paar Tage mit Kind sehe – zunächst saß das Kind in einem Fahrradanhänger als fast noch Baby, jetzt müsste es etwa sieben sein. Ich kreuze derzeit fast jeden Morgen an selber Stelle eine Gruppe Mütter, Väter, Kinder, die aufeinander für gemeinsamen Schulweg warten, zu der auch sie gehört – und aus der sie mich seit ein paar Begegnungen grüßt. Mir tut richtig leid, dass ich sehr wahrscheinlich schon bald das weitere Großwerden des Kinds nicht mehr mitbekomme – weil es auf eine entferntere Schule gehen wird.

Falls das nicht indirekt aus meinen Zeilen hervorgegangen ist: Diese Grußbekanntschaften machen mich froh, die beschriebenen sind keineswegs alle. Das Wiedererkennen, das Füllen der zahllosen Lücken, die solch umfassendes Nichtwissen bietet, und die Freude über die offensichtliche Freude, die Begegnung und Gruß dem oder der anderen bereiten.1

§

Wirklich gut geschlafen, nur zu früh aufgewacht – umgehend an einen beruflichen Kontakt gedacht, der für einen Termin in München wegen BAUMA in einem Hotel am Ammersee hatte übernachten müssen und morgens sehr früh eine Stunde mit Bus und S-Bahn anfahren musste. (Durch meinen Job bekomme ich zum ersten Mal mit, wie die Baumaschinenmesse BAUMA, die alle drei Jahre in München stattfindet, Hotelpreise in Höhen sogar über der Oktoberfestmarke schiebt.)

Bei Ankunft im Büro erwies sich: Hatte alles geklappt. Wetter weiterhin sonnig, der Morgen frostig kalt.

Den Vormittag verbrachte ich in einer vielköpfigen Präsenz-Besprechung. Mittagscappuccino schnell beim Nachbarn (der Himmel zog langsam zu), dann wuselte ich eine Runde am Schreibtisch.
Zu Mittag gab es zum einen einen Apfel, zum anderen hatte ich mir aus dem Grünkernschrot im Haus (ich mag Grünkern) einen süßen Brei gekocht und mit Joghurt vermischt – gut!

Dann weiter ChopChop. Um drei war ich durch mit Energie, aber noch nicht mit Arbeit, ab da wurde es sehr zäh.

Nach Feierabend steuerte ich eine Besorgung an: Im Forum Schwanthalerhöhe hatte Ende März ein Outlet-Laden des Wäsche-Herstellers Triumph aufgemacht, und beim Vorbeigehen hatte ich gesehen, dass sie auch Bikinis anboten – ich wollte nach einem Schwimm-tauglichen suchen.

Auf der Erdgeschoß-Wand eines Altbaus ein Graffiti in Form eines Tentakelmonsters aus schwarzen Linien, links davon in braunen Buchstaben "ver-schöner"

Monsterchen an der Schießstättstraße.

Genau das tat ich und fand auch einen solchen Bikini, mit den 20 Prozent Eröffnungsrabatt auf den ohnehin reduzierten Outlet-Preis ein Schnäppchen.

Zu Hause holte ich Herrn Kaltmamsell nur ab: Abendessen sollte es auswärts geben. Wir entschieden uns für eine Trattoria an der Schwanthalerstraße (Bahnhofsviertel-Plüsch und Touri-Ausrichtung, also richtig authentisch) und aßen dort Pinsa.

Geckter Restauranttisch mit zwei Pinsa auf Brettern, die im Vordergrund mit Lachs und Würfeln roter Bete, die im Hintergrund mit Tomate, Mozzarella, schwarzen Oliven, dahinter sitzt ein Mann mit Brille und weißem Hemd, im Hintergrund eine Glasfront, durch die man eine gelbe, sonnenbeschienene Altbaufassade sieht

War ok (meine mit Ruccola, Rote-Bete-Würfeln, Räucherlachs, Meerrettich-Frischkäse), die hausgemachte Limonade Passionsfrucht-Zitrone schmeckte besonders gut. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite im Sonnenlicht zu sehen: Das Deutsche Theater.

Daheim Häuslichkeiten, Tagesschau-Bericht über den gestern zwischen CDU/CSU und SPD geschlossenen Koalitionsvertrag (bin schon sehr gespannt auf die professionelle Auswertung meiner Kolleg*innen), Nachtisch Schokolade.

§

Durch ein Like unter diesem Foto entdeckt: Den instagram-Kanal Ladiesinproperwhitetie – also Damen im Frack, mit Betonung auf proper. Der Like ehrt mich. Das nächste Mal dann mit Handschuhen, Schal und Zylinder, das Cape für draußen besitze ich ja bereits.

  1. Ich merke aber, dass ich mich scheue, weitere Details der Begnungen und der Personen zu schildern, weil sie dadurch identifzierbar werden könnten – sie aber alle keinen Vertrag mit vorspeisenplatte.de unterschrieben haben, wie es Joël so treffend ausdrückte. []
die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 8. April 2025 – Wenig zu bieten außer Sonne und Gesundheitsgewackel

Mittwoch, 9. April 2025 um 6:19

Gute Nacht, aber wieder Phantom-Weckerklingeln um 5:21 Uhr (es war weder eine Nachricht oder Meldung eingetroffen). Beim echten Weckerklingeln wäre ich sehr gerne liegengeblieben. Ungewöhnlicherweise stand ich auch nicht sofort auf, sondern guckte erstmal nur – bis Herr Kaltmamsell nach einigen Minuten besorgt an meine Zimmertür klopfte.

Strahlend sonniger Morgen, wieder zapfig kalt, ich war auf dem Arbeitsweg froh um meine Handschuhe.

Müdigkeitseinbruch während einer großen Online-Besprechung (meine Rolle war nur Zuhören). Eigentlich ist ja meine Regel: Wenn ich ernsthaft in Erwägung ziehe, mich ein wenig untern Schreibtisch auf den Boden Schlafen zu legen, melde ich mich krank. Ich suchte schonmal nach der Spielanleitung für “Krank aus Dienst”, denn eine Krankmeldung, wenn man den Arbeitstag bereits begonnen hat, ist hochkomplex.

In diesem Fall holte mich ein Treppenlauf nach der Besprechung erstmal aus dem Tief, ich kam um diese Komplexität herum.

Gleich bei Start der Öffnungszeit holte ich mir telefonisch einen Friseurtermin: Eigentlich war Herr Haarschneider für Termine nach Arbeitszeiten bis nach Ostern ausgebucht – unangenehme Aussichten bei meinem derzeitigen Verwucherungsgefühl. Doch er schob mich zum Glück am Samstagmorgen ein.

Außerdem festgemacht: Eine Wander-Verabredung mit Herrn Kaltmamsell für Samstag (das Wetter soll schön werden).

Mittagscappuccino im Westend, der Marsch durch Sonne und Kälte war angenehm. Später gab es als Mittagessen Waldorfsalat aus Ernteanteil-Sellerie (hatte Herr Kaltmamsell am Montag zubereitet) und einen Kanten Brot.

Das gesundheitliche Gewackel blieb über den Nachmittag so, immer wieder fühlte ich mich schwach, aber zumindest wollte ich mich nicht mehr unter den Schreibtisch legen.

Nach Feierabend war es milder geworden, jetzt wärmte die Sonne richtig. Einkäufe beim Lidl, unter anderem für eine arbeitliche Mitbringsache am Mittwoch die beliebten und ungemein praktischen Mini-Windbeutel aus der Gefriertruhe.

Daheim Yoga-Gymnastik im sonnendurchfluteten Wohnzimmer, in die eine Richtung musste ich halt immer die Augen schließen, um nicht geblendet zu werden. Da die am Samstag attackierte Wade immer noch bei Bewegung deutlich schmerzte, hatte ich davor die Massagerolle angwendet: Zu meiner Überraschung fühlte sie sich an beiden Beinen gleich an; mit was auch immer die Rolle massiert, scheint diese Verhärtung nichts zu tun zu haben.

Als Nachtmahl bekam ich von Herrn Kaltmamsell Linsen (YAY!), und zwar auf Wunsch mit Spätzle (er hatte sich sogar dazu herabgelassen, sie fertig zu kaufen):

Aufsicht auf einen weißen tiefen Teller, zu zwei Dritteln mit gekochten Linsen gefüllt, zu einem Drittel mit Spätzle, rechts daneben ein Löffel

Ein Tag, der mit Linsen mit Spätzle endet (neben Grie Soß das exotischste Lieblingsgericht aus deutscher Küche, das ich erst als Erwachsene kennenlernte), kann kein schlechter Tag gewesen sein.

Gestern dachte ich in der Dämmerung kurz vor ganz dunkel daran, auf den Balkon zu gehen und nach oben zu schauen. Schon nach wenigen Minuten: Meine erste Fledermaus der Saison!

die Kaltmamsell

Journal Montag, 7. April 2025 – Blühende Bäume in kalter Sonne

Dienstag, 8. April 2025 um 6:20

Nach recht guter Nacht mit schmerzendem Matschauge aufgewacht. Draußen wieder die Wetter-Kombi vom Sonntag: Sonniges Hochdruckwetter mit arktischer Kaltluft – ich hoffe weiterhin, dass die Obstbäume dadurch vom vorzeitigen Blühen und späterem Erfrieren abgehalten werden.

Angenehmer Marsch in die Arbeit, doch schlapp fühlte ich mich immer noch.

In goldener Morgensonne eine blühende Magnolie neben einer weißen Villa, darüber blauer Himmel

Wochenstart im Büro emsig, aber ohne Panik. Emsigkeit ließ mich die Zeit vergessen, ich kam eher spät auf meinen Mittagscappuccino ins Westend, Sonnenschein in schneidender Kälte.

Foto gegen die Sonne durch einen weiß blühenden Baum. Dahinter sieht man die Silhouette eines Kirchturms und blauen Himmel

In der Gollierstraße Start der großen Blüte.

Im Büro noch eine Runde Nützlichkeiten vor Mittagessen: Apfel, Pumpernickel mit Butter.

Gleißende, wolkenlose Sonne – und doch sehr kalt. Ich merkte das bei jedem Fensterkippen, vorm Fenster sah ich dabei jedesmal Menschen, die auf die Sonne reingefallen waren und in Hemden, Sweatshirts oder gar kurzen Ärmeln froren (in Hamburg wurde bereits am Samstag geklappert).

Geordnetes Arbeiten am Nachmittag, körperliche Wackeligkeit. Nicht zu später Feierabend, sonnig-kalter Heimweg.

Ausschnitt eines blühenden Magnolienbaums im Schatten vor einem Altbau-Wohnhaus mit grünen Fensterläden

Wie jedes Jahr kann ich mich an den Magnolien schier nicht sattsehen.

Lebensmitteleinkäufe beim Vollcorner. Daheim Häuslichkeiten, eine sehr ruhige Einheit Yoga-Gymnastik – gestern genau das Richtige.

Herr Kaltmamsell servierte als Nachtmahl zwei Pasta-Gerichte: Bandnudeln mit Pastinakenstreifen (Ernteanteil) und Bärlauch-Walnuss-Pesto (die intensiv süßen Lager-Pastinaken überdeckten den Bärlauch-Geschmack aufs Angenehmste) sowie Spaghetti mit Olivenöl, Ernteanteil-Frühlingszwiebeln, Chili (auch sehr gut). Nachtisch nochmal Orangen-Tapioka-Pudding, diesmal mit Vanillepudding-Spiegel, Schokolade.

Breit behandeltes Aufmacher-Thema der 20-Uhr-Tagesschau: Der Absturz aller Börsenkurse weltweit, nachdem Trump vor dem Wochenende irrwitzige Zölle auf Importe in die USA angekündigt hatte (Ausnahme aus Russland). Demontage der Weltordnung auch in diesem Aspekt.

Auf arte stolperte ich in Die Mörder sind unter uns, ließ ihn laufen, weil ich den eigentlich immer mal hatte sehen wollen und weil Hilde Knef. In der ersten gesehenen Hälfte seltsames Drehbuch, interessante Trümmer-Aufnahmen (Original-Berlin), aber ein bisschen angestrengt künstlerische Kamera.

Überrascht, wie sehr ich mich freue, dass Novemberregen Tomorrow, and Tomorrow, and Tomorrow von Gabrielle Zevin gefallen hat. Zwar komme ich sehr gut damit zurecht, wenn Menschen einen anderen Büchergeschmack haben als ich (zum Beispiel Herr Kaltmamsell), wenn ihnen Romane nichts sagen oder sogar missfallen, die ich mochte. Doch es scheint ein paar Highlights meiner Lesegeschichte zu geben, die ich für so herausragend halte, dass ich einen starken Wunsch nach Zustimmung entwickle. Tomorrow, and Tomorrow, and Tomorrow gehört dazu. (Wenn Sie nachlesen möchten: Hier meine Besprechung des Romans.) Novemberregen:

Es hat mir außergewöhnlich gut gefallen, auf Anhieb ist mir kein Buch präsent, das ähnlich ist.

Ebent.

§

Lesen Sie bitte Marina Weisband (oder sehen und hören Sie sie auf dem verlinkten Video):
“Rede zum 80. Befreiungstag des KZ Buchenwald”.

Wir sagen, wir wollen gegen Faschismus kämpfen. Klar. Sagt jeder. Aber man will auch der amerikanischen Regierung nicht vor den Kopf stoßen. Also wiederholt man ihre Unwahrheiten. Und wenn die deutsche Bevölkerung durch genug Rassismus in Talkshows aufgepeitscht ist… dann muss man den Wähler ja auch dort abholen, wo er steht. Und wenn mein Job bedroht wäre, wenn ich etwas sage, dann schweige ich lieber. DAS ist, wie Faschismus an die Macht kommt.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 6. April 2025 – Schlapper, kalter Sonnensonntag

Montag, 7. April 2025 um 6:22

Ausgeschlafen, das war schön.

Gerade noch den Übernachtungsgast gesehen, Abschied bis Ostern. Beim Gehen meldete sich die Vortages-Wadenverhärtung mit deutlichen Schmerzen, dazu kam ein verklebtes, schmerzendes linkes Matschauge – ich fühlte mich insgesamt nicht wirklich gesund.

Neben dem Bloggen erhaschte ich auf den sonnenbeschienenen, kahlen Ästen auf den Bäumen vorm Wohnzimmer einen Blick auf einen sich putzenden Distelfink, beim Temperaturtest auf dem Balkon (kalt!) sah ich im Nebenbaum eine Grasmücke.

Ich hatte immer weniger Lust auf Sport, auch nicht auf die geplante Schwimmrunde. Sie wissen ja: Einen inneren Schweinehund kenne ich nicht, in mir lebt statt dessen die Angst vor slippery slope, ungefährer Inhalt: Wenn ich jetzt nicht schwimmen gehe, werde ich nie wieder Lust auf Sport haben, Couch Potatoe werden, stramm auf Kleidergröße 56 zumarschieren, mich in eine verabscheuungswürdige Kreatur verwandeln. Ich trug dieses Hadern bis zum Punkt slippery slope an Herrn Kaltmamsell, der mich zumindest darauf hinwies, dass es slippery slope heiße und nicht free fall.

Was ich damit allerdings auch aufgab: Den Blick auf sonnenbeschienene Kirschblüte in der Agnesstraße und im Olympiapark. Nächstes Jahre wieder.

Also Maniküre (gna), ungeschwommenes Duschen und Anziehen. Zum Erhaschen potentieller Frühlingslüfte ging ich raus auf einen Mittagscappuccino: Ja, tatsächlich wie angekündigt scheißkalt (und entsprechend geruchsfrei), aber der Cappuccino im schick-weißen Suupinga in der Müllerstraße war sehr gut – immer ein gutes Zeichen, wenn ich kein Bedürfnis nach Süßen habe. (These: Man wird diese Zeit wahrscheinlich dereinst die Zimtschneckenjahre nennen, auch der eigentliche Aufhänger dieses Cafés.)

ber eine Tasse Cappuccino hinweg Richtung weißer Café-Theke fotografiert, dahinter Baristas

Frühstück daheim um halb zwei: Ein restliches Hühnerbein vom Vorabend mit selbstgebackenem Brot (Die Verwendung eines Stücks Brot als Besteck für die linke Hand zur Gabel in der rechten: Gilt das bei uns eigentlich als schlechtes Benehmen? Ich habe mal wieder festgestellt, wie gern ich so esse, mich dabei besonders geschickt fühle.), Mango mit reichlich Joghurt.

Davon wurde ich müde und bettschwer, ich gönnte mir ein Stündchen Siesta und schlief tief.

Danach strahlte immer noch die Sonne, ich setzte die Idee um, im Westpark nach dem Frühling zu sehen. Mütze ließ ich daheim, war aber froh um meine Handschuhe, zur kühlen Luft kam eisiger Wind.

Schöne sonnige Ansichten über Theresienwiese, Bavariapark und im Westpark, doch ich fühlte mich weiterhin schlapp und dumpf, die Schönheiten kamen nicht recht bei mir an. Außerdem hatte ich nicht einkalkuliert, dass ich die ganze Zeit gegen die Sonne gehen würde, hatte keine Sonnenbrille aufgesetzt und wurde durchgehend geblendet. So spazierte ich bloß bis zum Ende des Westparks (Rosengarten, Biergarten bereits in Betrieb) und dann direkt zur U-Bahn. Wobei ich vergessen hatte, dass dieses Stück der U6 derzeit renoviert wird: Also Ersatzbus bis Brudermühlstraße und erst dann U-Bahn, ich brauchte lang nach Hause.

Gegenlichtaufnahme eines Eisentorbogens, dadurch ein asphaltierter Weg nach oben gesäumt von kahlen Bäumen mit erstem Grün, darauf Fußgeher und Radler

Östlicher Eingang zum Westpark.

Erhöhter Blick auf eine Parklandschaft mit Teich, ergrünenden Bäumen

Erhöhter Blick auf sonnige Parklandschaft, im Vordergrund breite Wege mit Menschen, dahinter ein Teich, an dessen gegenüberliegendem Ufer ein Biergarten dich besetzt

In Sonnenschein vor blauem Himmel in einem Teich eine Pagode, daneben blühende Büsche, fotografiert von verschiedenen Menschen

Es war viel Kirschbaumknipsens (allerdings alles Zierkirschen – ich habe Zeitlang nach echten Kirschbäumen). Ohnehin war natürlich viel los im Westpark, Gewusel aller Altersgruppen und Herkünfte, das Gans am Wasser knallvoll, gegrillt wurde auch schon.

Daheim kanalisierte ich meine Schlappheit in Romanlesen, das war genau richtig. Vor dem Abendessen auch eine Runde Yoga-Gymnastik, allerdings eine Folge mit einigen Abschnitten, die ich nicht konnte (u.a. Varianten tree pose).

Festliches Nachtmahl: Herr Kaltmamsell hatte auf meinen Wunsch Grünkernschrot-Lasagne zubereitet, sehr herzhaft und gut. Er hatte auch Nachtisch gekocht: Orangenbeseitigung in Form von Orangen-Tapioka-Pudding, serviert mit flüssiger Sahne.

Gedeckter Tisch, im Vordergrund ein Glas mit orangem Pudding, darüber eine weiße Schicht, im Hintergrund unscharf ein weiteres solches Glas

Sehr gute Idee (nach seiner Aussage ungesüßt, lediglich mit ein wenig AperolCampari aromatisiert).

§

Schöne Fotosammlung der Anti-Trump-Demos von Samstag im Guardian.

die Kaltmamsell