Journal Samstag, 1. März 2025 – Programmreicher Faschingssamstag

Sonntag, 2. März 2025 um 8:35

Sehr gut geschlafen, als ich die Augen aufschlug, wurde der Himmel bereits hell – endlich spürbar längere Tage.

Ein straffer Morgen, denn ich hatte frühe Pläne. Das Draußen überraschte mit eisigem Nebel.

Moderner Kirchturm in fahlem Nebel, davor kahle Bäume

Schon um zehn traf ich mich am frisch renovierten Alpinen Museum auf der Praterinsel. Ich ging zu Fuß dorthin, im weiterhin eisigen Nebel ein begrenztes Vergnügen. Aber ich bekam, nur wenige Meter von meinen vertrauten Wegen entfernt, neue Anblicke.

In trübem Winterlicht ein Kanal, darüber eine niedrige Brücke, links eine große, kahle Weide, die sich im Wasser spiegelt, darunter von hinten ein Mensch mit Kind auf den Schultern

Trübes Winterlicht, im Vordergrund eine Wassserfläche, hinter einer niedrigen Brücke im Nebel kahle Bäume und ein helles Jugendstilgebäude mit Turm

Müller’sches Volksbad

Kanal im Vordergrund, am anderen Ufer ein helles, klassizistisches Gebäude, über dessen Eingan "Alpines Museum" steht

Das Alpine Museum ist sehr schön renoviert, der Eingangsbereich roch herrlich nach Holz. Erstmal führte es mich allerdings aufs Männerklo.

Aus Messing auf Weiß zwei Klof iguren: Links mit einem Kleid mit runden Schultern, rechts mit einem Dreiecks-Kleid

Ich hatte zunächst nur die Tür mit dem linken Symbol gesehen und es als Kleid gedeutet. Egal, auf vielen Ebenen, unter anderem fand ich die Türklinken an beiden Türen ganz besonders schön.

Schlichte Türklinke mit Blatt aus Messing auf weißer Fläche

Wir gingen durch die übersichtliche Dauerausstellung, die verschiedene Seiten des Bergwanderns aus historischer Perspektive und des Deutschen Alpenvereins DAV beleuchtet, mit Exponaten von Mitgliedern, alten Fotos, Tondokumenten. In einem eigenen Bereich wurde die schlimme Rolle des Antisemitismus im DAV in den 1930ern und 40ern, gegenübergestellt der heutigen Aufmerksamkeit für Diversität.

Ausstellung mit grauen Trennflächen in Zacken, in der rechten Wand eingelassen in Vitrinen Exponate, von hinten eine Ausstellungsbesucherin, links sieht man große Fenster mit weißen Holzsprossen

Originalausstattung namhafter Bergmenschen.

Im 2. Stock eine Sonderausstellung zu Klimawandel und Alpen, weitläufig und die schönen und sorgsam renovierten Räume des Gebäudes nutzend. Ein Blick aus dem Fenster fiel auf den Außenbereich des Museum-Cafés mit Isar-Aussicht: Das müsste im Sommer genau die Isargastrononomie sein, die mir fehlt, nämlich direkt an der Isar. Wenn halt auch nur zu Museumsöffnungszeiten. Eingemerkt für einen Test.

Wir setzten unsere Verabredung mit einem Spaziergang im unverändert kaltem Nebel fort: Mir war die Route am Auer Mühlbach entlang eingefallen, diesmal allerdings nach Süden. Das war selbst in weiterhin fahlem Licht und kahler Natur schön. Wir sahen Eichkatzerln, samstägliches Straßenleben, in einem Vorgarten zusammen präsentiert Schneeglöckchen, Krokus, Winterlinge, Märzenbecher. Auf einem Hang bereits die ersten Bärlauchblätter.

Außenmauer mit viel bunter Streetart, rechts ein Durchgang und ein Baumstamm

Am Müller’schen Volksbad.

Blick steil nach oben: Vor grauem Himmel in trübem Licht der Turm einer neogotischen Backsteinkirche

Giesinger Berg von unten.

In der Krämer’schen Kunstmühle kehrten wir im Café Fausto ein, tranken Mittagscappuccino, füllten beide unsere Vorräte an Espressobohnen auf.

Aufsicht auf zwei Tassen mit Cappuccino mit unterschiedlicher Milchschaumkunst

Es war sehr voll, ein wenig überraschender Gegensatz zu meinem letzten Besuch an Heilig Abend.

In den Gesprächen erfuhr ich unter anderem Auswirkungen der internationalen und bundesweiten politischen Lage auf den wissenschaftlichen Betrieb, Einblicke in die Lage der Geisteswissenschaften in den USA. Austausch verschiedener Aspekte von Ratlosigkeit und Pessimismus. Gleichzeitig: Hilft ja nix.

Zurück in die Innenstadt nahmen wir die Tierpark-Buslinie 52, Abschied von der Freundin am Sendlinger Tor.

Ich ging weiter zu Lebensmitteleinkäufen im Alnatura, holte mir an der Bäckertheke dort Frühstückssemmeln. Die gab es gegen zwei mit Butter und Marmelade, dazu etwas Joghurt.

Back-Nachmittag: Ineinander verschränkt produzierte ich Käsekuchen Buddenbohm und ein Bauernbrot.

Blick in einen Backofen, darin eine Springform mit ungebackenem Käsekuchen, oben dunkle Sauerkirschen

Man erkennt‘s nicht auf den ersten Blick, aber das da oben sind Mandarinen (gab keine konservierten im Alnatura und ich hatte keine Lust, in einen weiteren Laden zu gehen). Mittlerweile hatten sich draußen Wolken und Nebel gelichtet, endlich schien die fürs Wochenende angekündigte Sonne.

Nachdem ich den Kuchen aus dem Ofen geholt hatte und in einer Gar-Phase des Brot-Teiglings ging ich mit Herrn Kaltmamsell nochmal aus dem Haus: Unser SoLawi-Olivenöl von Platanenblatt aus Lesbos war eingetroffen, an einer Verteilerstelle (Wohnung eines Kartoffelkombinatlers) nahmen wir unsere drei Kanister mit.

Ebenfalls mit den Brotback-Schritten verzahnt: Eine Einheit Yoga-Gymnastik, die gut tat. Und während der ich in der letzten Phase des wolkenlosen Sonnenuntergangs am Himmel eine wunderschöne hauchfeine Mondsichel sah.

Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell die Ringelbete aus Ernteanteil mit einer Erdnusssauce, den Kohlrabi tonnato, also mit Thunfisch-Püree, außerdem Käse.

Aufsicht auf gedeckten Tisch mit zwei grünen Platzsets, darauf große Glasteller, daziwschen eine Schüssel mit orangen Bete-Vierteln, eine mit Kohlrabiwürfeln in heller Sauce, ein Teller mit Käsestücken und Tomaten, gefüllte Sektgläser

Dazu öffnete ich eine Flasche Riesling-Sekt von Buhl. Nachtisch Käsekuchen (Mandarinen passen besser).

Runder Brotlaib mit dunkler, glatter, glänzender Oberfläche

Das Brot sah ok aus, Anschnitt am nächsten Tag:

Schnittflächen des halbierten Brotlaibs, feine Porung

§

In der Freitags-Süddeutschen ein Portrait von / Interview mit Lisy Christl, Kostümbildnerin aus München-Forstenried, die für ihre Arbeit in Konklave zum dritten Mal für einen Oscar nominiert ist. Wie bei allen Hintergrund-Techniken der Filmkunst stecken hier die eigentlich interessanten Überraschungen. (€)
“Sie hat den Vatikan neu eingekleidet”.

Für „Konklave“ hat sie sich an eine Herausforderung gewagt, bei der einem schwindlig wird, wenn man auch nur darüber nachdenkt. Lisy Christl musste den Vatikan neu einkleiden. Damit die liturgischen Gewänder der Kardinäle, des Papstes und der Nonnen in einem Film glaubhaft aussehen, reichte es nicht, einfach die realen Roben möglichst getreu nachschneidern zu lassen.

Dafür sind die Originale nicht schön genug, sie hätten die falsche Geschichte erzählt, sie hätten profan ausgesehen, nach Kostümen, so paradox das zunächst klingen mag. Es galt, wenn man so will, alles Störende und Falsche von den Entwürfen abzustreifen, so jedenfalls sehen die Skizzen mit den verschwimmenden Gesichtern auf der Pinnwand aus: wie von der Wirklichkeit gereinigt.

(…)

Die Kardinäle reisen im Film in ihren gewöhnlichen Alltagsmänteln an, von da an tragen sie fast identische Chorgewänder. Sie unterscheiden sich dann nur noch über ihre Brillen und Kruzifixe. „Bei einem Film mit sehr vielen Kostümen, wenn eins nicht perfekt ist, verspielt sich das, hier nicht“, sagt Christl. „Du hast einen Wurf und keine zwei.“

(…)

Als Christl 1992, nach der Meisterschule für Mode, von den Münchner Kammerspielen zu ihren ersten Filmproduktionen kam, sei an den Sets noch spöttisch vom „Rupf-und Zupf-Gewerbe“ gesprochen worden. „Da habe ich gesagt, Entschuldigung, so redet bitte keiner mit uns. Ich sage ja auch nicht zum Kameramann: Schmeiß mal die Knipse an!“

(Und dann diese wunderschöne Frau! Ich lass mir von keinem Schönheitsideal einreden, dass sie mit weniger Falten schöner wäre.)
(Apropos schöne faltige Frauen: Hier mal wieder Jamie Lee Curtis.)

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 28. Februar 2025 – Absprung in die Faschingstage, Befindlichkeiten

Samstag, 1. März 2025 um 7:34

Aufgewacht mit ungewöhnlich schlechter Laune und Ungehaltenheit. Kenne ich ja, ist irgendwas mit Stoffwechsel und Sich-Anstellen, geht auch wieder vorbei – doch diesmal war eine Note Gereiztheit dabei, die mich zu Selbsterforschung brachte: Gab es vielleicht diesmal einen echten Anlass, so subjektiv er auch sein mochte? Und so kam ich drauf, dass mich einige (nicht besonders relevante) Arbeitsaufgaben belasteten, die schlecht liefen, auf die ich aber praktisch keinen Einfluss hatte. Nach dem Marsch in die Arbeit unter düsterem Himmel und in kalter Luft machte ich mich also an meinem Schreibtisch daran, an allem und jeder, die mir einfielen, zu zupfen und nachzuhaken, um das zu ändern.

Es dauerte aber bis nach meinem Mittagscappuccino (nur einmal quer unterm Heimeranplatz durch), bis es erlösend weiterging, erst von der einen Seite (mit Entschuldigungen wegen Überlastung), dann durch ein informatives Gespräch von der anderen. Meine Stimmung besserte sich dadurch so massiv (jetzt freute ich mich endlich auf die vier freien Faschingstage!), dass ich zugeben musste: Ja, auch banale Arbeitsdinge können mir alles versauen.

Jetzt nahezu ungehindert rödelte ich also los und tat viele Sekretärinnendinge.

Danach gab es zu Mittag Äpfel und Hüttenkäse, anschließendes Weiterrödeln. Vergangene Woche war ohnehin von binge working geprägt: Wegarbeiten mit hohem Druck, dazwischen immer wieder Phasen von Zeittotschlagen, weil nichts vorwärts ging.

Stark erhöhter Blick über eine Großstadt, im Vordergrund links ein angeschnittenes Hochhaus, über der Stadt wolkiger Himmel mit leuchtend blauen Löchern

Zweites Hochhaussteigen, als Vorarbeit für vier Tage ohne.

Nach Feierabend hatte ich einen Termin bei meiner geschätzten Kosmetikerin: Füße schön machen, Gesichtsbehandlung. Erst im Gespräch mit der Fachfrau und beim Austausch von Urlaubsgeschichten stellte ich fest, dass ich seit September 2024 nicht mehr bei ihr gewesen war – irgendwie hatte es immer einen Grund zur Verschiebung gegeben. Kein Wunder, dass ich mich beim Anblick meiner Füße sehr, sehr nach professioneller Fußbehandlung gesehnt hatte. Ich verließ das Kosmetikstudio mit wohligem Gefühl und einer Nagellackfarbenentdeckung.

Heimkehr wenig vor der Tagesschau in eine leere Wohnung: Herr Kaltmamsell traf sich aushäusig mit schwierig zu erwischenden Freunden. Ich machte mir nach Blumengießen und weiteren Handgriffen fürs wochenendliche Brotbacken einen lauwarmen Nicht-Nudelsalat mit roter Paprika, Gurke, Tomate, mit den Nudeln kochte ich ein paar Ernteanteil-Karotten (roh bereiten sie mir seit einigen Jahren leider Bauchschmerzen), in reichlich Joghurtsauce – und genoss ihn sehr. Dann noch mehr Schokolade geschafft, als ich gedacht hätte.

Die Tagesschau holte ich nach, die Weltordnung-erschütternde Attacke Donald Trumps auf den ukrainischen Regierungschef Selenski bei dessen Besuch im Weißen Haus hatte ich bereits im Internet mitbekommen.

§

Prof. Dr. Sophie Schönberger ist Professorin für Öffentliches Recht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Direktoriumsmitglied des Instituts für Deutsches und Internationales Parteienrecht und Parteienforschung,1 und sie schaut sich im Verfassungsblog zu der Wellen schlagenden kleinen Anfrage der CDU/CSU an:
“Man wird ja wohl mal fragen dürfen?
Zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Kommunikation aus dem Parlament”.

Das Fragerecht der Fraktionen, das aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG folgt, ist ein parlamentarisches Recht zur Kontrolle der Regierung. Einige Fragen in der kleinen Anfrage beziehen sich auf die Arbeit der Regierung und sind daher auch vom Fragerecht umfasst. Ein Großteil der Punkte weist diesen Bezug zur Regierungsarbeit aber gerade nicht auf, sondern richtet sich der Sache nach ausschließlich gegen bestimmte NGOs. Manchmal wird dies mit einem mehr als oberflächlichen Regierungsbezug zu bemänteln versucht, oft auch nicht. Die Prüfung, ob einzelne Bürgerinnen und Bürger sich steuerlich rechtmäßig verhalten, ist hingegen gerade keine Aufgabe des Parlaments, sondern der Finanzbehörden, die dann in gewissem Maße ihrerseits von der Regierung kontrolliert werden, und ggf. der Gerichte. Diese Kontrolle erfolgt dann in entsprechenden Verwaltungsverfahren, die nicht öffentlich sind. Das dient nicht zuletzt auch der Wahrung der Grundrechte der Betroffenen, die auf diese Weise davor geschützt werden, an den Pranger gestellt zu werden.

(…)

Schon die Fragen als solche [stellt] bestimmte NGOs an den Pranger (…) und [schürt] gezielt Verdachtsmomente (…). Aus der verschwörungsideologischen Szene, zu der das Geraune von den „Schattenstrukturen“ in der Einleitung ja durchaus gewisse Bezüge herstellt, ist der Mechanismus gut bekannt, dass weniger gezielte Falschaussagen getroffen werden, als einfach nur konsequent Fragen gestellt werden, die die verschwörungsideologischen Falschbehauptungen nicht als Tatsachen aufstellen, aber über die Frageform doch sehr hartnäckig insinuieren. Man stelle sich einmal vor, eine Bundestagsfraktion würde im Rahmen ihrer politischen Agenda gegen häusliche Gewalt die Frage an die Bundesregierung stellen: „Schlägt Ulf Poschardt seine Frau?“ Auf diese Weise wolle man kontrollieren, ob die Strafverfolgungsbehörden auch ihre Arbeit erledigten und genug gegen häusliche Gewalt getan wäre. Es liegt völlig auf der Hand, dass allein schon die mit der Fragestellung verbundene Unterstellung die Grundrechte von Ulf Poschardt verletzte, selbst wenn die Bundesregierung später antworten würde, dass ihr dazu keine Erkenntnisse vorlägen.

§

Einerseits tut mir schon beim Lesen das Herz weh, andererseit ist der Umgang von Mek wohl der beste mit einer Mutter auf dem Weg in die Demenz.
“In der Gegenwart sitzen.”

Wir können es nicht mehr ändern. Ich kann ihr nur eine schöne Gegenwart geben.

  1. Haha, da hab ich’s mit “Sekretärin” echt einfach. []
die Kaltmamsell

Lieblings-Breviloquia* Februar 2025

Freitag, 28. Februar 2025 um 16:14

Auf Mastodon:

Auf Bluesky:

*”Breviloquia” erscheint mir ein deutlich praktischerer Begriff als Microblogging-Posts, siehe entsprechenden von gestern.

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 27. Februar 2025 – Von Alltag bis Hupfkastl

Freitag, 28. Februar 2025 um 6:14

Gut geschlafen, kurz vor Weckerklingeln aufgewacht.

Zu meiner Überraschung tagte es wolkenlos, wundervolles erstes Sonnenlicht auf meinem Weg in die Arbeit bei deutlichem Frost.

Das angekündigte ungemütliche Wetter kam mit Verspätung: Der Himmel zog komplett zu, mittags begann Regen. Da war ich zum Glück bereits von meinem Mittagscappuccino im Westend zurück.

Zu Mittag gab es eingeweichtes Muesli mit Joghurt; untergemischt hatte ich auch ein wenig Zitronat- und Orangeatreste von der Weihnachtsbäckerei: Eine ausgezeichnete Idee, das Muesli schmeckt sehr fruchtig.

Ein seltsamer Arbeitstag war das gestern, auch weil ich nicht allein im Büro saß.

Heimweg im Trockenen aber in winterlicher Kälte über ausführliche Lebensmitteleinkäufe, unter anderem für den Freitagabend vor langem Faschingswochenende, den ich allein feiere.

Zu Hause war noch Zeit für eine längere Folge Yoga-Gymnastik vor ersten Handgriffen fürs wochenendliche Brotbacken. Dann servierte Herr Kaltmamsell denn viel befreuten Spinat aus Ernteanteil (Frischzeug!) als spanisches Gericht mit Kichererbsen (aus Immer schon vegan von Katha Seiser).

In einem weißen tiefen Teller eine Suppe aus Spinatblättern und Kichererbsen in roter Brühe

Ganz wunderbar. Nachtisch Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen.

§

Nicht mehr taufrische News, rechtzeitiges Veröffentlichen vergessen:
Unser Kartoffelkombinat ist eine der beiden ersten Slow Food Farms in Deutschland!

§

Interessante Details, warum viele Auslandsdeutsche zu spät ihre Briefwahlunterlagen bekamen – es scheint wohl hauptsächlich am individuellen Vorgehen der Kommunen gelegen zu haben:
“Schlechte Vorbereitung und Schneckenpost”.

§

Hupfkastl gehörte zu meinen Lieblinsspielen in der (eher späteren) Kindheit – auch wenn meine Spielkamerad*innen und ich nie rausfanden, worin das Spiel außer dem Hüpfen bestand und warum Ziffern auf den Feldern standen. Über Letzteres waren wir uns einig, in dieser Reihenfolge war ein Steinderl aufs Feld zu werfen, das beim Zurückhüpfen aufgehoben werden musste – aber uns fiel keine Regel ein, die das irgendwie in Punkte umsetzen würde (Kinderspiele bestanden bei uns vielen Kindern im Wohnblock meiner Erinnerung nach zu einem großen Teil im Aushandeln von Regeln). Egal, hier ein wundervolles Beispiel – ob das vor unserem Haus in der Innenstadt funktionieren würde?
(Zudem ein schönes Beispiel, wie unterschiedlich arabische Ziffern in westlichen Kulturen geschrieben werden.)

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 26. Februar 2025 – Zsuzsa Bánk, Der Schwimmer

Donnerstag, 27. Februar 2025 um 6:25

Zsuzsa Bánk, Der Schwimmer ist ein seltsames Buch (ich konnte mich nicht mehr erinnern, wie ich draufgekommen war). Eine Mutter geht weg von ihre Familie mit zwei Kindern auf dem Dorf, beide noch recht klein. Die Geschichte wird aus der Perspektive des älteren Kinds erzählt, fast ohne Filter der späteren Erwachsenenperspektive, lediglich mit erwachsener Sprache. Sie hat einen kleinen Bruder, Isti. Schnell ist klar, dass wir uns in Ungarn befinden, doch ich brauchte eine ganze Weile, bis ich die Geschichte zeitlich einordnen konnte (mag an meinem mangelnden Wissen über Ungarn und seine Nachkriegsgeschichte liegen – oder daran, dass ich keine Klappentexte von Büchern lese). Die Mutter ist wohl nach der Niederschlagung des ungarischen Volksaufstands 1956 in den Westen geflohen, mit nichts als was sie am Leib trug.

Die Erzählstimme bleibt ganz nah an der Erzählgegenwart, in der der Vater der beiden mit seinen Kindern das Dorf verlässt, erst zu Verwandten nach Budapest geht, dann zur Großmutter der Kinder in einem anderen Dorf, dann wieder zu entfernteren Verwandten an einem sehr großen unbenannten See. Er kümmert sich kaum um die beiden. Der kleine Isti lernt im See schwimmen, ist begeistert davon, wird zum Schwimmer des Romantitels. Einmal kommt die Großmutter zu Besuch, sie erzählt anhand von Briefen der Mutter aus dem Westen, wie sie mit einer Freundin fortgegangen ist, was sie erlebt hat, wo sie arbeitet.

Die Perspektive des Kindes bedeutet auch, dass nichts erklärt wird, keine Zusammenhänge, ob historisch, technisch, geografisch oder gesellschaftlich – außer eine der Figuren sagt sie explizit, doch diesen Kindern wird fast nie etwas erklärt. Das ist erzähltechnisch konsequent, macht die Atmosphäre fast märchenhaft, löste aber bei mir den Wunsch nach einem Begleitheft mit weiterführenden Informationen aus – und sei es über den Weinanbau am Balaton. Es gibt keinen Spannungsbogen, nur eine Aneinanderreihung von Erlebnissen, aus denen das Leben der Erzählerin besteht; die Kapitel sind mit Namen der Personen überschrieben, die darin im Mittelpunkt stehen. Wir erfahren viel darüber, wie der kleine Isti all das verarbeitet, aber kaum etwas über die Gefühle seiner großen Schwester Kata. Von Schulbesuchen ist nie die Rede. Der Roman hinterlässt mich recht ratlos.

Kleine orthografische Eigentümlichkeit: Es wird immer kk statt ck geschrieben.

§

Eigentlich eine gute Nacht, doch nach dem Klogang um fünf schlief ich nicht mehr ein, obwohl noch sehr müde.

Beim Marsch in die Arbeit unter gemischtem Himmel merkte ich erst an der zweiten Ampel, dass es recht frisch geworden war und setze mein Stirnband auf.

Am Schreibtisch erstmal Dinge weggeschafft, dann gab es eine interne Info-Veranstaltung aushäusig im Backstage, zu der ich marschieren konnte, hin und zurück in kühler, aber angenehmer Luft.

Mittags zurück im Büro schaufelte ich das zwischenzeitlich Reingekommene weg, mehrsprachig (in meiner Arbeitswelt die große Ausnahme).

Als Mittagessen gab es selbstgebackenes Brot und die vorerst letzte Orange – die sauerste der gesamten süßen Lieferung.

Emsiger Nachmittag. Einmal hörte ich
*popp* *popp-popp* *popp* *popp* *popp* *popp-popp*
Ich schaue aus dem Fenster und sah einen jugendlichen Burschen vorbeigehen: Selbstverständlich kann man einen Basketball nicht anders transportieren, weiß ich doch.

Heimweg nach Feierabend ohne Umwege. Nach meiner Yoga-Gymnastik servierte Herr Kaltmamsell Sauerkraut und Kartoffeln aus Ernteanteil so:

Gedeckter Tisch  mit grünen Sets, darauf Glasteller mit Bratwurst, Kartoffelpü und Sauerkraut, dazwischen zwei Gläser Senf

Gut! Nachtisch Schokolade.

Wieder war ein bestelltes Buch genau zum richtigen Zeitpunkt in der Münchner Stadtbibliothek verfügbar: Im Bett begann ich die Lektüre von Rebecca F. Kuang, Yellowface, gleichmal sehr süffig.

§

Diesmal ist es nicht Trump in den fernen USA, sondern die eben am meisten gewählte Partei in meiner Bundesrepublik Deutschland. Und ich überlegte durchaus erstmal, ob der Protest dagegen eine Überreaktion ist (ich bin des Protestreflexes so müde!). Ergebnis: Nein, ist es nicht. In meinem Sichtfeld war es der damalige CSU-Generalsekretär und heutige Bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Markus Blume, der 2018 erstmals das Trump-Playbook in Reinform nachspielte, nämlich einfach das Gegenteil der Tatsachen als Realität zu behaupten: Als er die Demo gegen Hass und Hetze kurzerhand zu einer Hass-Aktion umdefinierte (entsprechende Plakate auf Kleinlastern entlang der Demo-Strecke, mir blieb kurzzeitig die Luft weg).

Davon haben seine Partei-Kollegen gelernt, das zeigten die Wahlkampf-Behauptungen von Friedrich Merz. Und so stellt die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag eine Kleine Anfrage “Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen”. Der deutsche Journalistenverband nennt sie “551 Messerstiche ins Herz der Demokratie”. Nicht nur dieses seriöse Medium beleuchtete die Tatsachen zu Förderprogramme und Gemeinnützigkeit, hier die Erklärungen auf tagesschau.de (“Müssen NGOs politisch neutral sein?”) und beim Bayerischen Rundfunk (“‘Retourkutsche’ nach Demos? CDU/CSU und die NGO-Finanzfrage”).

Nachtrag: Es gibt eine offizielle Bundestags-Petition “Sicherstellung einer langfristigen ausreichenden Finanzierung für zivilgesellschaftliche Initiativen”. Sie wurde bereits am 19. Januar 2025 gestartet, wohl aus tiefer Kenntnis der Lage. Die Mitzeichnungsfrist läuft noch bis zum 1. April, ich habe gleich mal mitgezeichnet.

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 25. Februar 2025 – Ein Feuerwerk der Belanglosigkeiten

Mittwoch, 26. Februar 2025 um 6:14

Leicht unruhige Nacht.

Marsch in die Arbeit wieder in milder Luft, diesmal aber unter bedecktem Himmel.

Emsiges Abarbeiten von Dingen, bevor mich Besprechungen belegten (darunter eine, in der aus Gründen das Ergebnis der Bundestagswahl aus einer bestimmten Fachsicht eingeordnet wurde – das tat in seiner geballten Sachlichkeit ohne Prognosen, Bewertung oder Spekulation ungeheuer gut).

Spät schoss ich auf einen Mittagscappuccino ins Westend, jetzt zeigte sich sogar die Sonne. Wegen Arbeitsdrucks schoss ich auch zurück. Verspätetes Mittagessen: Sellerielinsen vom Vorabend, Orangen.

Auf Mastodon heiterer Austausch unter Wahlhelfenden zu Wahlabläufen in Berlin, Hamburg, Erlangen, München. Interessant natürlich die Unterschiede, so werden in Hamburg und Erlangen die Wahlbenachrichtigungen einbehalten und zum Gegenrechnen gezählt (in München geben wir die den Leuten wieder mit: Sie sind im Wählerverzeichnis abgehakt, wer abgehakt ist, darf nicht mehr wählen). Unterschiede natürlich nur in der Organisation des Ablaufs, Gesetzesbasis ist ja überall gleich.

Als ich nach Feierabend das Bürohaus verließ, sah ich nassen Boden – den Regen hatte ich nicht mitbekommen. Diesmal ein größerer Einkaufsumweg: Ich nahm eine U-Bahn zum Ostbahnhof, um bei Mittemeer Spanisches zu besorgen.

Fotoautomat vor rot gefliester Wand

Im Ostbahnhof-Durchgang unter den Gleisen Stopp mit quietschenden Sohlen: Ein Fotoautomat! Endlich hatte ich die Gelegenheit, mein Fotoprojekt weiterzuführen (seit fast 20 Jahren Fotoautomataufnahmen – geplant monatlich, tatsächlich alle paar Monate, Ziel ist Alterungsdokumentation mit festen Parametern). Das hier war eine neue Technik-Generation mit Bezahlmöglichkeit ohne Bargeld (der Kampf mit dem Einlesen meiner Mastercard setzte die Tradition der Probleme mit Münzen fort, ich schaffte es letztendlich mit Handybezahlung), vier verschiedenen Aufnahmen (die alten Automaten hatten zwar vier Aufnahmen erstellt, doch ich musste mich für eine davon entscheiden, die viermal gedruckt wurde) und für 5 Euro statt vorher 3,50 Euro – was ich als erste Preiserhöhung in 20 Jahren wirklich in Ordnung finde.

Vier verschiedene Automatenfotos einer Frau mit kurzen weißen Haaren und Brille

Hurra!

Bei Mittemeer bekam ich nicht nur die geplanten Lebensmittel, sondern auch das Peperoncino-Öl, das ich in den vergangenen Wochen vergeblich gesucht hatte.

Daheim nahm ich mir noch die Zeit für Häuslichkeiten und Yoga-Gymnastik, dann servierte Herr Kaltmamsell Kartoffeln und Petersilienwurzeln aus Ernteanteil mit Schälerbsen und Räuchertofu (Alnatura-Eigenmarke – nicht gut, weil muffig) als Eintopf – gutes Abendessen! Nachtisch Schokoladen-haltige Süßigkeiten.

Nicht nur nachts müffle ich, derzeit habe ich wieder eine (wahrscheinlich hormonell bedingte) Stinkphase: Selbst mit allerstärkstem Deo und in allerfrischestem Oberteil bemerke ich innerhalb von Minuten stechenden Schweißgeruch. Wenn Sie als unangenehm empfinden, mit einer anderen schweißelnden Person die Atemluft zu teilen (tue ich zum Beispiel) – dann stellen Sie sich mal vor, wie es ist, selbst die Quelle zu sein. Nicht schön. Ich werde ganze Stapel Oberteile 24 Stunden in Wäschedesinfektion einweichen müssen.

die Kaltmamsell

Journal Montag, 24. Februar 2025 – Milde Luft und Wahlfolgen

Dienstag, 25. Februar 2025 um 6:17

Unruhige Nacht: War zu erwarten nach der Aufregung am Vorabend, zusätzlich hatte eine Männergruppe große Gaudi um die Parkbank, die meinem Schlafzimmerfenster am nächsten liegt – ich musste das Fenster schließen.

Blick über eine große freie Fläcge auf ein historisches Säulengebäude in Morgensonne, im Vordergrund ein Straßenschild "Bavariaring"

Marsch in die Arbeit durch angenehme milde Luft.

Im Büro ergoss sich gleich mal ein Schwall Aufwändiges aus meinem elektronischen Postfach, jemand hatte das Wochenende durchgearbeitet. Außerdem bin ich die kommenden beiden Wochen wieder dran mit einem wechselnden Jour-Dienst, vor dem ich mich besonders fürchte. Die ersten Stunden am Schreibtisch war ich also in Panik-Modus, unangenehm. Neben dem Panik-Modus Müdigkeit und Kreuzweh, keine gute Kombination; ich nahm jede Gelegenheit wahr aufzustehen, rumzulaufen, irgendwas körperlich zu tun.

Die meiste Zeit hatte ich mein Bürofenster gekippt, um mir Frühlingsluft einbilden zu können (ist definitiv noch nicht so weit). Und meinen Mittagscappuccino holte ich mir zwar nur in der Nachbarcafeteria, marschierte anschließend aber noch eine Runde um den Block mit offenem Ledermantel.

Als Mittagessen gab’s später einen Kanten Brot und zwei Orangen. Der Arbeitsnachmittag verlief geordneter.

Heimweg über ein paar Edeka-Einkäufe, es war noch milder geworden.

Zu Hause Wäschewaschen, Yoga-Gymnastik, Brotzeitvorbereitung. Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell den restlichen Ernteanteil-Sellerie mit Linsen und Tomaten zu einem Auflauf verarbeitet, durchaus schmackhaft. Ich reichte dazu eine Schüssel Endiviensalat mit Himbeeressig-Dressing. Nachtisch Schokolade.

Endlich die Anfrage für meine diesjährige Oktoberfestflucht abgeschickt, ich möchte in den englischen South Downs wandern und anschließend eine Woche in Brighton verbringen. Laut meinen Recherchen sollten diesmal An- und Abreise per Zug supereinfach sein, doch noch war ich auf keiner tatsächlichen Buchungs-Webpage.

Früh ins Bett zum Lesen.

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Wahlergebnis München (ich näherte mich vormittags dem Schlimmen von der Seite des wahrscheinlich weniger Schlimmen):
– Bei der Erststimme haben die Grünen sogar ein Plus, aber Zweitstimmenzuwachs für AfD sogar hier bei 4,8 Prozentpunkten (ebenso wie bei der Linken).
– FDP minus 5,5 Prozentpunkte bei Erststimme, minus 7,6 bei Zweitstimme (praktisch nachträglich aus dem Bundestag gekickt)

Jetzt traute ich mich, auf die bundesweiten Ergebnisse zu schielen: Die befürchtete Verdoppelung der destruktiven Anwesenheit von Rechtsextremisten im Bundestag war eingetreten, doch die Mehrheitsverhältnisse sahen zu meiner Erleichterung nach einer baldigen Regierungsfähigkeit aus, noch ein Glück (und wir wissen, was die Tante Jolesch über noch ein Glück gesagt hat). Inniger Wunsch, dass die Medien für welche Regierungskoalition auch immer sich jetzt ergibt nicht wieder bescheuerte Bilder wie “Ampel” verwenden.

Und so fühlte ich mich gut über den Wahlausgang informiert, vermisste keines der Informationsangebote ab erster Hochrechnung (Interviews/Talkrunden mit Politiker*innen sind ja eher Emotionsangebote, wenn ich die Reaktionen in meinem Internet so ansehe).

§

Auch eine Wahlhilfe-Erfahrung:

Was mir klar wurde: sobald diese Leute an der Macht sein werden, machen sie Ernst. Und sie gingen davon aus, dass wir so handeln wie sie handeln würden. Dass wir die Wahl manipulieren. Dass wir Stimmen nach dem Zählen austauschen, so wie sie es machen würden – denn sonst würden sie ja nicht annehmen, dass wir es täten.

Der ganze Text:
“Von sich auf andere”.

Deshalb ist es wichtig, noch so absurde Unterstellungen von Rechtsextremen ernst zu nehmen: Das sind in Wirklichkeit ihre eigenen Pläne.

Auch das Briefwahlauszählen war natürlich öffentlich, wir wurden in der Schulung auf Wahlbeobachter vorbereitet – zumindest an meinen Tisch/Raum kam niemand.

die Kaltmamsell